Gott nicht versuchen
Die Ermahnung im sechzehnten Vers unseres Kapitels: „Ihr sollt den Herrn, euren Gott, nicht versuchen, wie ihr ihn bei Massa versucht habt“, fordert unsere besondere Aufmerksamkeit, denn der Herr Jesus berief sich darauf, als Satan ihn verführen wollte, sich von der Zinne des Tempels herunterzustürzen. „Dann nimmt der Teufel ihn mit in die heilige Stadt und stellt ihn auf die Zinne des Tempels und spricht zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: ‚Er wird seinen Engeln deinetwegen befehlen, und sie werden dich auf Händen tragen, damit du nicht etwa deinen Fuß an einen Stein stößt‘ (Mt 4,5.6). Diese Stelle beweist, wie selbst Satan die Schrift anzuführen weiß, wenn es seinen Zwecken dient. Doch er lässt in seiner Anführung einen wichtigen Satz aus.
Der Vers lautet buchstäblich: „Er wird seinen Engeln über dir befehlen, dich zu bewahren auf allen deinen Wegen. Auf den Händen werden sie dich tragen . . . “ (Ps 91,11.12). Es gehörte aber nicht zu den Wegen Christi, sich von der Zinne des Tempels herunterzustürzen. Er hatte kein Gebot von Gott empfangen, so etwas zu tun, und deshalb weigerte Er sich, das zu tun. Er hatte nicht nötig, Gott auf die Probe zu stellen. Er hatte als Mensch vollkommenes Vertrauen auf Gott und war völlig überzeugt, dass er ihn bewahren würde.
Außerdem dachte Er nicht daran, den Weg des Gehorsams zu verlassen und dadurch Gottes Sorge für ihn zu erproben. Hierdurch gibt Er auch eine sehr bedeutsame Unterweisung. Wir können stets mit Gottes Schutz rechnen, wenn wir uns auf dem Weg des Gehorsams befinden. Gehen wir aber auf eigenen Wegen, die wir uns ausgedacht haben, und verfolgen unsere eigenen Interessen und Ziele, dann ist es geradezu vermessen, von Vertrauen auf Gott zu reden. Unser Gott ist zweifellos sehr gütig und gnädig, ja, seine Güte hört selbst dann noch nicht auf, wenn wir uns von dem Weg des Gehorsams abgewandt haben. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir nur mit dem Schutz Gottes rechnen können, wenn wir uns auf einem Weg des Gehorsams befinden. Ist solch ein Weg auch eng, rau und mühsam, so wird er doch überschattet von den Flügeln des Allmächtigen und von ihm erleuchtet.
Bevor wir dieses Thema verlassen, möchten wir noch darauf hinweisen, dass unser Herr in seiner Erwiderung auf die verstümmelte Anführung der oben erwähnten Stelle nicht eingeht. Statt Satan zu belehren: „Du hast einen sehr wichtigen Satz ausgelassen“, beruft Er sich für sein eigenes Verhalten einfach auf eine andere Schriftstelle. Auf diese Weise überwand Er den Versucher und gab uns damit ein wunderbares Beispiel. Er besiegte den großen Feind nicht durch seine göttliche Macht. Hätte Er das getan, so wäre es kein Beispiel für uns gewesen. Nein, Er gebrauchte als Mensch das Wort Gottes als seine einzige Waffe und errang damit einen herrlichen Sieg über Satan. Das ermuntert und tröstet unsere Herzen und belehrt uns zugleich, wie auch wir uns im Kampf verhalten sollen. Der Mensch Jesus Christus überwand den Versucher nur durch die Abhängigkeit von Gott und durch unbedingten Gehorsam gegenüber seinem Wort.
Satan konnte ihm nichts anhaben, da Er nur aufgrund der göttlichen Autorität und in der Kraft des Geistes handelte. Jesus tat nie seinen eigenen Willen, obgleich sein Wille vollkommen war. Er kam vom Himmel herab, wie Er uns in Johannes 6 selbst sagt, nicht um seinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der ihn gesandt hatte. Er war vom Anfang bis zum Ende der vollkommene Diener. Die Richtschnur für sein Verhalten war das Wort Gottes, seine Kraft der Heilige Geist, und der einzige Beweggrund für sein Handeln der Wille Gottes. Daher hatte der Fürst dieser Welt nichts in ihm. Satan konnte ihn trotz all seiner listigen Versuche nicht bewegen, auch nur für einen Augenblick den Weg des Gehorsams oder den Platz der Abhängigkeit zu verlassen.