Behandelter Abschnitt 5. Mose 10,6-9
Der Tod Aarons und das Teil Levis
Die Verse 6–9 unseres Kapitels bilden eine Einschaltung, in der der Gesetzgeber einige Umstände zusammenstellt, die er aus der Geschichte des Volkes herausgreift und die zugleich die Regierung und die Gnade Gottes beleuchten. Die Erstere tritt in dem Tod Aarons hervor, die Letztere in der Auswahl und Erhebung Levis. Beide Ereignisse gehören der Zeit nach nicht zusammen und sind nur im Blick auf das große Ziel zusammengestellt, das der Gesetzgeber immer vor Augen hatte. Es ist sicher wertvoll, sich hiermit eingehend zu beschäftigen.
Warum greift Mose in diesem Zusammenhang auf die beiden Ereignisse aus der Geschichte Israels und scheinbar so unvermittelt und in Form einer Einschaltung zurück? Um die Herzen des Volkes auf den einen großen Gegenstand des Gehorsams hinzulenken. Deshalb greift er verschiedene Ereignisse heraus und stellt sie nach der ihm gegebenen Weisheit nebeneinander. Ihrer inneren Bedeutung nach sucht er sie auf Herz und Gewissen anzuwenden.
Wir begnügen uns hier mit diesem Hinweis, da wir uns anderswo schon damit beschäftigt haben, unterstreichen aber abschließend die Tragweite und Bedeutung, die das fünfte Buch Mose den Tatsachen gibt. Der betagte Gesetzgeber führt sie an, um seinem letzten Appell an das Herz und Gewissen des Volkes mehr Nachdruck zu verleihen und seinen Ermahnungen zu einem unbedingten Gehorsam gegenüber den Satzungen und Rechten ihres Bundesgottes mehr Kraft zu geben. Israel sollte sich daran erinnern, dass Aaron trotz seiner hohen Stellung als Hoherpriester Israels wegen seines Ungehorsams gegen das Wort des Herrn sterben musste. Wie wichtig war es deshalb für sie, auf sich selbst Acht zu haben! Mit der Regierung Gottes kann man nicht spielen, und die hohe Stellung Aarons machte es umso notwendiger, seine Sünde zu bestrafen, damit andere sich fürchteten.
Ferner sollte sich das Volk an das Handeln Gottes mit Levi erinnern, aus dem die Gnade so wunderbar hervorstrahlt. Der grausame und eigenwillige Levi wurde aus seinem sittlichen Tiefstand in die Nähe Gottes gebracht, um die Lade des Bundes des Herrn zu tragen, vor dem Herrn zu stehen, um ihm zu dienen und in seinem Namen zu segnen.
Aber warum verbindet Mose die Geschichte mit dem Tod Aarons? Einfach deshalb, um die gesegneten Folgen des Gehorsams zu zeigen. Wie der Tod Aarons das Ergebnis des Ungehorsams war, so war die Erhebung Levis die Frucht des Gehorsams. Hören wir, was der Prophet Maleachi über ihn sagt: „Und ihr werdet wissen, dass ich dieses Gebot an euch gesandt habe, damit mein Bund mit Levi sei, spricht der Herr der Heerscharen. Mein Bund mit ihm war das Leben und der Friede, und ich gab sie ihm zur Furcht, und er fürchtete mich, und er zitterte vor meinem Namen. Das Gesetz der Wahrheit war in seinem Mund, und Unrecht fand sich nicht auf seinen Lippen; er wandelte mit mir in Frieden und Geradheit, und viele brachte er von ihrer Ungerechtigkeit zurück“ (Mal 2,4-6).
Diese bemerkenswerte Stelle wirft ein helles Licht auf die Zusammenhänge. Der Herr gab Levi seinen Bund des Lebens und des Friedens, weil dieser ihn fürchtete bei der Aufrichtung des goldenen Kalbes durch Aaron, der selbst ein Levit von höchstem Rang war. Warum wurde Aaron bestraft? Wegen seiner Widerspenstigkeit an den Wassern von Meriba (4Mo 20,24). Warum wurde Levi gesegnet? Wegen seines Gehorsams am Fuß des Horeb (2Mo 32). Der Grund, weshalb wir diese beiden Begebenheiten in unserem Kapitel nebeneinander gestellt finden, liegt also in dem Wunsch Moses, der Gemeinde die Notwendigkeit eines unbedingten Gehorsams gegen die Gebote ihres Gottes einzuschärfen. Wie vollkommen ist die Schrift! Wie treffend sind die Zusammenhänge! Wie füllt auch das fünfte Buch Mose seinen Platz aus! Es steht weder im Widerspruch mit den vorhergehenden inspirierten Büchern noch ist es eine bloße Wiederholung, sondern vielmehr deren göttliche Anwendung. Wie augenscheinlich ist es, dass Ungläubige nicht verstehen, was sie sagen oder fest behaupten, wenn sie sich erdreisten, die Aussprüche Gottes anzugreifen! Ja, sie irren sehr, weil sie weder die Schriften noch die Kraft Gottes kennen.17
17 In menschlichen Schriften finden sich unzählige Beispiele, in denen als Beweis oder zur Erläuterung einer Behauptung Tatsachen – nach derselben Art wie in 5. Mose 10,8-9 – ungeachtet der Zeitfolge, nur nach sachlichen Gesichtspunkten zusammengestellt werden. Haben die Ungläubigen etwas dagegen einzuwenden? Ganz und gar nicht. Nur wenn so etwas in der Heiligen Schrift vorkommt, machen sie Einwände, weil sie das Wort Gottes hassen und den Gedanken nicht ertragen können, dass Gott seinen Geschöpfen eine schriftliche Offenbarung seiner Gedanken gegeben hat.↩︎