Behandelter Abschnit 2. Mose 28,2-39
Die Kleider Aarons
In Kapitel 28 ist von Kleidern und in Kapitel 29 von Opfern die Rede. Die Ersteren stehen mehr mit den Bedürfnissen des Volkes, die Letzteren mit den Ansprüchen Gottes in Verbindung. Die Kleider weisen auf die Aufgaben und besonderen Merkmale des priesterlichen Dienstes hin. Das „Ephod“ war das Hauptstück der priesterlichen Bekleidung. Es war mit den beiden Schulterstücken und dem Brustschild untrennbar verbunden. Dies lehrt uns deutlich, dass die Stärke der Schulter des Priesters und die Zuneigung seines Herzens ganz und gar den Interessen derer gewidmet waren, die er vertrat und derentwegen er das Ephod trug. Und was hier in Aaron bildlich dargestellt wird, ist in Christus verwirklicht. Seine Allmacht und seine unendliche Liebe sind unser ewiges, unbestreitbares Teil. Die Schulter, die das ganze Weltall trägt, hält auch das schwächste und unwissendste Glied der mit Blut erkauften Gemeinde aufrecht. Das Herz Jesu schlägt mit unveränderlicher Zuneigung und mit ewiger, unermüdlicher Liebe für das am wenigsten geachtete Glied der erlösten Gemeinde. Welch ein unendlich tröstlicher Gedanke für jeden von uns!
Die Namen der zwölf Stämme wurden eingegraben in kostbare Steine sowohl auf den Schultern als auch auf der Brust des Hohenpriesters getragen (siehe V. 9–12.15–29). Der Glanz eines Edelsteins tritt umso stärker hervor, je heller das Licht ist, das auf ihn fällt. Die zwölf Stämme, die kleinsten wie die größten, wurden beständig auf der Brust und den Schultern Aarons vor dem Herrn getragen. In der Gegenwart Gottes wurde jeder einzelne Stamm in dem ungetrübten Glanz und der unwandelbaren Schönheit erhalten, die der Stellung geziemten, in die die vollkommene Gnade des Gottes Israels ihn versetzt hatte.
Das Volk wurde durch den Hohenpriester vor Gott vertreten. Was auch immer die Schwachheiten, die Irrtümer oder Fehler der Kinder Israel sein mochten, ihre Namen glänzten allezeit auf dem Brustschild in unvergänglichem Glanz. Der Herr hatte ihnen diesen Platz angewiesen. Wer hätte sie von dort vertreiben können? Wer hätte in das Heiligtum dringen können, um den Namen eines der Stämme Israels von der Brust Aarons zu entfernen? Wer hätte den Glanz beeinträchtigen können, der diese Namen da, wo Gott sie hingesetzt hatte, umgab? Kein Feind konnte sie dort angreifen, nichts Böses sie beeinflussen.
Wie ermutigend und tröstlich ist für die geprüften, versuchten, umhergeworfenen und oft so schwachen Kinder Gottes der Gedanke, dass Gott sie nur auf dem Herzen Jesu sieht! Vor seinen Augen erscheinen sie beständig in der Vortrefflichkeit Christi. Die Welt kann sie natürlich so nicht sehen, aber Gott sieht sie so, und darin liegt der ganze Unterschied. Wenn die Menschen die Kinder Gottes betrachten, dann sehen sie ihre Mängel und Schwachheiten. Sie sind unfähig, weiter zu sehen, und darum ist ihr Urteil immer einseitig und damit falsch. Sie können die kostbaren Steine nicht sehen, in die Gott in seiner unveränderlichen Liebe die Namen der Erlösten eingegraben hat. Allerdings müssen die Christen äußerst wachsam sein, um der Welt keinen gerechten Anlass zum Tadeln zu geben: sie sollten versuchen, „dadurch, dass sie Gutes tun, die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen zu bringen“ (1Pet 2,15).
Würden sie nur durch die Kraft des Heiligen Geistes die wunderbare Stellung erfassen, in der sie ununterbrochen vor den Augen Gottes stehen, dann würden sie sicher auch vor den Augen der Menschen ein Leben in praktischer Heiligkeit, moralischer Reinheit und Erhabenheit führen. Je mehr wir durch den Glauben die Wahrheit und unsere Stellung in Christus erkennen, umso intensiver wird unsere praktische Lebensführung sein und umso stärker wird unser Charakter davon geprägt werden.
Aber – Gott sei Dank! – wir haben es nicht mit dem Urteil der Menschen, sondern mit dem Urteil Gottes zu tun, und in seiner Barmherzigkeit zeigt Er uns unseren großen Hohenpriester, der beständig unser Gericht vor Gott auf seinem Herzen trägt (V. 30). Das verleiht uns einen tiefen, dauernden Frieden, der durch nichts erschüttert werden kann. Unsere Mängel und Versäumnisse mögen uns beständig vor Augen sein und wir mögen darüber manchmal so betrübt sein, dass wir kaum den Glanz der kostbaren Steine erkennen, in die unsere Namen eingegraben sind. Aber trotzdem sind sie da; Gott sieht sie, und das ist genug. Er wird verherrlicht durch ihren Glanz, der allerdings nicht von uns herrührt, sondern von Gott selbst geschenkt ist. In uns war nichts als Finsternis, Unreinheit und Hässlichkeit. Gott hat uns Licht, Glanz und Schönheit gegeben und ihm allein gebührt Dank und Lob in Ewigkeit!
Der „Gürtel“ ist das bekannte Symbol des Dienens, und Christus ist der vollkommene Diener geworden, indem Er die Ratschlüsse der Liebe Gottes und ebenso die tiefen und vielfältigen Bedürfnisse seines Volkes erfüllt hat. In völliger Ergebenheit, die durch nichts beeinträchtigt werden konnte, hat Er sich für sein Werk gegürtet, und wenn der Gläubige den Sohn Gottes so gegürtet sieht, dann erkennt er, dass für ihn keine Schwierigkeit zu groß sein kann. Außerdem sehen wir in diesem Bild, dass alle Tugenden und Herrlichkeiten Christi, die Er als Gott und als Mensch hat, voll und ganz auch in seinem Charakter als Diener zum Ausdruck kommen. „Und der gewirkte Gürtel, womit es angebunden wird, der darüber ist, soll von gleicher Arbeit mit ihm sein: aus Gold, blauem und rotem Purpur und Karmesin und gezwirntem Byssus“ (V. 8). Das muss allen unseren Bedürfnissen und Wünschen genügen. Nicht nur erblicken wir Christus als das geschlachtete Opfer an dem kupfernen Altar, sondern auch als den gegürteten Hohenpriester über das Haus Gottes.
Der Apostel mag daher wohl sagen: „Lasst uns hinzutreten“ – „lasst uns festhalten“ – „lasst uns auf einander achthaben“ (Heb 10,19-24)! „Und lege in das Brustschild des Gerichts die Urim und die Tummim, dass sie auf dem Herzen Aarons seien, wenn er vor dem Herrn hineingeht; und Aaron soll das Gericht der Kinder Israel beständig auf seinem Herzen tragen vor dem Herrn „ (V. 30). Aus verschiedenen Stellen des Wortes Gottes wissen wir, dass die Urim bei der Erkundung der Gedanken Gottes über verschiedene Probleme, die sich im Lauf der Geschichte Israels ergaben, eine wichtige Rolle spielten. So lesen wir z. B. bei der Ernennung Josuas zum Führer des Volkes die Worte: „Und er soll vor Eleasar, den Priester, treten, und der soll für ihn das Urteil der Urim vor dem Herrn befragen“ (4Mo 27,21). Auch sprach Mose zu Levi: „Deine Tummim und deine Urim (deine Vollkommenheiten und deine Lichter) sind für deinen Frommen . . . Sie werden Jakob deine Rechte lehren und Israel dein Gesetz“ (5Mo 33,8-10). „Und Saul befragte den Herrn; aber der Herr antwortete ihm nicht, weder durch Träume noch durch die Urim noch durch die Propheten“ (1Sam 28,6). „Und der Tirsatha sagte zu ihnen, dass sie vom Hochheiligen nicht essen dürften, bis ein Priester für die Urim und die Tummim aufstände“ (Esra 2,63). Wir finden also, dass der Hohepriester nicht nur das Gericht der Versammlung vor dem Herrn trug, sondern dass er auch das Urteil des Herrn der Versammlung mitteilte. Das war ein sehr wichtiger und feierlicher Dienst.
Alles das aber besitzen wir in göttlicher Vollkommenheit in unserem „großen Hohenpriester . . . . der durch die Himmel gegangen ist“ (Heb 4,14). Er trägt das Gericht seines Volkes beständig auf seinem Herzen, und Er teilt uns durch den Heiligen Geist die Gedanken Gottes über die kleinsten Fragen unseres täglichen Lebens mit. Wir sind nicht auf Träume oder Gesichte angewiesen; wenn wir uns nur durch den Geist Gottes leiten lassen, dann wird unser großer Hoherpriester uns die gleiche praktische Gewissheit geben, die Er den Israeliten durch die Urim gab. „Und mache das Oberkleid des Ephods ganz aus blauem Purpur . . . Und an seinen Saum mache Granatäpfel aus blauem und rotem Purpur und Karmesin, an seinen Saum ringsum, und Schellen aus Gold zwischen ihnen ringsum; eine Schelle aus Gold und einen Granatapfel, eine Schelle aus Gold und einen Granatapfel an den Saum des Oberkleides ringsum. Und Aaron soll es anhaben, um den Dienst zu verrichten, damit sein Klang gehört werde, wenn er ins Heiligtum hineingeht vor den Herrn und wenn er hinausgeht, damit er nicht sterbe“ (V. 31–35).
Das blaue Oberkleid ist das Sinnbild des ganz und gar himmlischen Charakters unseres großen Hohenpriesters. Er ist in die Himmel eingegangen und für Menschen nicht wahrnehmbar. Aber durch die Kraft des Heiligen Geistes gibt es ein göttliches Zeugnis von dieser Tatsache, dass Er in der Gegenwart Gottes lebt – und nicht nur ein Zeugnis, sondern auch Frucht: „eine Schelle aus Gold und ein Granatapfel, eine Schelle aus Gold und ein Granatapfel“. Das ist eine wunderbare Ordnung: ein treues Zeugnis für die große Wahrheit, dass Jesus allezeit lebt, um sich für uns zu verwenden, wird immer auch mit Fruchtbarkeit in seinem Dienst verbunden sein. „Und mache ein Blech aus reinem Gold und stich darauf mit Siegelstecherei: Heiligkeit dem Herrn! Und tu es an eine Schnur aus blauem Purpur; und es soll an dem Kopfbund sein, an der Vorderseite des Kopfbundes soll es sein. Und es soll auf der Stirn Aarons sein, und Aaron soll die Ungerechtigkeit der heiligen Dinge tragen, die die Kinder Israel heiligen werden bei allen Gaben ihrer heiligen Dinge; und es soll beständig an seiner Stirn sein, zum Wohlgefallen für sie vor dem Herrn“ (V. 36–38). Hier haben wir einen weiteren wichtigen Gedanken.
Das goldene Blech an der Stirn Aarons war ein Bild der Heiligkeit des Herrn Jesus. „Es soll beständig an seiner Stirn sein, zum Wohlgefallen für sie vor dem Herrn.“ Welch eine Ruhe gibt das dem Herzen mitten in all der Unbeständigkeit unserer eigenen Erfahrung! Unser großer Hoherpriester ist „beständig“ in der Gegenwart Gottes für uns. Wir werden durch ihn vertreten und sind in ihm angenehm gemacht. Seine Heiligkeit ist die unsrige. Je klarer wir unsere persönliche Unreinheit und Schwachheit erkennen, je gründlicher wir die demütigende Erfahrung machen, dass in uns nichts Gutes wohnt, umso mehr werden wir mit Anbetung erfüllt und den Gott aller Gnade für die tröstende Wahrheit preisen, die in den Worten enthalten ist: „Es soll beständig an seiner Stirn sein, zum Wohlgefallen für sie vor dem Herrn „.
Manche Gläubige sind so sehr mit ihren eigenen Fehlern, mit ihrer Gleichgültigkeit und Unzufriedenheit beschäftigt, dass sie durch Zweifel und ständige Schwankungen in ihrem geistlichen Zustand beunruhigt werden. Sollte einer der Leser zu diesen Gläubigen gehören, so möge er immer an die wunderbare Wahrheit denken, dass sein großer Hoherpriester ihn vor dem Thron Gottes vertritt.