Behandelter Abschnitt 4. Mose 15,3-16
Ein Gemälde des wiederhergestellten Israel
In dem vorliegenden Abschnitt wird uns ein schönes Bild gezeigt. Wir sehen Gelübde, freiwillige Opfer, Friedensopfer und den Wein des Reiches, und zwar alles das gegründet auf die unumschränkte Gnade, die uns im ersten Vers entgegenstrahlt. Es ist ein schönes Beispiel, ein herrliches Bild des zukünftigen Zustandes Israels. Es erinnert uns an die wunderbaren Gesichte am Ende des Buches Hesekiel. Der Unglaube, das Murren, die Empörung, alles ist vorbei und vergessen. Gott zieht sich gleichsam in seine ewigen Ratschlüsse zurück und schaut von dort aus auf die Zeit, da sein Volk ihm ein Opfer in Gerechtigkeit darbringen und seine Gelübde bezahlen wird und wo die Freuden des Reiches ihre Herzen für immer erfüllen werden (V. 3–13).
Sehr charakteristisch ist der Platz, der in diesem Kapitel dem „Fremden“ angewiesen wird. „Und wenn ein Fremder bei euch weilt, oder wer in eurer Mitte ist bei euren Geschlechtern, und er opfert dem Herrn ein Feueropfer lieblichen Geruchs, so soll er ebenso tun, wie ihr tut. Was die Versammlung betrifft, so soll einerlei Satzung für euch sein und für den Fremden, der bei euch weilt; eine ewige Satzung bei euren Geschlechtern: Wie ihr, so soll der Fremde sein vor dem Herrn. Einerlei Gesetz und einerlei Recht soll für euch sein und für den Fremden, der bei euch weilt“ (V. 14–16).
Welch ein Platz für den Fremden! Welch eine Lehre für Israel! Der Fremde wird mit Israel auf denselben Boden gestellt: „Wie ihr, so soll der Fremde sein“, und zwar „vor dem Herrn“. In 2. Mose 12,48 lesen wir: „Und wenn ein Fremder bei dir weilt und das Passah dem Herrn feiern will, so werde alles Männliche bei ihm beschnitten, und dann komme er herzu, es zu feiern.“ Aber in 4. Mose 14 wird die Beschneidung gar nicht erwähnt. Warum? Bedeutete das, dass sie jemals außer Acht gelassen werden konnte? Nein, aber dass sie hier nicht erwähnt wird, hat seine besondere Bedeutung.
Israel hatte alles verwirkt. Das aufrührerische Geschlecht sollte beiseitegesetzt und abgeschnitten werden; aber Gottes ewiger Ratschluss in Gnade muss bestehen bleiben, und alle seine Verheißungen müssen erfüllt werden. Ganz Israel wird errettet werden, es wird das Land besitzen, es wird reine Opfer darbringen, seine Gelübde erfüllen und die Freuden des Reiches genießen, und zwar auf dem Boden der unumschränkten Gnade. Und auf demselben Boden darf auch der „Fremde“ kommen: „Wie ihr, so soll der Fremde sein vor dem Herrn.“
Will der Israelit dem widersprechen? Dann muss er sich 4. Mose 13 und 14 ansehen. Und wenn er das, was darin enthalten ist, wirklich in sich aufgenommen hat, dann lese er aufmerksam Kapitel 15 und denke darüber nach. Er wird dann sicher den „Fremden“ nicht mehr zurückstoßen wollen, weil er bereit sein wird, zuzugeben, dass er selbst alles der Gnade verdankt und dass dieselbe Gnade, die ihn erreicht hat, auch den Fremden erreichen kann. Er wird sich freuen, dass er zusammen mit dem Fremden aus der Quelle des Heils trinken darf, die durch die unumschränkte Gnade des Gottes Jakobs aufgetan wurde.
Dieser Teil unseres Buches erinnert lebhaft an die tiefgehenden Ausführungen in Römer 9 bis 11 über die Wege Gottes, wie Er sie fügt, besonders an den Teil am Ende von Römer 11. „Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar. Denn wie ihr [die Fremden] einst Gott nicht geglaubt habt, jetzt aber unter die Begnadigung gekommen seid durch deren Unglauben, so haben auch jetzt diese an eure Begnadigung nicht geglaubt, damit auch sie unter die Begnadigung kommen [d. h. dass sie wie die Fremden auf den Boden der Gnade gestellt werden]. Denn Gott hat alle zusammen in den Unglauben eingeschlossen, um alle zu begnadigen [Juden und Heiden, Israel und den Fremden]“ (Röm 11,29-32).