Behandelter Abschnitt 3. Mose 13,12-13
Ein Mann, ganz vom Aussatz bedeckt
Dieser Gedanke leitet uns zu einem höchst wichtigen Punkt, der allen, die die Handlungsweise Gottes mit dem Sünder nicht verstehen, geradezu widersinnig erscheinen muss. Wir lesen in den Versen 12 und 13 bezüglich des Aussätzigen: „Wenn aber der Aussatz in der Haut ausbricht und der Aussatz die ganze Haut dessen, der das Übel hat, bedeckt, von seinem Kopf bis zu seinen Füßen, wohin auch die Augen des Priesters blicken – und der Priester besieht ihn, und siehe, der Aussatz hat sein ganzes Fleisch bedeckt, so soll er den, der das Übel hat, für rein erklären; hat es sich ganz in Weiß verwandelt, so ist er rein“ (V. 12.13).
In dem Augenblick, wo ein Sünder seinen wahren Platz vor Gott einnimmt, ist die Frage geordnet. Sobald sein wirklicher Charakter voll und ganz ans Licht gestellt ist, gibt es keine Schwierigkeit mehr. Er mag, ehe er diesen Punkt erreicht und weil er sich weigert, seinen wahren Platz einzunehmen, viele schmerzliche Übungen durchzumachen haben, damit die „ganze Wahrheit“ hinsichtlich dessen, was er ist, ans Licht kommt. Aber sobald er dahin gebracht ist, von Herzen zu sagen: „Hier stehe ich, so wie ich bin“, kommt ihm die ganze, freie Gnade Gottes zugute. „Als ich schwieg, verzehrten sich meine Gebeine durch mein Gestöhn den ganzen Tag. Denn Tag und Nacht lastete auf mir deine Hand; verwandelt wurde mein Saft in Sommerdürre“ (Ps 32,3.4). Wie lange dauerte diese schmerzliche Erfahrung? Bis die ganze Wahrheit ans Licht kam, bis alles, was im Innern wirkte, völlig an die Oberfläche trat. „Ich tat dir meine Sünde kund und habe meine Ungerechtigkeit nicht zugedeckt. Ich sprach: „Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen“; und du hast die Ungerechtigkeit meiner Sünde vergeben“ (Ps 32,5).
Es ist aufschlussreich, das Tun des Herrn mit dem Aussätzigen zu beobachten, von dem Augenblick an, wo sich die ersten Merkmale des Übels auf der Haut zeigten, bis zu dem Zeitpunkt, wo die Krankheit den ganzen Menschen „von seinem Kopf bis zu seinen Füßen“ bedeckte. Hier gibt es weder Übereilung noch Gleichgültigkeit. Gott kann mit Langmut untersuchen. Er kann „sieben Tage“ und, sollte sich die geringste Veränderung in den Symptomen zeigen, nochmals „sieben Tage“ warten. Aber sobald das bestimmte Wirken des Aussatzes festgestellt ist, gibt es kein Zögern mehr. „Außerhalb des Lagers soll seine Wohnung sein.“ Wie lange? Bis die Krankheit völlig an die Oberfläche getreten ist. „Wenn der Aussatz sein ganzes Fleisch bedeckt hat, so soll er ihn für rein erklären.“ Das ist ein wichtiger Punkt. Wenn der Mensch vom Kopf bis zu den Füßen mit Aussatz bedeckt war, so wurde er für rein erklärt, d. h. er war dann ein geeigneter Gegenstand für die Gnade Gottes und das Blut der Versöhnung.
Ebenso verhält es sich mit dem Sünder. Gott ist „zu rein von Augen, um Böses zu sehen, und Mühsal vermag er nicht anzuschauen“ (Hab 1,13), und dennoch, sobald der Mensch seinen Platz einnimmt als ein verlorener und schuldiger Sünder, als jemand, in dem nichts ist, worauf das Auge einer grenzenlosen Heiligkeit mit Wohlgefallen ruht, ja der so schlecht ist, dass er unmöglich schlechter sein könnte – so ist die vollkommene göttliche Gnade da, um alles zu ordnen. Die Gnade Gottes beschäftigt sich mit Sündern, und wenn ich mich als Sünder erkenne, so erkenne ich mich da als einer, zu dessen Errettung Christus gekommen ist. Je klarer mich jemand überführen kann, dass ich ein Sünder bin, umso kräftiger begründet er mein Anrecht auf die Liebe Gottes und auf das Werk Christi. „Denn es hat ja Christus einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er uns zu Gott führe“ (1Pet 3,18). Nun, ich bin ein „Ungerechter“.
Ich bin einer von denen, für die Christus starb, und habe deshalb ein Anrecht auf die Früchte seines Todes. Wenn ich etwas anderes als ungerecht wäre, so würde der Tod Christi nicht für mich sein, aber da ich ungerecht bin, so ist er gerade für mich passend, von Gott für mich bestimmt und wird von Gott auf mich angewandt. Wenn ich mit etwas in oder von mir beschäftigt bin, so ist es klar, dass ich die geistliche Anwendung von 3. Mose 13,12.13 noch nicht ganz begriffen habe. Ich bin dann nicht zu dem Lamm Gottes gekommen, „gerade so wie ich bin“. Gott erwartet von uns nicht, dass wir etwas Besonderes fühlen oder erfahren, sondern dass wir seinem Wort glauben. Erst wenn der Aussätzige vom Kopf bis zu den Füßen mit Aussatz bedeckt war, hatte er den wahren Platz erreicht, auf dem die Gnade ihm begegnen konnte. Ja, „wo aber die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher geworden“ (Röm 5,20). Solange ich meine, dass noch irgendein Pünktchen an mir von jenem ekelhaften Übel frei ist, bin ich noch nicht mit mir zu Ende gekommen. Erst wenn mein wahrer Zustand vor meinen Augen völlig aufgedeckt ist, werde ich verstehen, was Errettung aus Gnaden bedeutet.