Behandelter Abschnitt Mk 15,25-26
„Es war aber die dritte Stunde, und sie kreuzigten ihn. Und als Aufschrift mit seiner Beschuldigung war angeschrieben: Der König der Juden“ (V. 25–26). Der Ausdruck ist im Markusevangelium außergewöhnlich kurz. Er erwähnt nur den Anklagepunkt seiner Beschuldigung und nicht wie ich annehme, den ganzen Wortlaut. Die anderen Evangelien geben unterschiedliche Wortlaute. Es mag sein, dass die Unterschiede auf die verschiedenen Sprachen zurückzuführen sind – der eine Text wurde dann in der einen, der andere in einer anderen Sprache geschrieben. Wenn letzteres der Fall war, dann gibt Markus uns nur den Inhalt an. Matthäus hätte uns dann natürlich die hebräische Form übermittelt und Lukas die griechische, denn sein Evangelium war vor allem für die Nicht-Juden, wie das des Matthäus für die Juden.
Johannes überlieferte uns demnach den lateinischen Text in der Sprache des Weltreiches, unter welchem er später selbst leiden sollte. In Offenbarung 1 berichtet er, wie dieses Weltreich den Knecht verfolgte, so wie er in seinem Evangelium darstellt, wie es den Meister behandelt hatte; und Lateinisch war die Sprache des römischen Imperiums. Auch wenn die geringen Abweichungen in den Berichten von der Überschrift in den einzelnen Evangelien auf den verschiedenen Sprachen, in welchen die Beschuldigungsschrift geschrieben war, beruhen mögen, so wissen wir auf jeden Fall, dass wir die vollständige göttliche Wahrheit erhalten, wenn wir die einzelnen Berichte miteinander vergleichen. Von allen möglichen Vorschlägen, diese unterschiedlichen Schattierungen in den Darstellungen der Überschrift zu erklären, erscheint keiner Gottes weniger würdig und weniger vernünftig zu sein als die Annahme, dass man sie auf Unwissenheit oder Nachlässigkeit zurückführen müsse. Jeder Evangelist schrieb ausschließlich unter der Kraft des Heiligen Geistes; und das Ergebnis aller Evangelien ist die vollkommene Wahrheit Gottes.