Behandelter Abschnitt 5. Mose 2,4-24
Die Regierung Gottes über die Nationen der Erde
Unser Kapitel zeigt, wie der Herr in seiner Treue und Gerechtigkeit eingreift, um drei verschiedenen Völkern den Genuss ihrer nationalen Rechte zu sichern, und zwar gegen die Eingriffe seines eigenen auserwählten Volkes. Er sagte zu Mose: „Gebiete dem Volk und sprich: Ihr werdet nun durch das Gebiet eurer Brüder, der Kinder Esau, ziehen, die in Seir wohnen, und sie werden sich vor euch fürchten. Aber hütet euch sehr! Lasst euch nicht in Streit mit ihnen ein, denn ich werde euch von ihrem Land auch nicht den Tritt einer Fußsohle geben; denn das Gebirge Seir habe ich dem Esau als Besitztum gegeben. Speise sollt ihr für Geld von ihnen kaufen, dass ihr esst, und auch Wasser sollt ihr für Geld von ihnen kaufen, dass ihr trinkt“ (V. 4–6).
Israel hatte vielleicht geglaubt, das Land der Edomiter einfach in Besitz nehmen zu können, aber es musste lernen, dass der Höchste über die Nationen regiert (Dan 4,14), dass die ganze Erde ihm gehört und Er sie austeilt nach seinem Willen. Die meisten Menschen denken sehr wenig an diese Tatsache. Herrscher und Staatsmänner nehmen wenig Rücksicht darauf. Sie vergessen, dass sich Gott selbst um die Politik der Völker kümmert, dass Er Königreiche, Provinzen und Länder austeilt, wie Er es für gut befindet. Sie handeln oft, als wenn alles nur eine Frage militärischer Eroberungen wäre und Gott nichts mit den Grenzen und Gebieten der Völker zu tun hätte. Das ist ein großer Irrtum. Sie verstehen nicht die Bedeutung des Ausspruchs: „Das Gebirge Seir habe ich dem Esau als Besitztum gegeben.“ Gott wird auch in dieser Hinsicht seine Rechte nie aufgeben. Er erlaubte Israel nicht, von Esaus Eigentum das Geringste zu berühren. Sie mussten das, was sie benötigten, bezahlen und dann weiterziehen.
Der Grund dafür war: „Denn der Herr, dein Gott, hat dich gesegnet in allem Werk deiner Hand. Er kannte dein Wandern durch diese große Wüste: Diese vierzig Jahre ist der Herr, dein Gott, mit dir gewesen; es hat dir an nichts gefehlt“ (V. 7). Da konnte Israel Esau und seinen Besitz wohl unberührt lassen; denn es selbst war bevorzugt durch die besondere Fürsorge des Herrn. Er kannte jeden Schritt ihres beschwerlichen Weges durch die Wüste und sorgte in seiner unendlichen Güte für alle ihre Bedürfnisse. Er war bereit, ihnen das Land Kanaan zu geben nach der Verheißung, die Er einst dem Abraham gegeben hatte. Doch derselbe Gott, der ihnen Kanaan geben wollte, hatte das Gebirge Seir dem Esau geschenkt.
Genau dasselbe sehen wir bei Moab und Ammon. „Und der Herr sprach zu mir: Befeinde Moab nicht und lass dich nicht in Streit mit ihnen ein, denn ich werde dir von seinem Land kein Besitztum geben; denn Ar habe ich den Kindern Lot als Besitztum gegeben.“ Und weiter: „Du wirst heute die Grenze von Moab, von Ar, überschreiten und wirst in die Nähe der Kinder Ammon kommen; du sollst sie nicht befeinden und dich nicht in Streit mit ihnen einlassen, denn ich werde dir vom Land der Kinder Ammon kein Besitztum geben; denn ich habe es den Kindern Lot als Besitztum gegeben“ (V. 9.18.19).
Die genannten Länder befanden sich früher in den Händen der Riesen. Da es aber die Absicht Gottes war, sie den Kindern Esau und Lot zu geben, so vernichtete Er jene Riesen; denn wer kann den göttlichen Ratschluss vereiteln? „Auch dieses wird für ein Land der Riesen gehalten; Riesen wohnten vorher darin . . . ein großes und zahlreiches und hochgewachsenes Volk, wie die Enakim; und der Herr vertilgte sie vor ihnen, und sie vertrieben sie und wohnten an ihrer statt; so wie er für die Kinder Esau getan hat, die in Seir wohnen, vor denen er die Horiter vertilgte; und sie vertrieben sie und wohnten an ihrer statt bis auf diesen Tag“ (V. 20–22).
Es wurde Israel also nicht erlaubt, die Besitzungen der Edomiter, Ammoniter und Moabiter anzugreifen. Aber schon im nächsten Vers erhält Israel in Bezug auf die Amoriter den Befehl: „Macht euch auf, brecht auf und zieht über den Bach Arnon. Siehe, ich habe Sihon, den König von Hesbon, den Amoriter, und sein Land in deine Hand gegeben; beginne, nimm in Besitz und bekriege ihn!“ (V. 24). Gott gab seinem Volk Anweisung. Israel brauchte nicht zu untersuchen, warum es Esaus und Lots Besitzungen unberührt lassen und diejenigen Sihons einnehmen sollte. Es hatte nur zu tun, was Gott ihm sagte. Gott ist unumschränkt in seinem Tun. Seine Augen überblicken alles.
Der Mensch mag denken, Gott habe die Erde vergessen; aber das ist nicht so. Er ist, wie der Apostel in seiner Unterredung mit den Athenern sagt, „der Herr des Himmels und der Erde“, und „er hat aus einem Blut jede Nation der Menschen gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und hat festgesetzte Zeiten und die Grenzen ihrer Wohnungen bestimmt.“ Und weiterhin: „Er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn aus den Toten auferweckt hat“ (Apg 17,24-31).
Das ist eine grundlegende Wahrheit. Gott ist der unumschränkte Gebieter der Welt. Er gibt über das, was Er tut, niemandem Rechenschaft. Er setzt den einen ab und erhöht den anderen. Königreiche, Throne, Herrschaften und Gewalten – alles steht in seiner Hand. Er ordnet die menschlichen Angelegenheiten nach seinem Willen. Und zugleich betrachtet Er die Menschen als verantwortlich für ihr Tun in den verschiedenen Stellungen, in die Er sie gesetzt hat. Ob König oder Untertan, ob Herrscher oder Beherrschter, alle werden Gott Rechenschaft geben müssen. Jeder Einzelne wird vor dem Richterstuhl Christi sein ganzes Leben von Anfang bis zu Ende wieder finden. Jede Handlung, jedes Wort, jeder geheime Gedanke wird da offenbar werden in unantastbarer Wahrheit. Niemand wird sich verbergen oder unter der Menge verlieren können. Das Wort Gottes sagt klar und deutlich, dass alle gerichtet werden, „ein jeder nach seinen Werken“.