Behandelter Abschnitt 5. Mose 17,8-13
Prozess und Urteil
„Wenn dir eine Sache zwischen Blut und Blut, zwischen Rechtssache und Rechtssache und zwischen Verletzung und Verletzung zu schwierig ist zum Urteil, irgendwelche Streitsachen in deinen Toren, so sollst du dich aufmachen und an den Ort hinaufziehen, den der Herr, dein Gott, erwählen wird. Und du sollst zu den Priestern, den Leviten, kommen und zu dem Richter, der in jenen Tagen da sein wird, und dich erkundigen; und sie werden dir den Rechtsspruch verkünden. Und du sollst entsprechend dem Spruch tun, den sie dir verkünden werden von jenem Ort aus, den der Herr erwählen wird, und sollst darauf achten, nach allem zu tun, was sie dich lehren werden. Entsprechend dem Gesetz, das sie dich lehren, und nach dem Recht, das sie dir sagen werden, sollst du tun; von dem Spruch, den sie dir verkünden werden, sollst du weder zur Rechten noch zur Linken abweichen. Der Mann aber, der mit Vermessenheit handelt, dass er auf den Priester, der dasteht, um den Dienst des Herrn, deines Gottes, dort zu verrichten, oder auf den Richter nicht hört: Dieser Mann soll sterben. Und du sollst das Böse aus Israel wegschaffen. Und das ganze Volk soll es hören und sich fürchten und nicht mehr vermessen sein“ (V. 8–13).
Das ist die göttliche Richtschnur zur Regelung aller Schwierigkeiten, die in der Gemeinde Israel auftreten konnten. Sie sollten geregelt werden in der göttlichen Gegenwart, an dem göttlichen Mittelpunkt und durch göttliche Autorität, so dass auf diese Weise dem Eigenwillen und jeder Vermessenheit wirksam vorgebeugt wurde.
Alle Streitsachen sollten endgültig geschlichtet werden nach dem Urteil Gottes, das ausgesprochen wurde von dem von Gott verordneten Priester oder Richter. Es war also ganz und gar eine Sache der Autorität Gottes. Eine eigenwillige, vermessene Auflehnung des einen gegen den anderen durfte in der Versammlung Gottes nicht stattfinden. Jeder musste seine Sache einem göttlichen Gerichtshof unterbreiten und sich dessen Entscheidung unbedingt fügen. Eine Berufung an eine höhere Instanz gab es nicht, da kein höherer Gerichtshof vorhanden war. Der Priester oder Richter gab den Ausspruch Gottes. Es leuchtet ein, dass kein Israelit je daran gedacht haben wird, seine Sache vor ein heidnisches Gericht zu bringen. Das wäre eine direkte Beleidigung des Herrn gewesen, der in ihrer Mitte wohnte, um jede auftretende Schwierigkeit zu regeln. Er kannte genau die Entstehung und die Motive, den Anfang und das Ende jeder Streitsache, so verwickelt und schwierig sie auch sein mochte. Alle mussten auf ihn sehen und ihre Angelegenheiten an den Ort bringen, den Er erwählt hatte, und nirgendwo anders hin. Der Gedanke, dass zwei Glieder der Gemeinde Israels, die uneins geworden waren, vor ein heidnisches Gericht gehen könnten, war jedem treuen Israeliten fremd, denn damit wären die göttlichen Anordnungen für die Gemeinde als unzureichend bezeichnet worden.
Hierin liegt auch für uns Christen eine Belehrung. Wie sollten wir unsere Rechtssachen ordnen? Sollten wir uns an ein weltliches Gericht wenden? Ist in der Versammlung Gottes keine Vorkehrung getroffen worden, um solche Angelegenheiten zu ordnen? Lesen wir doch, was der Apostel in dieser Beziehung an die Korinther schreibt! (1Kor 6,1-9). Das ist die göttliche Belehrung für die Versammlung Gottes zu allen Zeiten, denn wir dürfen nie aus dem Auge verlieren, dass die Bibel das Buch für jeden Zeitabschnitt in der Geschichte der Versammlung während ihres irdischen Daseins ist. Nie können die in 1. Korinther 6 ausgesprochenen Grundsätze aufhören, bindend für die Versammlung Gottes zu sein. Nie kann das, was im ersten Jahrhundert falsch war, im zwanzigsten gut und richtig sein. Wohl mag es heute schwierig sein, nach diesen Grundsätzen zu handeln. Trotzdem dürfen wir sie nie aufgeben oder einen niedrigeren Maßstab als den anlegen, den das Wort Gottes uns gibt. Es ist heute noch ebenso falsch wie in den Tagen des Apostels, wenn Bruder mit Bruder vor den Ungläubigen rechtet. Zwar ist die sichtbare Einheit der Versammlung wie auch viele ihrer Gaben verschwunden, und sie ist von ihrem normalen Zustand abgewichen, aber die Grundsätze des Wortes Gottes können so wenig ihre Kraft verlieren, wie das Blut Christi seinen Wert oder das Priestertum Christi seine Wirksamkeit verlieren kann.
Außerdem sollten wir uns erinnern, dass trotz aller unserer Schwachheit, aller unserer Mängel und unserer Fehler alle Schätze der Weisheit, Gnade, Macht und geistlichen Gaben für die Versammlung in Christus, ihrem Haupt, vorhanden und stets bereit sind für alle, die sie im Glauben zu benutzen verstehen. Wir sind in unserem anbetungswürdigen Haupt nicht verkürzt und brauchen deshalb nicht zu warten, dass der Leib zu seinem normalen Zustand auf der Erde zurückgeführt werde. Vielmehr ist es unser Vorrecht und unsere Pflicht, die wirkliche Stellung des Leibes zu erkennen und keine andere einzunehmen. Die Folge davon ist eine wunderbare Veränderung in unserem ganzen Zustand, in unseren Anschauungen und Gedanken über uns selbst und unsere Umgebung.
Alles scheint verändert zu sein, und wir sehen alles in einem neuen Licht. Die Bibel erscheint uns wie ein neues Buch, und gewisse Teile, die wir seit Jahren ohne Interesse oder Nutzen gelesen haben, gewinnen einen göttlichen Glanz und erfüllen uns mit Erstaunen, Liebe und Anbetung. Wir sind der finsteren Atmosphäre, die die ganze bekennende Christenheit einhüllt, entronnen und können Umschau halten und alle Dinge klar im himmlischen Licht der Schrift sehen. Es kommt uns tatsächlich so vor, als sei eine neue Bekehrung mit uns vorgegangen. Die Schrift ist uns viel verständlicher, da wir jetzt den göttlichen Schlüssel dazu gefunden haben. Wir sehen, dass Christus der Mittelpunkt und das Ziel aller Gedanken, Vorsätze und Ratschlüsse Gottes ist, und befinden uns daher in dem wunderbaren Bereich der Gnade und Herrlichkeit, die der Heilige Geist in dem kostbaren Wort Gottes vor uns entfaltet.
Möchten wir durch das Wirken des Heiligen Geistes zum vollen Verständnis all dieser Dinge kommen! Möchten wir die Schriften eingehend erforschen und uns rückhaltlos ihrer Belehrung und Autorität unterwerfen! Möchten wir nicht mit Fleisch und Blut zurate gehen, sondern uns kindlich auf den Herrn werfen und suchen, an geistlichem Verständnis und praktischer Übereinstimmung mit den Gedanken Christi zuzunehmen!