Behandelter Abschnitt 2. Mose 25,10-16
Die Bundeslade und ihr Inhalt
Die „Lade des Zeugnisses“ nimmt in den Mitteilungen Gottes an Mose die erste Stelle ein, auch hatte sie einen hervorragenden Platz in der Stiftshütte. Eingeschlossen innerhalb des Vorhangs, im Allerheiligsten, bildete sie die Grundlage des Thrones des Herrn. Schon ihr Name deutet auf ihre Wichtigkeit hin. Eine Lade ist dazu bestimmt, das, was man hineinlegt, unversehrt zu erhalten. Ein Lade oder Arche war es, die Noah und seine Familie mit allen Tierarten der Schöpfung vor den Fluten des Gerichts in Sicherheit brachte. Eine solche Lade war auch das „Kästchen von Schilfrohr“, das, wie wir im zweiten Kapitel dieses Buches gesehen haben, als das Gefäß des Glaubens den Knaben Mose über den Wassern des Todes am Leben erhielt. Wenn daher von der „Lade des Bundes“ (4Mo 10,33; 5Mo 31,26; Jer 3,16; Heb 9,4) die Rede ist, denken wir daran, dass diese Lade von Gott dazu bestimmt war, seinen Bund inmitten eines irrenden Volkes unversehrt zu bewahren.
In dieser Lade wurde das zweite Paar der Gesetzestafeln zur Aufbewahrung niedergelegt. Das erste Paar wurde am Fuß des Berges zerbrochen (2Mo 32,19) – zum Zeichen dafür, dass der Bund des Menschen völlig gebrochen war, und dass menschliche Werke niemals die Grundlage des Thrones der Regierung des Herrn bilden konnten. „Gerechtigkeit und Gericht sind die Grundfeste deines Thrones“ (Ps 89,15), sowohl in irdischer als auch in himmlischer Beziehung. Die Lade konnte in ihrem geweihten Raum keine zerbrochenen Tafeln aufnehmen. Der Mensch mochte die Erfüllung seiner aus eigenem Antrieb abgelegten Gelübde gänzlich versäumen, aber Gottes Gesetz musste in seiner Reinheit und Vollkommenheit bewahrt bleiben. Wenn Gott seinen Thron inmitten seines Volkes aufrichten wollte, dann musste dabei seiner Heiligkeit Rechnung getragen werden.
Der Maßstab seines Gerichts und seiner Regierung muss vollkommen sein. „Und mache Stangen aus Akazienholz und überzieh sie mit Gold. Und bring die Stangen in die Ringe an den Seiten der Lade, um die Lade damit zu tragen“ (V. 13.14). Die Bundeslade sollte das Volk auf allen seinen Wanderungen begleiten. Sie ruhte nie, solange die Israeliten ein wanderndes und kämpfendes Volk waren. Sie wurde in der Wüste von Ort zu Ort getragen. Sie ging vor dem Volk her in die Mitte des Jordan, sie war der Sammelplatz Israels in allen Kriegen Kanaans, und überall war sie der sichere und zuverlässige Bürge der Macht Gottes. Der mächtigste Feind vermochte nicht zu bestehen angesichts dieses Zeichens der Macht und Gegenwart Gottes. Auch die Stangen und Ringe an der Lade waren ein Ausdruck ihres Pilgercharakters.
Jedoch sollte die Bundeslade nicht für immer auf der Pilgerschaft sein. Die Mühsal Davids (Ps 132,1) und die Kriege Israels sollten einmal ein Ende nehmen. Das Gebet: „Steh auf, Herr, zu deiner Ruhe, du und die Lade deiner Stärke!“ (Ps 132,8), sollte Erhörung finden. Diese erhabene Bitte fand in den Tagen Salomos eine teilweise Erfüllung. Wir lesen: „Und die Priester brachten die Lade des Bundes des Herrn an ihren Ort, in den Sprachort des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Cherubim; denn die Cherubim breiteten die Flügel aus über den Ort der Lade, und die Cherubim bedeckten die Lade und ihre Stangen von oben her. Und die Stangen waren so lang, dass die Spitzen der Stangen vom Heiligen aus an der Vorderseite des Sprachortes gesehen wurden; aber von außen wurden sie nicht gesehen. Und sie sind dort bis auf diesen Tag“ (1Kön 8,6-8). Die Pilgerschaft der Bundeslade hatte damals ihr Ende erreicht, und „kein Widersacher und kein böser Anschlag“ (1Kön 5,18) waren mehr vorhanden.
Das ist aber nicht der einzige Unterschied zwischen der Bundeslade in der Stiftshütte und der Bundeslade im Tempel. Wenn der Apostel von der Lade in der Wüste redet, beschreibt er sie als „die Lade des Bundes, überall mit Gold überzogen, in der der goldene Krug war, der das Manna enthielt, und der Stab Aarons, der gesprosst hatte, und die Tafeln des Bundes“ (Heb 9,4). Das waren die Dinge, die die Bundeslade während ihrer Wüstenreise enthielt. Der Krug mit Manna, das Denkmal der Treue des Herrn hinsichtlich der Versorgung seiner Erlösten in der Wüste, und der Stab Aarons, „ein Zeichen für die Widerspenstigen“, damit ihrem Murren ein Ende gemacht werde (vgl. 2Mo 16,32-34 und 4Mo 17,25). Aber als die Wanderungen und Kriege Israels aufgehört hatten, als das Haus „überaus groß“ (1Chr 22,5) und vollendet war und die Herrlichkeit Israels ebenso wie die Pracht der Regierung Salomos ihren Höhepunkt erreicht hatte, da verschwanden diese Dinge, die das Volk an seine Bedürfnisse und Fehler in der Wüste erinnerten. Da blieb nur das zurück, was die ewige Grundlage des Thrones des Gottes Israels und der ganzen Erde bildete. „Nichts war in der Lade als nur die beiden steinernen Tafeln, die Mose am Horeb hineinlegte“ (1Kön 8,9).
Aber leider wurde diese Herrlichkeit schon bald durch die Untreue des Menschen und das dadurch hervorgerufene Missfallen Gottes getrübt. Sogar die Ruinen dieser herrlichen Wohnung sollten noch von unbeschnittenen Heiden zertreten werden, und ihre geschwundene Herrlichkeit sollte nach nicht allzu langer Zeit nur die Verachtung der Vorübergehenden wachrufen (1Kön 9,8). Allerdings ist dies jetzt nicht Gegenstand der Betrachtung, und ich beschränke mich auf einen Hinweis auf die letzte Bemerkung, die wir im Wort Gottes über die Bundeslade finden – eine Bemerkung, die uns in jene Zeit versetzt, in der die Sünde und die Torheit des Menschen die Ruhe dieser Lade nicht mehr stören werden. Sie wird dann nicht mehr in einer aus Decken und Vorhängen bestehenden Hütte und auch nicht mehr in einem mit Händen gemachten Tempel eingeschlossen sein. „Und der siebte Engel posaunte: Und es geschahen laute Stimmen in dem Himmel, die sprachen: Das Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus ist gekommen, und er wird herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Und die vierundzwanzig Ältesten, die vor Gott auf ihren Thronen sitzen, fielen auf ihre Angesichter und beteten Gott an und sprachen: Wir danken dir, Herr, Gott, Allmächtiger, der da ist und der da war, dass du deine große Macht angenommen hast und die Herrschaft angetreten hast! Und die Nationen sind zornig geworden, und dein Zorn ist gekommen und die Zeit der Toten, gerichtet zu werden, und den Lohn zu geben deinen Knechten, den Propheten, und den Heiligen und denen, die deinen Namen fürchten, die Kleinen und die Großen, und die zu verderben, die die Erde verderben. Und der Tempel Gottes, der in dem Himmel ist, wurde geöffnet, und die Lade seines Bundes wurde in seinem Tempel gesehen; und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner und ein Erdbeben und ein großer Hagel“ (Off 11,15–19).