Behandelter Abschnitt 5. Mose 11,10-15
Regen des Himmels über Kanaan
In den Versen 10–12 beschreibt Mose dem Volk das verheißene Land. Groß ist der Unterschied zwischen Ägypten und Kanaan. Dort gab es keinen Regen vom Himmel. Alles musste durch menschliche Anstrengungen erzeugt werden. Nicht so im Land des Herrn. Dort hätte der Fuß des Menschen nichts ausrichten können, und es war auch nicht nötig; denn dort kam der segensreiche Regen des Himmels auf das Land. Der Herr Selbst wachte über das Land und tränkte es mit dem Früh- und Spätregen. Während das Land Ägypten auf seine eigenen Hilfsquellen angewiesen war, war das Land Kanaan ganz und gar abhängig von Gott, von dem, was vom Himmel herabkam.
Die Sprache Ägyptens lautete: „Mein Strom ist mein“, die Hoffnung Kanaans war „der Strom Gottes“. Wir finden in Psalm 65,10-14 eine schöne Darstellung der Verhältnisse im Land des Herrn, wie sie der Glaube sah. Gott tränkt die Furchen der Erde und ebnet ihre Schollen. Er lässt sich herab, gleichsam das Werk eines Landmannes für sein Volk zu tun! Es ist seine Freude, über die Hügel und Täler seines geliebten Volkes seine Sonnenstrahlen und erfrischenden Regenschauer auszugießen. Und es dient zum Preis seines Namens, wenn der Weinstock, der Feigen- und Olivenbaum blühen, die Täler mit wogenden Getreidefeldern und die üppigen Weiden mit grasenden Herden bedeckt sind.
So hätte es immer sein sollen und sein können, wenn Israel nur im Gehorsam gegen das heilige Gesetz Gottes gelebt hätte (V. 13–15). Es war Israels hohes und heiliges Vorrecht, den Herrn zu lieben und ihm zu dienen, und es war des Herrn Vorrecht, Israel zu segnen und zu beglücken.
Glückseligkeit und Fruchtbarkeit sollten die sicheren Folgen des Gehorsams sein. Das Volk und sein Land waren ganz von Gott abhängig. Ihre Versorgung geschah allein vom Himmel aus. So lange sie daher in willigem Gehorsam lebten, gab der Himmel seinen Tau, der Regen befeuchtete ihre Felder und Weinberge, und die Erde war voll Fruchtbarkeit und Segen.
Wenn Israel jedoch den Herrn vergessen und seine kostbaren Gebote verlassen würde, so würde der Himmel zu Erz und die Erde zu Eisen werden. Dürre, Unfruchtbarkeit, Hungersnot und Elend waren die Folge des Ungehorsams. Wie hätte es anders sein können? „Wenn ihr willig seid und hört, so sollt ihr das Gute des Landes essen. Wenn ihr euch aber weigert und widerspenstig seid, so sollt ihr vom Schwert verzehrt werden. Denn der Mund des Herrn hat geredet“ (Jes 1,19.20).
Hierin liegt eine tiefe praktische Belehrung für die Versammlung Gottes. Obwohl wir nicht unter dem Gesetz stehen, sind wir doch zum Gehorsam berufen, und wenn wir durch Gnade in einem bereitwilligen Gehorsam leben, werden wir geistlich gesegnet werden. Unsere Seelen werden erfrischt und gestärkt werden, und wir werden die Frucht der Gerechtigkeit hervorbringen, die durch Jesus Christus ist zur Herrlichkeit und zum Preis Gottes.
Frucht bringen
Es ist interessant und nützlich, diesen wichtigen Punkt mit Johannes 15,1-10 zu vergleichen. Dieser Abschnitt ist für jedes aufrichtige Kind Gottes sehr wichtig. Christus nimmt hier als der wahre Weinstock die Stelle Israels ein, das für den Herrn die ausgeartete Pflanze eines fremden Weinstocks geworden war. Der Schauplatz dieses Gleichnisses ist die Erde, denn man kann sich weder einen Weinstock noch einen Weingärtner im Himmel denken. Zudem sagt der Herr: „Ich bin der wahre Weinstock“. Das Bild ist sehr deutlich. Es ist nicht die Rede von einem Haupt und seinen Gliedern, sondern von einem Weinstock und seinen Reben. Auch geht es hier nicht um das ewige Leben, sondern um das Fruchtbringen. Würde das mehr beachtet, so würde diese so oft falsch ausgelegte Stelle bedeutend besser verstanden. Das Gleichnis vom Weinstock und seinen Reben zeigt uns, dass das Geheimnis des Fruchtbringens darin besteht, in Christus zu bleiben, d. h. in ständiger Abhängigkeit von ihm und in ununterbrochener Gemeinschaft mit ihm zu leben.
Das Geheimnis, in Christus zu bleiben, besteht darin, dass man seine Gebote hält. „Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe“. Das macht alles so einfach. Um zur rechten Zeit Frucht zu bringen, ist es nötig, in Christus und in seiner Liebe zu bleiben. Das geht nur, wenn wir seine Gebote lieben, in unseren Herzen bewahren und sie in willigem Gehorsam ausführen.
Es herrscht viel Missverständnis über diesen Punkt, und sicher wird vieles für Frucht gehalten, was in der Gegenwart Gottes nicht als solche anerkannt wird. Denn Gott kann nichts als Frucht anerkennen, was nicht aus der Gemeinschaft mit Christus hervorkommt. Wir mögen uns einen großen Namen unter den Menschen machen und für entschiedene und fromme Christen gelten. Wir mögen großen Fleiß im Werk des Herrn an den Tag legen und beredte Prediger sein, mögen einen Ruf als Wohltäter und Förderer christlicher und menschenfreundlicher Bestrebungen haben, ja, erhebliche Summen dafür opfern und dennoch keine Frucht hervorbringen, die für das Herz des Vaters annehmbar wäre.
Andererseits mag es unser Los sein, die Zeit unserer Wanderschaft auf der Erde in stiller Verborgenheit verbringen zu müssen, unbemerkt und unbeachtet von der Welt. Aber wenn wir in Christus und in seiner Liebe bleiben, wenn wir sein Wort in heiligem und bereitwilligem Gehorsam bewahren, werden wir zur rechten Zeit unsere Frucht bringen. Unser Vater wird verherrlicht werden, und wir werden wachsen in der Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes.