Behandelter Abschnitt 2. Mose 12,3-6
Das Passahlamm
„Redet zu der ganzen Gemeinde Israel und sprecht: Am Zehnten dieses Monats, da nehme sich ein jeder ein Lamm für ein Vaterhaus, ein Lamm für ein Haus . . . Ein Lamm ohne Fehl sollt ihr haben, ein männliches, einjährig; von den Schafen oder von den Ziegen sollt ihr es nehmen. Und ihr sollt es in Verwahrung haben bis zum vierzehnten Tag dieses Monats, und die ganze Versammlung der Gemeinde Israel soll es schlachten zwischen den zwei Abenden“ (V. 3–6). Hier haben wir die Erlösung des Volkes; sie ist gegründet auf das Blut des Lammes nach dem ewigen Ratschluss Gottes und darum auch von ewiger Beständigkeit.
Die Erlösung nimmt in den Gedanken Gottes den ersten Platz ein; sie ist nicht erst in späterer Zeit von ihm beschlossen worden. Bevor die Welt, bevor Satan, bevor die Sünde war, bevor je die Stimme Gottes das Schweigen der Ewigkeit brach und die Welten ins Dasein rief, bestanden seine tiefen Ratschlüsse der Liebe. Diese Ratschlüsse konnten allerdings in der Schöpfung niemals eine sichere Grundlage finden; denn alle Segnungen und Herrlichkeiten der Schöpfung gründeten sich auf den Gehorsam eines Geschöpfes; und sobald dieser Gehorsam fehlte, war alles verloren. Doch den Versuch Satans, die Schöpfung zu verderben, nahm Gott zum Anlass, seine tiefere Absicht, die Erlösung, zu offenbaren.
Diese Wahrheit wird uns im Bild dadurch vor Augen gestellt, dass das Lamm vom zehnten bis zum vierzehnten Tag in Verwahrung blieb. Dass dieses Lamm ein Bild von Christus ist, steht außer Zweifel, denn wir lesen in 1. Korinther 5,7: „Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet worden“; und in 1. Petrus 1,18-20: „Indem ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken; der zwar zuvorerkannt ist vor Grundlegung der Welt, aber offenbart worden ist am Ende der Zeiten um euretwillen.“
Von Ewigkeit her war Christus der Inhalt aller Vorsätze Gottes, und keiner Anstrengung des Feindes ist es je gelungen, sie infrage zu stellen; vielmehr dienten diese Anstrengungen nur zur Entfaltung der unergründlichen Weisheit und der unerschütterlichen Festigkeit der Ratschlüsse Gottes. Wenn das „Lamm ohne Fehl und ohne Flecken . . . vor Grundlegung der Welt zuvorerkannt“ war, dann muss die Erlösung sicher schon vor Grundlegung der Welt in den Gedanken Gottes gewesen sein. Der erhabene Gott brauchte nicht innezuhalten, um einen Plan zur Heilung des schrecklichen Übels zu entwerfen, das Satan in die Schöpfung gebracht hatte; Er brauchte nur aus dem unerforschlichen Reichtum seiner Weisheit die Ratschlüsse in Bezug auf das Lamm zu enthüllen, welches von Ewigkeit her zuvorerkannt war und am Ende der Zeiten um unsertwillen offenbart werden sollte.
Das Blut des Lammes war noch nicht nötig, als die Schöpfung gerade erst aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen war und in jedem ihrer Teile den Abdruck seiner Herrlichkeit, die unwiderlegbaren Beweise seiner ewigen Kraft und Göttlichkeit (Röm 1) an sich trug. Als aber dann „durch einen Menschen“ (Röm 5,12) die Sünde in die Welt gekommen war, trat der vollkommenere und herrlichere Gedanke der Erlösung durch das Blut des Lammes in den Vordergrund. Er war schon erkennbar, als das erste Menschenpaar aus dem Garten Eden vertrieben wurde; er schimmerte auch durch die Bilder und Schatten der mosaischen Haushaltung; in voller Klarheit aber wurde er vor der ganzen Welt ans Licht gebracht, als Gott persönlich in die Welt kam, „offenbart im Fleisch“ (1Tim 3,16). Und schließlich wird die Erlösung vollendet sein, wenn die unzählige Menge der Erlösten in weißen Gewändern vor dem Thron Gottes und des Lammes steht und die ganze Schöpfung unter dem Friedenszepter des Sohnes Davids ruht.
In dem Lamm, das am zehnten Tag herbeigeholt und bis zum vierzehnten Tag aufbewahrt wurde, sehen wir also Christus, von Ewigkeit her von Gott zuvorerkannt und um unsertwillen in den letzten Tagen offenbart worden. Der ewige Vorsatz Gottes in Christus wird die Grundlage zum Frieden für den Gläubigen. Nichts weniger als das konnte genügen. Dieser Vorsatz Gottes liegt außerhalb der Schöpfung und der Zeit, er bestand weit vor dem Eintritt der Sünde in die Welt und vor allem, was irgendwie die Grundlage unseres Friedens antasten könnte. Der Ausdruck „zuvorerkannt vor Grundlegung der Welt“ führt uns zurück in die unergründlichen Tiefen der Ewigkeit und zeigt uns, wie Gott seine Ratschlüsse der erlösenden Liebe bildet und sie auf das versöhnende Blut seines eigenen fleckenlosen Lammes gründet. Von Ewigkeit her hatte Christus den ersten Platz im Herzen und in den Gedanken Gottes; und deshalb stellte Gott ihn in Schatten und Bildern dar, sobald Er zu reden oder zu handeln begann. Wenn wir die inspirierten Mitteilungen der Bibel untersuchen, finden wir in jeder Zeremonie, in jeder Vorschrift und in jedem Opfer das „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt“ (Joh 1,29). Nirgends aber tritt es uns deutlicher entgegen als im Passah. Das Passahlamm mit all den Besonderheiten, die seine Opferung begleiteten, ist eins der lehrreichsten Bilder der Heiligen Schrift.
Es geht in diesem Kapitel eigentlich um eine Versammlung und ein Opfer. „Und die ganze Versammlung der Gemeinde Israel soll es schlachten zwischen den zwei Abenden“ (V. 6). Es handelt sich nicht so sehr um eine Anzahl von Familien mit verschiedenen Lämmern (obwohl das natürlich auch wahr ist) als vielmehr um eine einzige Versammlung und ein einziges Lamm. Jedes Haus bildete nur den örtlichen Ausdruck der ganzen, um das Lamm versammelten Gemeinde. Das Gegenbild hiervon haben wir in der ganzen Versammlung Gottes, die durch den Heiligen Geist im Namen Jesu gesammelt wird und von der jede einzelne Versammlung, wo sie auch zusammenkommen mag, der örtliche Ausdruck sein sollte.