Die Familien der Leviten und ihre Dienste
Die Leviten waren aus allen anderen Stämmen herausgenommen und an einen besonderen Platz und zu einem besonderen Dienst berufen worden. So lesen wir von ihnen: „Aber die Leviten nach dem Stamm ihrer Väter. . . und die Leviten sollen den Dienst der Wohnung des Zeugnisses versehen“ (4Mo 1,47.53). Und weiter lesen wir: „Aber die Leviten wurden nicht unter den Kindern Israel gemustert, so wie der Herr Mose geboten hatte“ (4Mo 2,33).
Warum gerade die Leviten? Warum war dieser Stamm vor allen anderen ausgezeichnet und für so einen heiligen und erhabenen Dienst abgesondert? Gab es in ihnen eine besondere Heiligkeit, etwas besonders Gutes, woraus sich diese ihre Auszeichnung erklären ließe? Nein, weder in ihrer Natur noch in ihrem praktischen Leben lag der Vorzug begründet, wie Jakobs Worte beweisen: „Simeon und Levi sind Brüder, Werkzeuge der Gewalttat ihre Waffen. Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat, meine Ehre vereinige sich nicht mit ihrer Versammlung! Denn in ihrem Zorn haben sie den Mann erschlagen und in ihrem Mutwillen den Stier gelähmt. Verflucht sei ihr Zorn, denn er war gewalttätig, und ihr Grimm, denn er war grausam! Ich werde sie verteilen in Jakob und sie zerstreuen in Israel“ (1Mo 49,5-7).
So also lebte Levi, so war er seiner Natur nach: eigenwillig, hitzig und grausam. Wie bemerkenswert ist es, dass so jemand ausgewählt werden und einen so hohen, heiligen und bevorzugten Platz erhalten sollte! Wir können sagen, dass es von Anfang bis Ende Gnade war. Die Gnade nimmt sich der allerschlimmsten Fälle an. Sie steigt in die tiefsten Abgründe hinab und erzielt dort ihre strahlendsten Triumphe. Paulus sagt: „Das Wort ist gewiss und aller Annahme wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu erretten, von denen ich der erste bin“ (1Tim 1,15). „Mir, dem Allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, den Nationen den unergründlichen Reichtum des Christus zu verkünden“ (Eph 3,8).
Aber wie beeindruckend ist diese Sprache: „Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat, meine Ehre vereinige sich nicht mit ihrer Versammlung“! Gottes Augen sind so rein, dass sie Böses nicht ansehen können, und Mühsal vermag Er nicht anzuschauen (Hab 1,13). Gott konnte nicht in Levis geheimen Rat kommen und sich nicht mit seiner Versammlung vereinigen; das war unmöglich, denn Gott kann mit Eigenwillen, Gewalttat und Grausamkeit nichts zu tun haben. Wohl aber konnte Er Levi in seinen geheimen Rat bringen und ihn mit seiner Versammlung vereinigen. Er konnte ihn aus seiner Wohnung, in der die Werkzeuge der Grausamkeit lagen, herausnehmen und ihn ins Heiligtum bringen, wo er sich mit den heiligen Instrumenten und Gefäßen beschäftigen sollte. Das war freie, unumschränkte Gnade, und diese Gnade war die Grundlage von Levis gesegnetem und erhabenem Dienst.
So weit es Levi selbst als Person anging, war da ein unermesslicher Abstand zwischen ihm und einem heiligen Gott – eine Kluft, die keine menschliche Kunst oder Kraft überbrücken konnte. Aber wenn ein heiliger Gott auch nichts mit Sünde zu tun haben konnte – ein Gott der Gnade konnte sich mit Levi beschäftigen. Er konnte in unumschränkter Barmherzigkeit ein solches Geschöpf aus den Tiefen seiner moralischen Erniedrigung herausheben und ihm einen Platz in seiner Nähe geben. Welch ein wunderbarer Gegensatz zwischen Levis Stellung nach der Natur und nach der Gnade, zwischen den Werkzeugen der Grausamkeit und den Gefäßen des Heiligtums, zwischen Levi in 1. Mose 34 und Levi in 4. Mose 3 und 4!
Die Reinigung der Leviten
Sehen wir uns jetzt Gottes Handlungsweise mit Levi an und den Grund, warum er auf einen solchen Platz des Segens geführt worden war! Dazu müssen wir das achte Kapitel unseres Buches hinzuziehen; dort erkennen wir das Geheimnis des Ganzen. Wir werden dort sehen, dass gar nichts von dem, was Levi gehörte, anerkannt und dass nicht einer seiner Wege gutgeheißen wurde. Und doch finden wir dort die vollkommene Entfaltung der Gnade, die durch Gerechtigkeit herrscht. Dabei geht es nicht darum, wie weit die Leviten diese Dinge durchschauten. Wir wollen hier nicht fragen, was die Leviten in Gottes Handlungsweise sahen, sondern: Was lernen wir daraus? „Und der Herr redete zu Mose und sprach: Nimm die Leviten aus der Mitte der Kinder Israel und reinige sie. Und so sollst du mit ihnen tun, um sie zu reinigen: Sprenge Entsündigungswasser auf sie, und sie sollen das Schermesser über ihr ganzes Fleisch gehen lassen und ihre Kleider waschen und sich reinigen“ (4Mo 8,5-7).
Wir finden hier den göttlichen Grundsatz der Reinigung sinnbildlich dargestellt. Es ist die Anerkennung des Todes der Natur und aller ihrer Gewohnheiten; es ist das Wort Gottes, das in lebendiger Weise auf Herz und Gewissen wirkt. Dass es in dem eben zitierten Abschnitt eine doppelte Handlung ist, ist besonders eindrucksvoll. Mose musste Reinigungswasser auf sie sprengen, und sie mussten dann alles Haar scheren und ihre Kleider waschen. Das ist sehr eindeutig und von großer Schönheit. Mose, der die Ansprüche Gottes vertritt, reinigt die Leviten diesen Ansprüchen gemäß. Dann, wenn sie gereinigt sind, können sie das scharfe Schermesser über alles gehen lassen, was lediglich ihrer Natur entwachsen ist; und sie können ihre Kleider waschen, was sinnbildlich ausdrückt, dass sie ihre Gewohnheiten dem Wort Gottes entsprechend reinigen. Das war Gottes Weg, all dem zu begegnen, was zu Levis Natur gehörte: dem Eigenwillen, der Gewalttätigkeit und der Grausamkeit. Das reine Wasser und das scharfe Schermesser mussten ihr Werk getan haben, bevor Levi tauglich war, in die Nähe der Gefäße des Heiligtums zu kommen.
Die Natur hat bei Gottes Arbeitern keinen Platz. Niemals gab es einen verhängnisvolleren Fehler als den, zu versuchen, die menschliche Natur in den Dienst Gottes zu stellen. Es macht nichts aus, wie man sich bemühen mag, sie zu bessern oder zu regulieren; nicht Verbesserung, sondern nur Tod kann hier helfen. Es ist äußerst wichtig, diese große, sehr praktische Wahrheit klar und nachdrücklich zu erfassen. Der Mensch ist gewogen und zu leicht befunden worden. Es bringt keinerlei Nutzen, etwas verbessern zu wollen.
Gott hat die Geschichte des Menschen abgeschlossen, hat sie im Tod Christi an ein Ende gebracht. Die erste große Tatsache, die der Heilige Geist in das Gewissen eines Menschen eingräbt, ist die, dass Gott sein Urteil über die menschliche Natur ausgesprochen hat und dass jeder dieses Urteil über sich selbst persönlich annehmen muss. Das ist nicht eine Sache der Meinung oder des Gefühls. Es mag jemand sagen: Ich sehe nicht ein oder ich fühle nicht, dass ich so schlecht bin, wie du zu glauben scheinst. Aber das berührt die Frage nicht im Geringsten. Gott hat sein Urteil über uns bekannt gemacht, und es ist die erste Pflicht eines Menschen, dem zuzustimmen und sich darunter zu beugen. Was hätte es Levi genützt, wenn er gesagt hätte, er sei mit dem, was Gottes Wort über ihn gesagt hatte, nicht einverstanden? Hätte das irgendetwas verändert? Nein, der Ausspruch Gottes blieb der gleiche, ob Levi es fühlte oder nicht; aber offenbar war es der erste Schritt auf dem Weg der Weisheit, sich unter dieses Urteil zu beugen.
Alles das ist sinnbildlich in dem „Wasser“ und dem „Schermesser“ ausgedrückt. Diese Handlungen erläutern die ernste Wahrheit des Todesurteils über die menschliche Natur und die Durchführung des Urteils über alles, was die Natur hervorbringt.
Was ist die Bedeutung der ersten Einführungshandlung des Christentums, der Taufe? Weist sie nicht auf die herrliche Tatsache hin, dass „unser alter Mensch“ – die gefallene Natur – völlig beiseite getan ist und dass wir jetzt in eine völlig neue Stellung gebracht sind? Und was hat es für uns mit dem Schermesser auf sich? Wir wenden es gewissermaßen an bei strengem, täglichem Selbstgericht und ernster Verurteilung alles dessen, was der menschlichen Natur entspringt. Das ist notwendig für alle Arbeiter Gottes in der Wüste.
„Her zu mir, wer für den Herrn ist!“
Wir sind genau in dem Maß für Gottes Werk tauglich, wie unsere Natur unter der Kraft des Kreuzes und dem scharfen Schermesser des Selbstgerichts steht. Niemals kann Eigenwille im Dienst Gottes nützlich sein; er muss beseitigt sein, wenn wir wissen wollen, was wirklicher Dienst ist. Gerade in dieser Hinsicht können wir uns gar nicht scharf genug beurteilen. Unser Herz ist so arglistig, dass wir uns sogar einbilden können, dass wir des Herrn Werk tun, während wir in Wirklichkeit nur uns selbst gefallen. Aber wenn wir wirklich den Weg wahren Dienstes gehen wollen, müssen wir bestrebt sein, der Natur mehr und mehr zu entsagen.
Bevor wir nun das Werk und den Dienst der Leviten im Einzelnen betrachten, müssen wir uns erst ein Ereignis in 2. Mose 32 ansehen, bei dem die Leviten eine bemerkenswerte Rolle spielen. Es geht um das goldene Kalb. Während Moses Abwesenheit verlor das Volk Gott und seine Rechte so vollständig aus den Augen, dass es sich ein goldenes Kalb aufstellte und sich vor ihm niederbeugte. Diese schreckliche Tat verlangte ein schnelles Gericht. „Und Mose sah das Volk, dass es zügellos war; denn Aaron hatte es zügellos werden lassen, zum Gespött für ihre Widersacher. Und Mose stellte sich im Tor des Lagers auf und sprach: Her zu mir, wer für den Herrn ist! Und es versammelten sich zu ihm alle Söhne Levis. Und er sprach zu ihnen: So spricht der Herr, der Gott Israels: Legt jeder sein Schwert an seine Hüfte, geht hin und her von Tor zu Tor im Lager, und erschlagt jeder seinen Bruder und jeder seinen Freund und jeder seinen Nachbarn. Und die Söhne Levis taten nach dem Wort Moses; und vom Volk fielen an diesem Tag etwa dreitausend Mann. Und Mose sprach: „Weiht euch heute dem Herrn, ja, ein jeder in seinem Sohn und in seinem Bruder, um heute Segen auf euch zu bringen“ (2Mo 32,25-29).
Das war ein Augenblick, der von allen eine Entscheidung verlangte. Wie konnte es auch anders sein, da doch diese große Frage vor Herz und Gewissen stand: Wer steht auf der Seite des Herrn? Die Frage war nicht: Wer ist bereit zu arbeiten? Nein, sie ging tiefer. Sie hieß auch nicht: Wer will hierhin oder dorthin gehen und dies oder das tun? Man kann sehr geschäftig sein und doch immerzu lediglich von einem ungebrochenen Willen dazu getrieben sein, der, da er sich der religiösen Veranlagung bedient, den Eindruck der Ergebenheit und Frömmigkeit erweckt. Auf des Herrn Seite zu stehen aber schließt die Übergabe des eigenen Willens ein, ja, die Übergabe seiner selbst (der ganzen Person).
Das ist die Hauptsache für den wahren Diener und den wirklichen Arbeiter. Saulus von Tarsus war so weit gekommen, als er ausrief: Wer bist du, Herr? (Apg 9,5) – Was für Worte aus dem Mund des eigenwilligen, grausamen Verfolgers der Versammlung Gottes! „Wer ist für den Herrn?“ Stehen wir auf seiner Seite? Prüfen wir uns doch sehr genau! Denken wir daran, dass es keineswegs heißt „Was tust du?“. Nein, die Frage geht tiefer. Wer auf der Seite des Herrn steht, ist zu allem bereit, was Er ihm aufträgt. Der entscheidende Punkt ist, dass man sich selbst den Ansprüchen eines anderen übergibt, und dieser andere ist der Herr Jesus Christus. Es gibt gegenwärtig wohl nichts Wichtigeres als diese eindringliche Frage: „Wer ist auf der Seite des Herrn?“ Wir leben in einer Zeit, in der der eigene Wille eine große Rolle spielt und man sich seiner Freiheit freut. Und das wirkt sich sehr stark aus in Fragen der Religion, und zwar in gleicher Weise wie im Lager Israels in den Tagen des goldenen Kalbes.
Mose war nicht zu sehen, und der menschliche Wille unternahm etwas – und was war das Ergebnis? Das gegossene Kalb. Als Mose zurückkam, fand er das Volk, wie es ein Bild verehrte und zügellos war. In diesem Augenblick wurde die ernste und prüfende Frage gestellt: „Wer ist auf der Seite des Herrn?“ Das führte zu einer Entscheidung oder besser: Das stellte das Volk auf die Probe. – Jetzt ist es nicht anders. Der Wille des Menschen spielt eine immer größere Rolle, auch in Fragen der Religion. Man ist stolz auf seine Rechte, die Freiheit seines Willens, die Freiheit seines Urteils. Die Herrschaft Christi wird abgestritten. Wir müssen deshalb sehr aufmerksam sein und darauf achten, dass wir wirklich auf die Seite des Herrn treten – gegen uns selbst – und dass wir uns ganz einfach seiner Autorität unterwerfen. Dann werden wir uns nicht über Umfang oder Art unseres Dienstes Gedanken machen; sondern dann wird unser einziges Ziel dies sein: den Willen unseres Herrn zu tun.
Auf diese Weise unter der Herrschaft des Herrn zu arbeiten mag unserem Arbeitsbereich oft einen Eindruck der Enge geben; aber das ist gar nicht unsere Sache. Wenn ein Herr seinem Diener oder Sklaven sagt, er möge in einem Raum warten und sich nicht rühren, bis er die Klingel hört, dann hat der Sklave eben zu warten. Er hat sich inzwischen nicht etwas anderes zu suchen, auch dann nicht, wenn die anderen ihn wegen seiner offensichtlichen Untätigkeit und Nichtsnutzigkeit kritisieren sollten; er kann sicher sein, dass der Herr ihn rechtfertigen wird. Das ist genug für einen, der wirklich von Herzen Sklave Jesu Christi ist und der in erster Linie den Willen seines Herrn tun möchte und nicht irgendetwas Großes.
Die Frage an das Volk Israel, als das goldene Kalb da war, und die Frage an die Versammlung Gottes jetzt, wo der Wille des Menschen eine so große Rolle spielt, ist also: „Wer steht auf der Seite des Herrn?“ In dieser Frage liegt eine große Kraft für das praktische Leben. Wirklich auf des Herrn Seite zu stehen bedeutet, wie gesagt, zu allem bereit zu sein, wozu Er uns ruft, ganz gleich, was es sein mag. Nur dann, wenn wir in Wahrheit sagen können: „Herr, was willst du, das ich tun soll?“ – „Rede, denn dein Knecht hört!“ (1Sam 3,10), nur dann sind wir für alles bereit. Die Leviten wurden hier gerufen, ein jeder seinen Bruder, seinen Freund und seinen Nachbarn zu erschlagen. Das war für Fleisch und Blut ein schrecklicher Auftrag.
Der Augenblick aber erforderte es. Gottes Rechte waren öffentlich und in krasser Weise verletzt worden, die Herrlichkeit Gottes war vertauscht worden mit dem Abbild eines Stieres, der Gras frisst. Alle, die auf der Seite des Herrn standen, wurden aufgerufen, ein Schwert umzugürten. Von Natur aus hätte man vielleicht lieber sagen mögen: „Nein; wir wollen sanft und ruhig und gütig sein. Durch Freundlichkeit werden wir mehr erreichen als durch Strenge. Es kann nichts Gutes dabei herauskommen, wenn man die Leute umbringt. Liebe hat viel mehr Kraft als Strenge. Lasst uns einander lieben!“ – Solche Überlegungen mochte die Natur eines Menschen anstellen, aber der Befehl lautete klar und bestimmt: „Legt jeder sein Schwert an seine Hüfte!“ Als das goldene Kalb da war, gab es nichts anderes mehr als das Schwert.
Man hätte die gerechten Ansprüche des Gottes Israels über Bord geworfen, wenn man in diesem Augenblick von Liebe geredet hätte. Zu einem Geist, der wirklich gehorsam ist, gehört, dass er genau den Dienst tut, der gerade verlangt wird. Ein Sklave hat nicht die Pflicht, zu diskutieren; er soll ganz einfach das tun, was man ihm gesagt hat. Wenn wir Fragen stellen oder Einwände erheben, bedeutet das, dass wir unseren Platz als Diener verlassen haben. Einen Bruder, einen Freund oder einen Nachbarn zu erschlagen mochte sehr schrecklich sein – aber das Wort des Herrn duldete keinen Widerspruch. Es gestattete kein Ausweichen. Und die Leviten waren durch die Gnade bereitwillig und gehorsam. „Die Söhne Levis taten nach dem Wort Moses.“
Das ist der einzige Weg für die, die in dieser Welt, in der alles von Eigenwillen beherrscht ist, Gottes Arbeiter und Diener Christi sein wollen. Es ist sehr wichtig, dass die Wahrheit, dass Christus Herr ist, tief in unseren Herzen eingegraben ist. Wenn unser Herz wirklich der Autorität Christi unterworfen ist, sind wir zu allem bereit, wozu Er uns ruft. Dann geht es nicht mehr um die Frage „Was tue ich?“ oder „Wohin gehe ich?“, sondern einfach darum: „Tue ich den Willen meines Herrn?“
Der Bund mit Levi
Dies war der Boden, auf dem Levi stand. Es ist sehr beachtenswert, was Gott darüber in Maleachi sagt: „Und ihr werdet wissen, dass ich dieses Gebot an euch gesandt habe, damit mein Bund mit Levi sei, spricht der Herr der Heerscharen. Mein Bund mit ihm war das Leben und der Frieden; und ich gab sie ihm zur Furcht, und er fürchtete mich, und er zitterte vor meinem Namen. Das Gesetz der Wahrheit war in seinem Mund, und Unrecht fand sich nicht auf seinen Lippen; er wandelte mit mir in Frieden und Geradheit, und viele brachte er von ihrer Ungerechtigkeit zurück“ (Mal 2,4-6). Und beachten wir den Segen Moses: „Und zu Levi sprach er: Deine Tummim und deine Urim sind für deinen Frommen, den du versucht hast bei Massa, mit dem du hadertest beim Wasser von Meriba; der von seinem Vater und von seiner Mutter sprach: Ich sehe ihn nicht; und der seine Brüder nicht kannte und von seinen Söhnen nichts wusste. Denn sie haben dein Wort gehalten, und deinen Bund bewahrten sie. Sie werden Jakob deine Rechte lehren, und Israel dein Gesetz; sie werden Weihrauch legen vor deine Nase und Ganzopfer auf deinen Altar. Segne, Herr, sein Vermögen, und das Werk seiner Hände lass dir wohlgefallen; zerschmettere die Lenden derer, die sich gegen ihn erheben, und die seiner Hasser, dass sie nicht mehr aufstehen!“ (5Mo 33,8-11).
Es mochte unverantwortlich rau und streng von Levi aussehen, dass er seine Eltern nicht sah und seine Brüder nicht kannte. Aber Gottes Ansprüche sind wichtiger. Unser Herr hat die ernsten Worte gesprochen: „Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater und seine Mutter und seine Frau und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein“ (Lk 14,26).
Diese klaren Worte zeigen uns das Geheimnis, das die Grundlage jedes wahren Dienstes ist. Das bedeutet natürlich nicht, dass ein Diener nicht natürliche Zuneigung kennt! Wenn das so wäre, dann bestünde in moralischer Hinsicht ja eine Verbindung zwischen einem Diener des Herrn und dem Abfall der letzten Zeit (vgl. 2Tim 3,3)! Aber wenn wir den Ansprüchen natürlicher Zuneigung erlauben, uns zu hindern, Christus von ganzem Herzen zu dienen, und wenn die angebliche Liebe zu den Brüdern einen höheren Platz einnimmt als Treue Christus gegenüber, dann taugen wir nicht für seinen Dienst und sind nicht wert, seine Diener zu heißen. Prägen wir uns gut ein, dass der moralische Grund für Levis Recht, im Dienst des Herrn zu stehen, eben die Tatsache war, dass er seine Eltern nicht sah, seine Brüder nicht kannte und von seinen Kindern nichts wusste!
Kurz gesagt:
Er konnte die Ansprüche der Natur völlig beiseitelassen und dafür den Ansprüchen des Herrn den höchsten Platz in seinem Herzen einräumen. Und das ist, um es noch einmal zu sagen, die einzige wahre Basis für den Dienst. Wahrer Dienst besteht nicht in großer Aktivität, sondern in vollkommener Unterwerfung unter den Willen unseres Herrn. Und wo das so ist, da ist man auch bereit, die Ansprüche von Eltern, Brüdern und Kindern fallen zu lassen, um den Willen dessen zu tun, den wir als Herrn anerkennen. Natürlich sollen wir unsere Eltern, unsere Brüder und unsere Kinder lieben – aber mehr noch sollen wir Christus lieben. Er und seine Ansprüche müssen immer den ersten Platz in unserem Herzen haben, wenn wir brauchbare Arbeiter für Gott sein wollen, wirkliche Diener Christi, wahre Leviten in der Wüste. Dabei wird das Band natürlicher Verwandtschaft mit all den Ansprüchen, Pflichten und Verantwortlichkeiten, die daraus erwachsen, bei denen, deren Herz, Geist und Gewissen unter der bestimmenden Kraft der Wahrheit Gottes stehen, immer den Platz und die Achtung erhalten, die ihm zustehen. Gar nichts außer dem, was wirklich Gott und seinem Christus zusteht, darf die Rechte übergehen, die auf natürlicher Verwandtschaft beruhen. Diese Überlegung ist sehr notwendig und heilsam, und ich möchte sie besonders den jungen Lesern empfehlen.
Wir müssen uns wirklich sehr sicher sein, dass es nur die Ansprüche Gottes sind, die ganz direkt und einfach unser Verhalten bestimmen, wenn wir die Ansprüche natürlicher Verwandtschaft übergehen. Im Fall Levis war das sonnenklar. So gibt es auch für uns Augenblicke, in denen es offenbare Untreue gegen unseren Herrn Christus wäre, auch nur für ganz kurze Zeit auf die Stimme verwandtschaftlicher Beziehung zu hören.
Die Weihung der Leviten
Im Folgenden wollen wir uns ganz kurz der Weihung der Leviten in 4. Mose 8 zuwenden. Es ist ein sehr aufschlussreiches Kapitel für alle, die Arbeiter für Gott sein möchten.
Nach den feierlichen Handlungen des Waschens und des Scherens, die wir bereits besprachen, lesen wir: „Und sie (d. h. die Leviten) sollen einen jungen Stier nehmen und sein Speisopfer: Feinmehl, gemengt mit Öl; und einen anderen jungen Stier sollst du nehmen zum Sündopfer. Und du sollst die Leviten vor das Zelt der Zusammenkunft herzutreten lassen und die ganze Gemeinde der Kinder Israel versammeln. Und du sollst die Leviten vor den Herrn herzutreten lassen, und die Kinder Israel sollen ihre Hände auf die Leviten legen. Und Aaron soll die Leviten als Webopfer von Seiten der Kinder Israel vor dem Herrn weben, damit sie da seien, um den Dienst des Herrn zu verrichten. Und die Leviten sollen ihre Hände auf den Kopf der Stiere legen; und du sollst dem Herrn den einen als Sündopfer und den anderen als Brandopfer opfern, um für die Leviten Sühnung zu tun“ (4Mo 8,8-12).
In diesem Text werden uns im Bild die beiden großen Seiten des Todes Christi dargestellt – die eine durch das Sündopfer, und die andere durch das Brandopfer. Wir wollen jetzt nicht die Einzelheiten dieser Opfer besprechen, denn das haben wir ja bereits in den ersten Kapiteln der „Gedanken zum dritten Buch Mose“ versucht. Nur dies ist hier zu bemerken, dass wir im Sündopfer Christus sehen, wie Er die Sünde an seinem Leib auf dem Holz getragen (s. 1Pet 2,24) und den Zorn Gottes über die Sünde erduldet hat; im Brandopfer dagegen sehen wir Christus, wie Er Gott selbst da verherrlichte, als Er die Sühnung war für die Sünde. In beiden Opfern geht es um Sühnung; im ersten ist es Sühnung entsprechend der Tiefe dessen, was der Sünder bedarf; im zweiten ist es Sühnung nach dem Maß der Ergebenheit Christi Gott gegenüber. In dem einen sehen wir, wie hassenswürdig Sünde ist, in dem anderen sehen wir die Kostbarkeit Christi. Es geht dabei – was wohl kaum noch gesagt werden muss – um den einen Sühnungstod Christi, dargestellt von zwei verschiedenen Gesichtspunkten aus.
Nun, die Leviten legten ihre Hände sowohl auf das Sündopfer als auch auf das Brandopfer. Diese Handlung des Handauflegens drückt aus, dass man sich mit etwas eins macht. Aber wie verschieden ist das Ergebnis in diesen beiden Fällen! Wenn Levi seine Hand auf das Sündopfer legte, dann bedeutete das, dass alle seine Sünden, seine Schuld, seine Wildheit, Grausamkeit und Eigenwilligkeit auf das Opfer übergingen; wenn er andererseits aber seine Hand auf das Brandopfer legte, dann bedeutete es, dass die ganze Wohlannehmlichkeit des Opfers und all seine Vollkommenheit auf Levi übergingen.
Das, was wir daraus lernen können, ist auch in der so wichtigen Stelle am Ende von 2. Korinther 5,21 enthalten: „Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.“ „Und so sollst du die Leviten vor Aaron und vor seine Söhne stellen und sie dem Herrn als Webopfer weben; und du sollst die Leviten aus der Mitte der Kinder Israel aussondern, dass die Leviten mir gehören. Und danach sollen die Leviten kommen, um das Zelt der Zusammenkunft zu bedienen. So sollst du sie reinigen und sie als Webopfer weben. Denn sie sind mir ganz zu Eigen gegeben aus der Mitte der Kinder Israel; anstatt dessen, was den Mutterschoß durchbricht, anstatt jedes Erstgeborenen aus den Kindern Israel habe ich sie mir genommen. Denn mein ist alles Erstgeborene unter den Kindern Israel an Menschen und an Vieh.
An dem Tag, als ich alle Erstgeburt im Land Ägypten schlug, habe ich sie mir geheiligt. Und ich habe die Leviten genommen anstatt aller Erstgeborenen unter den Kindern Israel; und die Leviten habe ich Aaron und seinen Söhnen als Gabe aus der Mitte der Kinder Israel gegeben, damit sie den Dienst der Kinder Israel am Zelt der Zusammenkunft verrichten und für die Kinder Israel Sühnung tun, damit unter den Kindern Israel keine Plage dadurch entstehe, dass die Kinder Israel dem Heiligtum nahen. Und Mose und Aaron und die ganze Gemeinde der Kinder Israel taten so mit den Leviten; nach allem, was der Herr Mose geboten hatte wegen der Leviten, so taten die Kinder Israel mit ihnen“ (4Mo 8,13-20).
Wie sehr erinnern diese Zeilen an die Worte unseres Herrn in Johannes 17! „Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben, und sie haben dein Wort gehalten . . . Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein (und alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, mein), und ich bin in ihnen verherrlicht“ (V. 6–10).
Die Leviten bildeten ein abgesondertes Volk, sie waren Gottes besonderes Eigentum. Sie nahmen den Platz aller Erstgeborenen in Israel ein, derer, die durch das Blut des Lammes vom Schwert des Würgeengels gerettet worden waren. Sie waren, bildlich gesprochen, ein totes und auferstandenes, für Gott abgesondertes Volk, das Er, Gott, als ein Geschenk dem Hohenpriester Aaron gab, damit es den Dienst im Zelt verrichtete.
Was für ein Platz war das für den eigenwilligen, heftigen und grausamen Levi! Was für ein Sieg der Gnade! Was für ein lebendiges Bild von der Wirksamkeit des Sühnungsblutes und des Wassers der Reinigung! Von Natur aus und in ihrem ganzen Leben waren die Leviten weit weg von Gott gewesen; aber das Blut des Sühnopfers, das Wasser der Reinigung und das Schermesser des Selbstgerichts hatten ihr Werk getan, und deshalb konnten die Leviten als ein Geschenk Aaron und seinen Söhnen gegeben werden, um mit ihnen zusammen den heiligen Dienst am Zelt der Zusammenkunft zu tun.
In allen diesen Dingen sind die Leviten ein treffendes Bild von Gottes Volk heute. Diejenigen, die dazu gehören, sind aus den Tiefen ihrer Erniedrigung und ihres Verderbens als Sünder herausgenommen worden. Sie sind gewaschen in dem kostbaren Blut Christi, gereinigt dadurch, dass sie Gottes Wort auf sich anwendeten, und berufen, andauernd ein strenges Selbstgericht zu üben. Auf diese Weise sind sie befähigt für den heiligen Dienst, zu dem sie berufen sind. Gott hat sie seinem Sohn gegeben, damit sie seine Arbeiter in dieser Welt seien. „Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben.“ – Wunderbarer Gedanke, dass von solchen, wie wir sind, so etwas gesagt werden kann!
Zu denken, dass wir Gottes Eigentum und Gottes Geschenk für seinen Sohn sind! Ja, es übersteigt alles menschliche Denken. Wir sind nicht nur von der Hölle errettet – und es ist wahr, dass wir das sind, wir haben nicht nur Vergebung erlangt, sind gerechtfertigt und angenommen – auch das ist wahr, sondern wir sind zu dem hohen und heiligen Werk berufen, durch diese Welt den Namen, das Zeugnis, die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus zu tragen. Das ist unsere Aufgabe als wahre Leviten. Als Kriegsleute sind wir zum Kampf berufen; als Priester dürfen wir anbeten; als Leviten aber sind wir verantwortlich zu dienen, und dieser unser Dienst besteht darin, durch diese dürre wüste Welt das Gegenbild des Zeltes der Zusammenkunft zu tragen. Das Zelt der Zusammenkunft war ein Bild Christi. Das ist unsere klare Richtlinie für den Dienst, und dazu sind wir berufen und abgesondert.
Es ist interessant, dass wir nur hier im vierten Buch Mose alle die wundervollen und sehr lehrreichen Einzelheiten über die Leviten erfahren. Das weist noch einmal auf die Eigenart dieses Buches hin. Vom Wüsten-Standpunkt aus gewinnen wir eine umfassende und richtige Sicht sowohl von den Arbeitern als auch von den Kriegern Gottes.