Behandelter Abschnitt 3. Mose 23,27-32
Der Versöhnungstag
Das Fest des Posaunenhalls steht mit einer anderen großen Feier, dem „Versöhnungstag“, in enger Verbindung (V. 27–32). Nach dem Blasen der Posaune verfließt ein Zwischenraum von acht Tagen. Dann folgt der Versöhnungstag, verbunden mit der Kasteiung der Seele, der Sühnung der Sünde und der Ruhe von jeglicher Arbeit. Alle diese Dinge werden bald ihren gebührenden Platz in der Erfahrung des jüdischen Überrestes finden. „Vorüber ist die Ernte, die Obstlese ist zu Ende, und wir sind nicht gerettet“ (Jer 8,20). So wird das trostlose Klagelied des Überrestes lauten, wenn der Geist Gottes beginnt, das Herz und Gewissen des Volkes zu berühren (vgl. auch Sach 12,10-14).
Welche tiefe Trauer, welche bittere Betrübnis, welche aufrichtige Buße wird dann entstehen, wenn das Gewissen des Überrestes unter der mächtigen Wirkung des Heiligen Geistes sich seiner früheren Sünden, der Vernachlässigung des Sabbats, der Übertretung des Gesetzes, der Steinigung der Propheten, der Kreuzigung des Sohnes Gottes, des Widerstrebens gegen den Heiligen Geist erinnern wird! Alle diese Dinge werden in seinem Gewissen aufstehen und die größte Seelenangst in ihm hervorrufen.
Doch das Blut der Versöhnung wird allem begegnen. „An jenem Tag wird eine Quelle geöffnet sein für das Haus David und für die Bewohner von Jerusalem für Sünde und für Unreinheit“ (Sach 13,1). Sie werden fähig gemacht sein, ihre Sünden mit aufrichtigem Schmerz zu fühlen, aber sie werden auch dahin geleitet werden, die reinigende und errettende Wirkung des Blutes zu erkennen und vollkommenen Frieden, den Sabbat der Ruhe für ihre Seelen, zu finden.
Wenn nun aber in Israel in den letzten Tagen diese Ergebnisse erreicht worden sind, was dürfen wir dann erwarten? Sicher die Herrlichkeit. Wenn die „Blindheit“ beseitigt und die „Decke“ weggenommen ist, wenn das Herz des Überrestes sich zu dem Herrn zurückgewandt hat, dann werden die glänzenden
Strahlen der „Sonne der Gerechtigkeit“ in ihrer heilenden, wiederherstellenden und rettenden Kraft auf ein wahrhaft gebeugtes Volk fallen. Die Übungen und Erfahrungen, die Kämpfe und Prüfungen, die Schwierigkeiten und schließlichen Segnungen des jüdischen Überrestes werden uns ausführlich in den Psalmen und Propheten mitgeteilt. Das Bestehen eines solchen Überrestes muss klar verstanden worden sein, bevor man die Psalmen und Propheten mit Einsicht und Befriedigung erforschen kann. Wohl gibt es in allen von Gott eingegebenen Schriften vieles für uns zu lernen, denn „alle Schrift ist nützlich zur Lehre“ (2Tim 3,16), aber wollen wir von irgendeinem Teil des Wortes Gottes den richtigen Gebrauch machen, so müssen wir vor allen Dingen zu verstehen suchen, worauf er zunächst anzuwenden ist.
Wenn wir z. B. jene Schriftstellen, die sich – genau genommen – auf den jüdischen Überrest oder den irdischen Leib (Israel) beziehen, auf die Versammlung Christi, den himmlischen Leib, anwenden, so kommen wir in große Verwirrung. Tatsächlich geschieht es nicht selten, dass das Bestehen des jüdischen Überrestes ganz und gar übersehen und die wahre Stellung und Hoffnung der Versammlung völlig aus dem Auge verloren wird. Das sind Verirrungen, die wir sorgfältig vermeiden sollten.