Behandelter Abschnitt 2Mo 16,12
Die Nahrung des Christen
Dieses Manna war allerdings ein eigentümliches Nahrungsmittel, das einem Ägypter niemals zusagen würde und von dem er auch nicht leben könnte; aber diejenigen, die „in der Wolke und in dem Meer getauft“ waren und in Übereinstimmung mit dieser Taufe lebten, konnten Geschmack daran finden und sich auch davon ernähren. Ebenso ist es jetzt mit den wahren Gläubigen. Ein Mensch dieser Welt kann nicht begreifen, wie ein Gläubiger lebt. Sowohl das Leben des Gläubigen selbst, als auch das, wodurch er erhalten wird, sind dem Blick des natürlichen Menschen verborgen, denn dieses Leben ist Christus, und auch die Kraft dieses Lebens ist Christus.
Ein Christ lebt durch Glauben von der Vortrefflichkeit dessen, der „über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm 9,5), der aber „Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist“ (Phil 2,7). Er sieht, wie Er aus der Gegenwart des Vaters zum Kreuz und vom Kreuz zum Thron ging, und er findet in ihm, in jedem Abschnitt seines Lebens, die Speise für den „inneren Menschen“ (Eph 3,16). Die Umgebung des Christen ist zwar Ägypten, aber doch erlebt er sie nur als eine dürre Wüste, die dem erneuerten Geist nichts bieten kann; und in dem Maß, wie seine Seele dort Nahrung findet, werden seine Fortschritte im geistlichen Leben gehemmt. Die einzige Speise, die Gott für uns bereitet hat, ist das Manna, und jeder Gläubige sollte ein echtes Verlangen nach dieser Speise haben.
Es ist sehr traurig, wenn man Christen findet, die den Dingen dieser Welt nachjagen. Es beweist deutlich, dass sie des himmlischen Mannas überdrüssig geworden sind und es als eine „elende Speise“ betrachten. Sie dienen dem, was sie töten sollten. Unser neues Leben kann nur dann wirksam sein, wenn wir gleichzeitig den „alten Menschen mit seinen Handlungen“ ausziehen (Kol 3,9), und je mehr das verwirklicht wird, umso größer wird das Verlangen nach dem wahren Manna. Wie im täglichen Leben jede Anstrengung unseren Appetit steigert, so vermehrt sich auch im geistlichen Leben das Bedürfnis, uns von Christus zu ernähren, wenn wir unser neues Leben wirken lassen. Zu wissen, dass wir in Christus das Leben besitzen, verbunden mit einer völligen Vergebung und Annahme bei Gott, ist eine Sache.
Aber etwas ganz anderes ist es, gewohnheitsgemäß in Gemeinschaft mit ihm zu sein und in ihm allein Speise für die Seele zu finden. Viele bekennen, Vergebung und Frieden in Jesus gefunden zu haben, und doch haben sie in ihrem praktischen Leben vollauf Genüge an allerlei Dingen, die in keiner Verbindung mit Christus stehen. Sie nähren ihren Geist mit politischen Kommentaren oder geistlosen Erzeugnissen der Tagesliteratur. Finden sie dort Christus? Teilt uns der Heilige Geist dadurch etwas von Christus mit? Ist das das himmlische Manna, das Gott seinen Erlösten in der Wüste zur Nahrung gibt? Nein; an diesen Dingen kann nur unsere alte Natur Freude finden. Wie könnte ein Christ von ihnen leben? Das Wort Gottes belehrt uns, dass der Gläubige zwei Naturen in sich trägt, und wir möchten fragen: Welche von diesen beiden Naturen findet ihre Nahrung in der Literatur dieser Welt? Die Antwort ist nicht schwer. Welche aber von beiden möchte ich stärken?
Mein praktisches Leben wird die beste Antwort auf diese Frage geben. Wenn ich aufrichtig wünsche, im göttlichen Leben zu wachsen, wenn es mein wichtigstes Ziel ist, Christus gleichförmig zu werden und für ihn zu leben, wenn ich ernsthaft danach trachte, dass das Reich Gottes in meinem Innern Fortschritte macht, dann werde ich auch nur die Nahrung suchen, die Gott zur Förderung meines geistlichen Wachstums bereitet hat. Das ist sehr einfach. Die Handlungen eines Menschen sind der beste Maßstab für seine Wünsche und Absichten. Wenn ich jemanden finde, der ein Christ sein will, aber seine Bibel vernachlässigt, während er genug Zeit findet und oft seine besten Stunden dazu verwendet, Zeitungen zu lesen, so kann es mir nicht schwerfallen, den wahren Zustand seiner Seele zu beurteilen. Ein solcher Christ kann nicht geistlich sein, kann sich auch nicht von Christus nähren, nicht für ihn leben oder von ihm zeugen.
Wenn ein Israelit es versäumt hätte, morgens seine tägliche Ration der für ihn bestimmten Nahrung zu sammeln, dann hätte ihm bald die Kraft gefehlt, seine Reise fortzusetzen. Ebenso ist es mit uns. Wenn nicht Christus der Hauptinhalt unseres Lebens ist, dann wird zwangsläufig unser geistliches Wachstum verhindert. Selbst Gefühle und Erfahrungen, die mit Christus in Verbindung stehen, können nicht unsere geistliche Nahrung ausmachen, weil sie veränderlich und ständigen Schwankungen unterworfen sind. Christus war es gestern, und Er muss es heute und in alle Ewigkeit sein. Es geht auch nicht an, dass wir uns teils von Christus und teils von anderen Dingen nähren. Nur Christus kann das Leben geben, und nur Er kann es erhalten.
Es ist wohl wahr, dass wir uns, wie es in dem „Getreide (oder Erzeugnis) des Landes“ (siehe Jos 5) bildlich gezeigt wird, schon jetzt im Glauben von dem auferstandenen und verherrlichten Christus nähren können, der aufgrund der vollbrachten Erlösung in den Himmel zurückgekehrt ist. Und nicht nur das, sondern wir wissen auch, dass die Erlösten, wenn sie jenseits des Jordans die Herrlichkeit, die Ruhe und die Unsterblichkeit erreicht haben, mit der Speise der Wüste zum Abschluss gekommen sind. Aber mit Christus werden sie nicht zum Abschluss gekommen sein, noch mit der Erinnerung an das, was einst in der Wüste ihre Nahrung war.