Der Aussatz und das Gesetz des Aussätzigen
Die Verantwortung des Priesters
Von allen Dienstverrichtungen, die der Priester zu beobachten hatte, forderte keine so viel Sorgfalt und Aufmerksamkeit wie das Erkennen und Behandeln des Aussatzes.
Es ging dabei besonders um die Reinheit der Versammlung oder Gemeinde und um die Gnade, die nur dann den Ausschluss eines Gliedes gestatten konnte, wenn die Gründe dazu deutlich feststanden. Die Heiligkeit Gottes konnte niemand erlauben, in der Versammlung zu bleiben, wenn er draußen sein musste, und andererseits wollte die Gnade niemand draußen haben, der drinnen seinen Platz hätte haben sollen. Daher bedurfte der Priester in hohem Maß Wachsamkeit und Weisheit, Geduld und Sorgfalt und gereifte Erfahrung.
Mit welcher Vorsicht musste der Priester bei der Prüfung des Aussatzes zu Werk gehen! Er musste das Übel besehen und den damit Behafteten sieben Tage einschließen. Er musste nach Ablauf dieser sieben Tage eine neue Besichtigung vornehmen und nach Befund der Dinge den Kranken zum zweiten Mal sieben Tage einschließen, und erst nach einer nochmaligen Prüfung am siebten Tag durfte er das Urteil fällen, ob es Aussatz war oder nicht. Kein Fall durfte voreilig beurteilt oder unbesonnen entschieden werden. Persönliche Beobachtung, priesterliche Unterscheidung, ruhige Erwägung, strenge Beachtung des geschriebenen Wortes, dieses heiligen, unfehlbaren Wegweisers – alles das war unbedingt erforderlich, wenn der Priester sich ein gesundes Urteil bilden wollte. In nichts durfte er sich durch eigene Gedanken, durch eigene Gefühle oder durch eigene Weisheit leiten lassen. Das Wort bezeichnete genau den einzuschlagenden Weg. Jedes Kennzeichen, jede Veränderung, jedes besondere Symptom und Merkmal – alles war mit göttlicher Vollkommenheit und Vorsorge bezeichnet, so dass der Priester nur mit dem Wort bekannt und ihm unterworfen zu sein brauchte, um vor Fehlentscheidungen bewahrt zu bleiben.
So viel über den Priester und seine Verantwortlichkeit. Betrachten wir jetzt die Krankheit selbst. Der Aussatz konnte an einer Person, einem Kleidungsstück oder an einem Haus ausbrechen.
Von rein natürlichem Gesichtspunkt aus betrachtet, gibt es wohl keine Krankheit, die ekelhafter sein könnte als der Aussatz, und da er unheilbar ist, so liefert er ein lebendiges und erschreckendes Bild von der Sünde: von der Sünde in der Natur des Menschen, in seinen Umständen und in der Versammlung. Welch eine ernste Belehrung liegt für die Seele in der Tatsache, dass diese abscheuliche und erniedrigende Krankheit als ein Bild des sittlich Bösen zu betrachten ist, sei es des Bösen in einem Glied der Gemeinde Gottes, in den Umständen eines solchen Gliedes oder in der Gemeinde selbst!