Behandelter Abschnitt 4. Mose 6,13-21
Das Ende der nasiräischen Absonderung
Der Abschnitt schließt mit dem „Gesetz des Nasirs“ (V. 13–21). Dieses Gesetz lenkt unseren Blick vorwärts auf etwas Zukünftiges, auf die Zeit, wo das ganze Ergebnis des Werkes Christi ans Licht treten wird und Er am Ende seiner nasiräischen Absonderung als der Messias Israels wahre Freude an seinem geliebten Volk und an dieser Erde haben wird. Dann wird für den Nasir die Zeit gekommen sein, Wein zu trinken. Von alledem hielt er sich getrennt, um das große Werk zu vollbringen, das nach allen seinen Seiten und in allen seinen Bedeutungen in dem „Gesetz des Nasirs“ dargestellt ist. Er ist von dem Volk getrennt, von dieser Welt getrennt in der Kraft eines vollkommenen Nasirs, so wie Er in jener denkwürdigen Nacht zu seinen Jüngern sagte: „Ich werde von jetzt an nicht von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis zu jenem Tag, wenn ich es neu mit euch trinke in dem Reich meines Vaters“ (Mt 26,29).
Doch der strahlende Tag kommt, an dem der Herr und Messias über Jerusalem frohlocken und an seinem Volk sich erfreuen wird. Die Propheten von Jesaja bis Maleachi sind voll herrlicher Hinweise auf diesen glänzenden und segensreichen Tag. Wenn man z. B. die letzten Kapitel des Propheten Jesaja nachschlägt, findet man eine Probe davon. Aber auch in den anderen prophetischen Büchern gibt es viele ähnliche Stellen. Nur möge man sich nicht irre machen lassen durch die in manchen Bibelübersetzungen enthaltenen, nicht zum Text gehörenden Überschriften, die sich auf die Zukunft Israels beziehen; die Überschriften lauten da z. B. manchmal: „Die Segnungen des Evangeliums“, „die Ausbreitung der Versammlung“ usw.
In Wirklichkeit wird vom Anfang bis zum Ende der Propheten nicht eine Silbe von der Versammlung gesagt. Dass die Versammlung in diesem Teil des inspirierten Wortes wertvolle Belehrungen, Trost und Erbauung finden kann, ist wahr, und ebenso wahr ist es, dass in „Mose und den Propheten“ überall Dinge sind, die den Herrn selbst betreffen. Das geht aus Lukas 24,27 klar hervor. Aber es bezieht sich auf ihn in seiner Regierung über diese Welt und insbesondere über Israel. Wenn wir diese Tatsache nicht begreifen, so werden wir das Alte Testament mit wenig Verständnis und Nutzen lesen.
Die Versammlung ist nicht Gegenstand des Alten Testaments
Vielleicht mag es manchem als starke Behauptung erscheinen, wenn man sagt, dass sich im ganzen Alten Testament keine Spur von der Versammlung findet. Jedoch einige Zeilen, die der Apostel Paulus schrieb, werden die Frage für jeden lösen, der sich wirklich der Autorität der Heiligen Schrift unterwerfen will. So lesen wir in Römer 16,25-26: „Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, nach der Offenbarung des Geheimnisses, das ewige Zeiten hindurch verschwiegen war, jetzt aber offenbart und durch prophetische Schriften [offenbar des Neuen Testaments], nach Befehl des ewigen Gottes, zum Glaubensgehorsam an alle Nationen kundgetan worden ist.“
Ebenso lesen wir in Epheser 3: „Deshalb ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu für euch, die Nationen – wenn ihr nämlich gehört habt von der Verwaltung der Gnade Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist, dass mir durch Offenbarung das Geheimnis kundgetan worden ist – wie ich es zuvor in kurzem beschrieben habe, woran ihr beim Lesen mein Verständnis in dem Geheimnis des Christus wahrnehmen könnt –, das in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden ist, wie es jetzt offenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geist3: dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium . . . Mir, dem allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, den Nationen den unergründlichen Reichtum des Christus zu verkünden und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat; damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung kundgetan werde die mannigfaltige Weisheit Gottes“ (V. 1–10).
Doch können wir dieses Thema, so interessant es ist, hier nicht weiter verfolgen. Wir haben diese Schriftstellen nur angeführt, um zu zeigen, dass sich die Lehre über die Versammlung, wie Paulus sie mitgeteilt hat, im Alten Testament nirgends findet. Wenn man daher in den Büchern der Propheten des Alten Testaments die Wörter „Israel“, „Jerusalem“, „Zion“ liest, sind diese Ausdrücke nicht auf die Versammlung Gottes anzuwenden; diese Ausdrücke meinen das eigentliche Volk Israel, die Nachkommen Abrahams, das Land Kanaan und die Stadt Jerusalem.4
3 Die Propheten, von denen hier die Rede ist, sind, wie aus der Form des Ausdrucks hervorgeht, diejenigen des Neuen Testaments. Hätte der Apostel alttestamentliche Propheten gemeint, so hätte er gesagt: „Seine heiligen Propheten und Apostel“. Aber die Sache, auf die er dringt, ist gerade die, dass das Geheimnis bis zu dieser Zeit nie offenbart worden war, dass es den Söhnen der Menschen in anderen Zeitaltern nicht kundgetan worden ist, dass es in Gott – nicht in den Schriften, sondern in den unendlichen Gedanken Gottes – verborgen war.↩︎
4 Dies bezieht sich natürlich nur auf das Alte Testament. Es gibt in den Briefen an die Römer und an die Galater Abschnitte, in denen alle Gläubigen als Nachkommen Abrahams betrachtet werden (vgl. Röm 4,9-17; Gal 3,7.9.29; 6,16). Doch ist das augenscheinlich etwas anderes.↩︎