Am Ende dieses Eintrages finden sich noch die "Betrachtungen über die Johannesbriefe" von JND
Behandelter Abschnitt 1Joh 2
Der Apostel schrieb den Gläubigen von dem, was auf die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn Bezug hat, damit ihre Freude völlig sei. Von der Offenbarung der Natur Gottes aber, die er von Dem empfangen hatte, der das Leben vom Himmel war, schrieb er, damit sie nicht sündigten (V. 1). Das setzt voraus, dass sie sündigen konnten. Nicht als ob sie es notwendig hätten tun müssen; denn das Vorhandensein der Sünde im Fleisch zwingt uns keineswegs, nach dem Fleisch zu wandeln. Aber wenn es vorkommen sollte, dass wir sündigen, so ist durch die Gnade Vorsorge getroffen, dass Gnade in Tätigkeit tritt, damit wir weder verloren gehen, noch auch aufs Neue unter das Gesetz gestellt werden. Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, jemand, der unsere Sache droben vertritt, aber nicht um Gerechtigkeit zu erwerben oder um uns aufs Neue von unseren Sünden zu waschen. Alles das ist geschehen. Göttliche Gerechtigkeit hat uns in das Licht gestellt, geradeso wie Gott selbst im Licht ist. Aber die Gemeinschaft wird unterbrochen, sobald nur ein leichtsinniger Gedanke in unserem Herzen Raum findet, denn dieser Gedanke ist vom Fleisch, und das Fleisch hat keine Gemeinschaft mit Gott. Wenn die Gemeinschaft unterbrochen ist, wenn wir gesündigt haben (nicht wenn wir unseren Fehltritt schon bereut haben, denn die Fürsprache Christi leitet uns erst zur Buße), verwendet sich Christus für uns. Gerechtigkeit ist stets vor Gott gegenwärtig, unsere Gerechtigkeit, „Jesus Christus, der Gerechte“, indem also weder die Gerechtigkeit noch der Wert der Sühnung für die Sünde verändert sind, handelt die Gnade - man kann sagen, notwendigerweise - kraft dieser Gerechtigkeit und dieses Blutes, das vor Gott ist, sie wirkt infolge der Fürbitte Jesu, der uns niemals vergisst, um uns mittels der Buße wieder in die Gemeinschaft zurückzuführen. So betete Jesus, während Er noch auf Erden war, für Petrus, ehe dieser gesündigt hatte; dann warf Er ihm im geeigneten Augenblick einen Blick zu, und Petrus bereute und beweinte seinen Fehltritt bitterlich. Hernach tat der Herr alles, was nötig war, um Petrus dahin zu führen, auch die Wurzel seiner Sünde zu richten; doch alles ist Gnade.
Geradeso ist es in unserem Fall. Die göttliche Gerechtigkeit bleibt die unveränderliche Grundlage unserer auf das Blut Christi gegründeten Beziehungen zu Gott. Wenn die Gemeinschaft, die nur im Licht bestehen kann, unterbrochen ist, so stellt die Fürsprache Christi, die kraft seines Blutes Gültigkeit hat (denn es ist auch Sühnung für die Sünde getan worden), die Seele wieder her, damit sie die Gemeinschaft mit Gott wieder genieße, dem Licht gemäß, in das die Gerechtigkeit sie eingeführt hat7. Diese Sühnung ist für die ganze Welt geschehen, nicht für die Juden allein, noch mit Ausschluss irgendjemandes, sondern für die ganze Welt, indem Gott in seiner Natur durch den Tod Christi vollkommen verherrlicht worden ist.
Drei Hauptpunkte - oder wenn man will, zwei Hauptpunkte und eine Ergänzung, nämlich die Fürsprache - sind es also, welche die Einleitung, die Lehre unseres Briefes bilden. Alles Übrige ist eine erfahrungsmäßige Anwendung dessen, was dieser Teil enthält. Die drei Punkte sind folgende.- 1. Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn, nachdem das Leben uns geschenkt ist; 2. die Natur Gottes: Er ist Licht, und das beweist, wie falsch jede Behauptung ist, Gemeinschaft mit dem Licht zu haben, wenn man in der Finsternis wandelt; 3. angesichts der Tatsache, dass Sünde in uns ist und dass wir noch fehlen können, obwohl wir vor Gott gereinigt sind, um uns des Lichtes erfreuen zu können, gibt es eine Fürsprache, die Jesus Christus, der Gerechte, aufgrund der Gerechtigkeit, die stets in der Gegenwart Gottes ist, und aufgrund des für unsere Sünden vergessenen Blutes beständig vor Gott üben kann, um unsere Gemeinschaft mit Ihm wiederherzustellen, wenn wir sie durch unsere sträfliche Nachlässigkeit verloren haben.
Der Geist geht jetzt dazu über, die Kennzeichen dieses göttlichen Lebens zu entwickeln. Wir sind geheiligt zu dem Gehorsam Jesu Christi, d. h. um nach denselben Grundsätzen zu gehorchen, nach denen Er gehorcht hat, wobei der Wille seines Vaters sowohl den Beweggrund als auch die Richtschnur seines Handelns bildete. Es ist der Gehorsam eines Lebens, für das es Speise und Trank war, den Willen Gottes zu tun, jedoch nicht um dadurch Leben zu erlangen, wie einst unter dem Gesetz. Das Leben Jesu Christi war ein Leben des Gehorsams, in dem Er die Liebe seines Vaters vollkommen genoss - ein Leben, das in allem auf die Probe gestellt und auf diese Weise als vollkommen erwiesen wurde. Seine Worte, seine Gebote waren der Ausdruck dieses Lebens: sie regieren dieses Leben in uns und sollten über uns die ganze Autorität Dessen ausüben, der sie ausgesprochen hat.
Das Gesetz verhieß denen das Leben, die seinen Geboten gehorchen würden. Christus ist das Leben. Dieses Leben ist uns den Gläubigen, mitgeteilt worden. Somit muss es durch die Worte, die der Ausdruck dieses Lebens (in seiner Vollkommenheit in Jesu) waren, in uns regiert und geleitet werden, und zwar gemäß jener Vollkommenheit. Außerdem hat es Autorität über uns. Die Gebote des Herrn sind der Ausdruck desselben. Wir haben deshalb zu gehorchen und „zu wandeln, wie er gewandelt hat“; das sind die beiden Formen des praktischen Lebens. Es genügt nicht, gut zu wandeln; man muss gehorchen, denn eine Autorität ist vorhanden. Das ist der wesentliche Grundsatz eines richtigen Wandels. Andererseits ist der Gehorsam des Christen, wie es an demjenigen Christi selbst klar zu sehen ist, nicht das, was wir oft denken. Wir nennen ein Kind gehorsam, wenn es sich, obwohl es einen eigenen Willen hat, unterwirft, sobald die Autorität der Eltern dazwischen tritt, um es zu verhindern, seinem eigenen Willen zu folgen. Christus aber gehorchte niemals in dieser Weise. Er kam, um den Willen Gottes zu tun. Gehorsam war die Art seines Seins. Der Wille seines Vaters war der Beweggrund und, in Verbindung mit der Liebe, die nie davon getrennt war, der einzige Beweggrund einer jeden Handlung und eines jeden Antriebes. Das ist, im eigentlichen Sinn des Wortes, christlicher Gehorsam. Es ist ein neues Leben, das seine Freude darin findet, den Willen Christi zu tun, indem es seine völlige Autorität über sich anerkennt. Wir halten uns allem anderen für gestorben, wir leben Gott und gehören nicht mehr uns selbst an. Wir kennen Christus nur insoweit, wie wir leben durch sein Leben. Denn das Fleisch kennt Ihn nicht und kann sein Leben nicht verstehen. Da also dieses Leben Gehorsam ist, so ist derjenige, der sagt: „ich kenne ihn“, und hält seine Gebote nicht, ein Lügner, und die Wahrheit ist nicht in ihm (V. 4). Johannes sagt hier nicht, dass ein solcher „sich selbst betrüge“, denn es ist wohl möglich, dass er sich nicht betrügt, wie in dem anderen Fall in Kapitel 1, 8, wo es sich um eine eingebildete Gemeinschaft handelt; denn hier ist der Wille in Tätigkeit, und das weiß ein solcher, wenn er es bekennen will. Aber die Wirklichkeit fehlt; er ist ein Lügner, und die Wahrheit in der Erkenntnis Jesu, die er bekennt, ist nicht in ihm.
Es gibt hier zweierlei zu bemerken: Erstens, dass Johannes die Dinge stets so nimmt, wie sie in sich selbst sind, auf eine abstrakte Weise, ohne die Beschränkungen, die durch andere Umstände verursacht werden, in deren Mitte jene Dinge sich finden oder zu denen sie in Beziehung stehen. Zweitens, dass die Folgerungen, die der Apostel zieht, nicht eine Kette von äußeren Schlüssen bilden, deren Beweiskraft naturgemäß auf der Oberfläche des Beweises liegt. Er geht vielmehr von einem großen inneren Grundsatz aus, so dass man die Kraft seiner Beweise nicht verstehen kann, ohne das Vorhandensein jenes Grundsatzes und selbst dessen Tragweite zu kennen, und insonderheit ohne zu wissen, was das Leben Gottes in seiner Natur, in seinem Charakter und in seiner Tätigkeit ist. Wer dieses Leben nicht besitzt, versteht nichts davon und kann nichts davon verstehen. Allerdings sagt ihm die Autorität des Wortes und des Apostels, dass die Sache sich also verhält, und das ist genug; aber die Gedankenverbindung versteht er nicht, weil er eben das Leben nicht besitzt, das die Worte des Apostels auslegt oder erklärt und selbst von dem Gesagten ausgelegt wird.
Kehren wir jetzt zu dem Text zurück: „Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet“ (V. 5). Auf diese Weise wissen wir also, dass wir Ihn kennen. Der Ausdruck: „Sein Wort“ hat einen etwas weiteren Sinn als „Seine Gebote“; das will sagen: obwohl es in gleicher Weise den Gehorsam einschließt, ist „das Wort“ doch weniger äußerlich. Bei dem Ausdruck „Seine Gebote“ wird der Gedanke mehr auf die Einzelheiten des göttlichen Lebens gelenkt, während „Sein Wort“ den ganzen Ausdruck desselben, den Geist dieses Lebens, in sich begreift8. Es ist allgemein und unbedingt. Dieses Leben nun ist das göttliche Leben, das in Jesus offenbart und uns mitgeteilt worden ist. Haben wir es in Christus gesehen? Zweifeln wir daran, dass dieses Leben Liebe war und dass die Liebe Gottes darin offenbart worden ist? Wenn ich daher sein Wort bewahre, und auf diese Weise die ganze Tragweite und Bedeutung des Lebens, das in diesem Wort zum Ausdruck kommt, verstanden und verwirklicht wird, so ist die Liebe Gottes in mir vollendet. Der Apostel spricht, wie wir gesehen haben, immer in abstrakter Weise. Wenn ich in irgendeinem Augenblick auf „Sein Wort“ tatsächlich nicht achte, so verwirkliche ich in dem betreffenden Punkte seine Liebe nicht; die glückselige Gemeinschaft mit Gott ist unterbrochen. Aber insoweit ich ausschließlich durch sein Wort getrieben und geleitet werde, ist seine Liebe völlig in mir verwirklicht; denn sein Wort drückt aus, was Er ist, und dieses Wort bewahre ich. Das ist die bewusste Gemeinschaft mit seiner Natur in ihrer Fülle - einer Natur, an der ich teilhabe; so weiß ich, dass Er vollkommene Liebe ist, ich bin mit ihr erfüllt, und dies zeigt sich in meinen Wegen. Denn jenes Wort, das ich bewahre, ist der vollkommene Ausdruck seiner selbst9. Wir wissen folglich auf diese Weise, dass wir in Ihm sind, denn wir verwirklichen, was Er ist, in der Gemeinschaft seiner Natur. Wenn wir aber sagen, dass wir in Ihm bleiben, so ist es nach der soeben von dem Apostel gegebenen Unterweisung klar, dass wir schuldig sind, auch so zu wandeln, wie Er gewandelt hat. Unser Wandel ist der praktische Ausdruck unseres Lebens, und dieses Leben ist Christus, gekannt in seinem Wort. Und weil wir Ihn durch sein Wort kennen, so sind wir, die wir dieses Leben besitzen, offenbar verantwortlich, dem Wort zu folgen, das heißt, so zu wandeln, wie Er gewandelt hat; denn dieses Wort ist der Ausdruck seines Lebens. Insoweit ist also der Gehorsam, als Gehorsam, das sittliche Kennzeichen des Lebens Christi in uns. Und er ist der Beweis von dem, was im Christentum unzertrennlich von dem Leben Christi in uns ist.- wir sind in Ihm (vgl. Joh 14,20). Wir wissen nicht nur, dass wir Ihn kennen, sondern dass wir in Ihm sind. Der Genuss der vollkommenen Liebe Gottes auf dem Pfad des Gehorsams gibt uns durch den Heiligen Geist das Bewusstsein, dass wir in Ihm sind. Allerdings kann ich, wenn ich in Ihm bin, nicht sein, was Er war - denn Er war ohne Sünde -, aber ich sollte so wandeln, wie Er gewandelt hat. Hieran weiß ich, dass ich in Ihm bin. Wenn ich bekenne, dass ich in Ihm bleibe, dass mein Herz und mein Geist ganz und gar dort sind, so sollte ich so wandeln, wie Er gewandelt hat. So also sind der Gehorsam, als ein Grundsatz, und das Bewusstsein, dass ich in Ihm bin - indem ich sein Wort halte und die Liebe Gottes auf diese Weise in mir vollendet ist - die bildenden Grundsätze und Charakterzüge unseres Lebens.
In den Versen 7 und 8 werden uns die beiden Formen der Richtschnur dieses Lebens, die zugleich den zwei soeben bezeichneten Grundsätzen entsprechen, vorgestellt. Nicht ein neues Gebot schreibt der Apostel den Gläubigen, sondern ein altes Gebot. Es ist das Wort Christi von Anfang. Wenn es nicht so wäre, wenn es in diesem Sinn neu wäre - um so schlimmer für den, der es verkündigte; denn es wäre dann nicht mehr der Ausdruck des vollkommenen Lebens Christi selbst, sondern irgendetwas anderes, oder eine Fälschung dessen, was Christus verkündigt hatte. Das entspricht dem ersten Grundsatz, nämlich dem Gehorsam Geboten gegenüber, den Geboten Christi. Was Er sagte, war der Ausdruck dessen, was Er war. Er konnte gebieten, dass sie einander liebten, so wie Er sie geliebt hatte (vgl. die Seligpreisungen).
In einem anderen Sinn war das Gebot neu; denn der Geist Gottes tat (indem wir durch die Kraft des Geistes Christi mit Christo vereinigt sind und unser Leben aus Ihm schöpfen) die Wirkung dieses Lebens dadurch kund, dass Er in einer ganz neuen Weise einen verherrlichten Christus offenbarte. Jetzt aber war es nicht mehr ein bloßes Gebot, sondern wie die Sache selbst wahr war in Christus, so war sie auch wahr in den Seinigen, weil diese teilhatten an seiner Natur und in Ihm waren, und Er in ihnen. Durch diese Offenbarung und durch die Gegenwart des Heiligen Geistes verschwand die Finsternis, sie verging10, und das wahrhaftige Licht leuchtete tatsächlich. Es wird kein anderes Licht im Himmel geben; nur dass es dort in völlig geoffenbartem, herrlichem Glanz, ohne Wolken, strahlen wird.
Im 9. Verse zeigt es sich, wie in Johannes 1,4, dass das Leben das Licht der Menschen ist, nur dass es jetzt für den Glauben um so heller scheint, weil Christus „hingegangen“ ist; denn das Licht strahlt am hellsten durch den zerrissenen Vorhang hindurch. Von der Behauptung, Ihn zu kennen und in Ihm zu sein, ist bereits gesprochen, worden; wir kommen jetzt zu derjenigen, in dem Licht zu sein, und zwar bevor der Heilige Geist im einzelnen die Eigenschaften dieses Lebens dazu benutzt, um den Herzen der Gläubigen das Vorhandensein desselben zu beweisen, als Antwort auf die Anstrengungen der Verführer, welche die Christen durch neue Lehren zu schrecken suchten, als ob sie nicht wirklich das Leben, und mit dem Leben den Vater und den Sohn, besäßen. Das wahre Licht leuchtet jetzt. Und dieses Licht ist Gott, es ist die göttliche Natur; und als ein Mittel, die Verführer selbst zu verurteilen, stellt der Apostel jetzt eine andere Eigenschaft vor, die mit der Tatsache in Verbindung steht, dass wir im Licht sind, oder mit anderen Worten, dass Gott völlig offenbart ist. Christus war das Licht in der Welt; wir sind dazu gesetzt, es zu sein, insofern wir aus Gott geboren sind. Und wer diese göttliche Natur hat, liebt seinen Bruder; denn ist Gott nicht Liebe? Hat nicht Christus uns geliebt, indem Er sich nicht schämte, uns seine Brüder zu nennen? Kann ich sein Leben und seine Natur haben, wenn ich die Brüder nicht liebe? Nein! Ich wandle dann in der Finsternis, ich habe kein Licht für meinen Pfad. Wer seinen Bruder liebt, bleibt in dem Licht, die Natur Gottes wirkt in ihm, und er bleibt in dem Licht des geistlichen Verständnisses dieses Lebens, in der Gegenwart und Gemeinschaft Gottes. Wenn jemand hasst, so ist es klar, dass er kein göttliches Licht besitzt. Wie könnte er mit Gefühlen, die einer Gott völlig entgegen gesetzten Natur entsprechen, im Licht sein?
Überdies ist in einem, der liebt, kein Anlass zum Ärgernis, denn er wandelt dem göttlichen Licht gemäß. Es gibt in ihm nichts, das einen anderen zum Straucheln bringen könnte; denn die Offenbarung der Natur Gottes in Gnade tut das sicherlich nicht; und gerade das ist es, was in dem, der seinen Bruder liebt, zur Offenbarung kommt11.
Hiermit schließt der erste, einleitende Teil des Briefes. Er enthält in seiner ersten Hälfte den bevorzugten Platz des Christen, die Botschaft, die uns der Wahrheit gemäß unseren Zustand hienieden schildert, nebst der Vorsorge, die für den Fall eines Fehltritts unsererseits getroffen ist. Dieser Teil endet mit Joh 2,2. In der zweiten Hälfte finden wir die Beweise, die der Christ hat von dem wahrhaftigen Besitz des der Botschaft entsprechenden Vorrechtes: Gehorsam und Liebe zu den Brüdern; er kennt Christus, er ist in Ihm, er genießt die vollkommene Liebe Gottes, er bleibt in Ihm, er ist in dem Licht. Nachdem der Apostel so die beiden großen Grundsätze: Gehorsam und Liebe, als Beweise des Besitzes der göttlichen Natur, eines Christus, der als das Leben gekannt ist, sowie unseres Bleibens in Ihm aufgestellt hat, wendet er sich persönlich an die Christen und zeigt uns in einer eingeschalteten, aber überaus wichtigen Anrede die christliche Stellung auf dem Boden der Gnade in drei verschiedenen Graden der Reife.
Zunächst nennt er alle Christen, an die er schrieb „Kinder“. Es ist ein Zärtlichkeitsausdruck seitens des liebenden und bejahrten Apostels. Und wie er ihnen (Kap. 2, 1) geschrieben hatte, damit sie nicht sündigen möchten, so schreibt er ihnen auch, weil ihnen alle ihre Sünden vergeben waren um des Namens Jesu willen (V. 12). Das war das gewisse Teil aller Christen, das was Gott ihnen verliehen hatte, indem Er ihnen den Glauben schenkte, damit sie Ihn verherrlichen möchten. Johannes lässt keinen Zweifel über die Tatsache aufkommen, dass ihre Sünden vergeben waren; er schreibt ihnen, weil sie vergeben waren.
Dann finden wir drei Klassen von Christen: Väter, Jünglinge und Kinder. Der Apostel wendet sich zweimal an jede dieser Klassen: zum ersten Mal in Vers 13 an alle drei; dann in der ersten Hälfte des 14. Verses an die Väter; von der zweiten Hälfte desselben Verses bis zum Schluss des 17. an die Jünglinge; und endlich von Vers 18 bis 27 an die Kinder12. In Vers 28 kommt der Apostel wieder auf alle Christen zurück, indem er sie wieder mit „Kinder“ anredet.
Was die „Väter“ in Christus kennzeichnet, ist, dass sie Den erkannt haben, der von Anfang ist, das ist Christus. Das ist alles, was der Apostel von ihnen zu sagen hat. Darauf war alles hinausgelaufen. Er wiederholt nur dasselbe noch einmal, wenn er sich von neuem mit etwas veränderter Ausdrucksweise an alle drei Klassen wendet. Die Väter haben Christus erkannt; das ist das Ergebnis aller christlichen Erfahrung. Das Fleisch ist gerichtet, es ist erkannt worden, wo immer es sich in unseren Gefühlen mit Christus vermischte; die Erfahrung hat uns gelehrt, dass es keinen Wert hat, und als Ergebnis der Erfahrungen bleibt Christus allein übrig, frei von aller Beimischung. Die Väter haben gelernt, zu unterscheiden, was nur den Schein des Guten hat. Sie beschäftigen sich nicht mit Erfahrungen, denn das hieße, sich mit sich selbst, mit dem eigenen Herzen, beschäftigen. Alles das ist vorüber, und Christus allein bleibt das Teil der Seele, frei von jeder fremden Beimischung, ja, so wie Er sich uns gegeben hat. Ferner kennen die Väter Christus weit besser; sie haben in so vielen Einzelheiten erfahren, was Er ist, sei es in der Freude seiner Gemeinschaft oder in dem Bewusstsein ihrer Schwachheit, sei es in der Erfahrung seiner Treue und Liebe sowie der Reichtümer seiner Gnade, oder in der Art und Weise, wie Er sich unseren Bedürfnissen anpasst, und in der Offenbarung seiner eigenen Fülle, so dass sie jetzt sagen können: „Ich weiß, an wen ich geglaubt habe.“ Das ist der Charakter der „Väter“ in Christus.
Die „Jünglinge“ bilden die zweite Klasse. Sie unterscheiden sich durch geistliche Kraft im Kampf, durch die Energie des Glaubens; sie haben den Bösen überwunden. Denn der Apostel redet von ihrem Charakter als solchen, die in Christus sind. Sie haben als solche Kampf, aber die Kraft Christi offenbart sich in ihnen.
Die dritte Klasse sind die „Kinder“. Diese kennen den Vater. Wir sehen hier, dass der Geist der Sohnschaft und der Freiheit das kleinste Kind im Glauben an Christus kennzeichnet, und dass das nicht etwa das Ergebnis des Fortschritts ist. Nein, es ist der Anfang. Wir besitzen es, weil wir Christen sind, und es ist stets das unterscheidende Merkmal der Anfänger. Die Jünglinge und Väter haben es nicht verloren, aber sie werden durch andere Dinge gekennzeichnet.
Bei seiner zweiten Anrede an diese drei Klassen von Christen wiederholt der Apostel, wie wir schon bemerkt haben, im Blick auf die „Väter“ nur das, was er schon vorher gesagt hat (V. 14). Es ist das volle Ergebnis des christlichen Lebens.
Hinsichtlich der „Jünglinge“ (V. 14-17) entwickelt er seinen Gedanken näher und fügt einige Ermahnungen hinzu. „Ihr seid stark“, sagt er, „und das Wort Gottes bleibt in euch.“ Das ist ein wichtiges Kennzeichen. Das Wort ist die Offenbarung Gottes an das Herz und gleichsam die Anwendung Christi auf dasselbe, so dass wir auf diese Weise die Beweggründe besitzen, die das Herz bilden und regieren, und ein Zeugnis, das auf den Zustand des Herzens und auf Überzeugungen gegründet ist, die eine göttliche Kraft in uns haben. In unseren Beziehungen zu der Welt ist das Wort das Schwert des Geistes. Wir selbst sind durch die Dinge gebildet worden, von denen wir in unseren Beziehungen zu der Welt Zeugnis ablegen, und diese Dinge sind in uns gemäß der Kraft des Wortes Gottes. Der Böse ist somit überwunden, weil er unseren Lüsten nichts weiter zu bieten hat als die Welt; und das Wort, das in uns bleibt, erhält uns in einem ganz anderen Gedankenkreis, in dem eine andere Natur erleuchtet und gestärkt wird durch göttliche Mitteilungen. Die Neigung des „Jünglings“ geht zur Welt hin; die Lebhaftigkeit seiner Natur und die Kraft des Jünglingsalters wollen ihn nach dieser Seite hin fortreißen. Er hat sich davor zu hüten, indem er sich von der Welt sowie von dem, was in der Welt ist, gänzlich absondert; denn „wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm“, weil die Dinge der Welt nicht vom Vater sind. Er hat eine Welt für sich, deren Mittelpunkt und Herrlichkeit Christus ist. Die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens - das sind die Dinge, die in der Welt sind und sie kennzeichnen. Außer diesen gibt es wirklich keine anderen Triebfedern in der Welt, und diese Dinge sind nicht vom Vater.
Der Vater ist die Quelle von allem, was seinem Herzen entspricht. Jede Gnade, jede geistliche Gabe, die Herrlichkeit, die himmlische Heiligkeit von allem, was in Christus Jesus offenbart worden ist und noch offenbart werden wird, die ganze Welt der zukünftigen Herrlichkeit, deren Mittelpunkt Christus ist - alles das ist vom Vater. Und alles das hat hienieden nur das Kreuz als sein Teil gefunden. Doch der Apostel spricht hier von der Quelle, und sicherlich ist der Vater nicht die Quelle jener anderen Dinge. Doch die Welt vergeht, wer aber den Willen Gottes tut, wer bei dem Gang durch diese Welt nicht die Begierden der Natur, sondern den Willen Gottes zu seinem Führer nimmt - einen Willen, der der Natur Gottes entspricht und der Ausdruck derselben ist - ein solcher wird bleiben in Ewigkeit, der Natur und dem Willen gemäß, dem er gefolgt ist. Wir werden finden, dass die Welt und der Vater samt allem, was von ihm ist, sodann das Fleisch und der Geist, und schließlich der Sohn und der Teufel ganz klar in Gegensatz zueinander gestellt werden. Die Dinge werden ihrer Quelle und inneren Natur nach behandelt, seien es die Grundsätze, die in uns wirksam sind und unser Wesen und unsere Stellung kennzeichnen, oder die beiden Kräfte im Guten und im Bösen, die einander entgegengesetzt sind, ohne dass jedoch, Gott sei Dank! irgendwelche Ungewissheit über den Ausgang des Kampfes bestände; denn die Schwachheit Christi im Tod ist stärker als die Kraft Satans. Satan vermag nichts gegen das, was vollkommen ist. Christus ist gekommen, um die Werke des Teufels zu vernichten.
Zu den „Kindern“ (V. 18 ff.) redet der Apostel hauptsächlich von den Gefahren, denen sie von Seiten der Verführer ausgesetzt waren. Er warnt sie mit der größten Zärtlichkeit, indem er sie zugleich daran erinnert, dass alle Quellen der Weisheit und der Kraft ihnen geöffnet waren und angehörten. „Kinder, es ist die letzte Stunde“, sagt er, nicht gerade „die letzten Tage“, sondern die Zeit, die den Endcharakter der Wege Gottes mit dieser Welt angenommen hatte. Der Antichrist sollte kommen, und schon gab es viele Antichristen, daran konnten sie erkennen, dass es die letzte Stunde war. Es handelt sich hier nicht um bloße Sünde, oder um die Übertretung des Gesetzes, sondern es erhob sich, da Christus offenbart worden und jetzt abwesend und der Welt verborgen war, ein förmlicher Widerstand gegen die besondere Offenbarung, die Gott den Menschen gegeben hatte. Es war nicht ein unklarer oder unwissender Unglaube; er nahm vielmehr eine bestimmte Form an, indem er einen gegen Jesum gerichteten Willen offenbarte. Man konnte z. B. alles glauben, was ein Jude glaubte, so wie es im Wort offenbart war; sobald aber das Zeugnis Gottes durch Jesus Christus in Frage kam, offenbarten jene Verführer ihren Widerstand. Sie wollten nicht anerkennen, dass Er der Christus sei; sie leugneten den Vater und den Sohn. Das ist, im Blick auf das religiöse Bekenntnis, der eigentliche Charakter des Antichristen. Er mag wohl glauben, oder wenigstens behaupten zu glauben, dass ein Christus kommen werde; ja, er mag sich selbst dazu aufwerfen. Aber die beiden Seiten des Christentums: die Erfüllung der den Juden gegebenen Verheißungen in der Person Jesu einerseits, und die in der Offenbarung des Vaters durch den Sohn dargebotenen himmlischen und ewigen Segnungen andererseits, diese nimmt der Antichrist nicht an. Was ihn als Antichrist kennzeichnet, ist, dass er den Vater und den Sohn leugnet. Zu leugnen, dass Jesus der Christus ist, ist allerdings der jüdische Unglaube, und dieser macht einen Teil seines Charakters aus; was ihm aber den eigentlichen Charakter des Antichristen gibt, ist, dass er die Grundlage des Christentums leugnet. Er ist ein Lügner, indem er leugnet, dass Jesus der Christus ist; mithin ist es das Werk des Vaters der Lüge. Doch alle die ungläubigen Juden hatten dasselbe getan, ohne der Antichrist zu sein. Was ihn kennzeichnet, ist, dass er den Vater und den Sohn leugnet.
Doch das ist nicht alles. Die Antichristen, von denen der Apostel hier redet, waren aus der Mitte der Christen hervorgegangen. Der Abfall war da; nicht dass jene wirklich Christen gewesen wären, aber sie waren unter ihnen gewesen und von ihnen ausgegangen (Wie belehrend ist dieser Brief auch für unsere Tage!). Es offenbarte sich auf diese Weise, dass sie nicht wirklich zu der Herde Christi gehörten. Alles das wirkte dahin, den Glauben der „Kinder“ zu erschüttern. Der Apostel suchte sie daher zu befestigen. Es gab zwei Mittel, ihren Glauben zu stärken, und diese erfüllten auch den Apostel mit Vertrauen. Zunächst hatten sie die Salbung von dem Heiligen, und dann war das, was von Anfang war, der Prüfstein für jede neue Lehre, und sie besaßen bereits das, „was von Anfang war“.
Das Innewohnen des Heiligen Geistes, als eine Salbung und ein geistliches Verständnis in ihren Herzen, sowie die Wahrheit, die sie im Anfang empfangen hatten, die vollkommene Offenbarung Christi - das waren die Schutzmittel gegen die Verführer und Verführungen. Jede Ketzerei, jeder Irrtum, jede verderbte Lehre wird sich als ein Angriff auf die erste und göttliche Offenbarung der Wahrheit erweisen, wenn die Salbung des Heiligen in uns ist, um jene Dinge zu beurteilen. Diese Salbung nun ist das Teil selbst der jüngsten Kind in Christus, und sie bedürfen der Ermunterung, um sie zu verwirklichen, so zärtlich auch sonst für sie gesorgt werden mag, wie der Apostel es hier tut.
Welch wichtige Wahrheiten entdecken wir hier auch für uns! Die letzte Stunde ist bereits gekommen, so dass wir Ursache haben, auf der Hut zu sein vor den Verführern, vor solchen, die sogar aus dem Schoß der Christenheit selbst hervorkommen. Der Charakter des Antichristen ist, dass er den Vater und den Sohn leugnet. Auch der Unglaube in jüdischer Form tritt wieder auf den Schauplatz, indem man wohl anerkennt, dass es einen Christus gibt, aber leugnet, dass Jesus dieser Christus ist. Unser Schutz gegen diese Verführer ist die Salbung von dem Heiligen, d. h. der Heilige Geist, aber in besonderer Verbindung mit der Heiligkeit Gottes, die uns befähigt, die Wahrheit klar zu erkennen (ein anderer Charakterzug des Geistes); und das zweite Schutzmittel besteht darin, dass das, was wir von Anfang gehört haben, in uns bleibt. Und dies ist offenbar das, was wir in dem geschriebenen Wort besitzen. Man redet viel von einer „Entwicklung“. Aber beachten wir es wohl, Entwicklung ist nicht das, was wir von Anfang gehabt haben. Der Ausdruck an und für sich steht schon in unmittelbarem Gegensatz zu dem von dem Apostel angezeigten Schutzmittel. Was die Kirche als Entwicklung der Wahrheit gelehrt hat, ist - woher sie es auch erhalten haben mag - nicht das, was „von Anfang“ gehört worden ist.
Noch ein anderer Punkt, der hier von dem Apostel berührt wird, ist sehr beachtenswert. Es hätte behauptet werden können, dass man, wenn man Gott im Allgemeinen den Vaternamen beilege, den Vater habe, ohne in Wahrheit den Sohn, Jesus Christus, zu besitzen. Doch das ist unmöglich. Wer den Sohn nicht hat, hat auch den Vater nicht, durch Ihn ist der Vater offenbart worden, in Ihm allein wird der Vater erkannt. Wenn die Wahrheit, die wir von Anfang gehört haben, in uns bleibt, so bleiben wir in dem Sohn und in dem Vater, denn diese Wahrheit ist die Offenbarung von dem Sohn, und sie ist auch durch den Sohn offenbart worden, der die Wahrheit ist. Sie ist lebendig, wenn sie in uns bleibt; und so besitzen wir, wenn wir die Wahrheit haben, den Sohn und in dem Sohn auch den Vater. Wir bleiben in ihr, und dadurch haben wir ewiges Leben (vgl. Joh 17,3).
Der Apostel hatte die gute Zuversicht, dass die Salbung, die sie von Gott empfangen hatten, in ihnen blieb, so dass sie nicht nötig hatten, von anderen belehrt zu werden; denn dieselbe Salbung belehrte sie über alles. Sie war die Wahrheit; denn es war der Heilige Geist selbst, der im Wort wirksam war, und dieses Wort war die Offenbarung der Wahrheit von Jesu selbst, und es gab keine Lüge darin. So sollten sie in Ihm bleiben, dem entsprechend, was die Salbung sie gelehrt hatte.
Beachten wir hier auch, dass die Wirkung dieser Belehrung durch die Salbung von oben hinsichtlich der Unterscheidung der Wahrheit eine doppelte ist. Sie wussten, dass keine Lüge aus der Wahrheit war. Indem sie nun diese Wahrheit von Gott empfangen hatten, war alles, was nicht diese Wahrheit war, Lüge. Ferner wussten sie, dass die Salbung, die sie über alle Dinge belehrte, die Wahrheit war, und dass es keine Lüge in ihr gab. Die Salbung belehrte sie über alles, d. h. über die ganze Wahrheit, als Wahrheit Gottes. Somit war alles, was nicht mit ihr übereinstimmte, Lüge; und es war keine Lüge in der Salbung. So hören die Schafe die Stimme des guten Hirten; wenn ein anderer sie ruft, so ist es nicht seine Stimme, und das genügt. Sie fürchten und fliehen die fremde Stimme, weil sie dieselbe nicht kennen (Joh 10).
Mit dem 27. Verse schließt die zweite Reihe von Ermahnungen, die der Apostel an die drei Klassen von Christen richtet. Im 28. Verse wendet er sich von neuem an die Christen in ihrer Gesamtheit. Dieser Vers scheint mir dem 8. Verse des zweiten Briefes und dem 3. Kapitel des ersten Briefes an die Korinther zu entsprechen.
Nachdem der Apostel so seine Anrede an alle, die in 1. Johannes 2 der Gemeinschaft des Vaters standen, beendigt hat, wendet er jetzt die wesentlichen Grundsätze des göttlichen Lebens, der göttlichen Natur, wie sie in Christus offenbart worden war, als Probe auf diejenigen an die behaupteten, daran teilzuhaben; und er tut das, nicht um in den Gläubigen Zweifel zu wecken, sondern zur Zurückweisung dessen, was falsch war. Ich sage, „nicht um in den Gläubigen Zweifel zu wecken“, denn der Apostel spricht von seiner Stellung und von der Stellung derer, an die er schreibt, mit der völligsten Gewissheit (1Joh 3,1-2)13. Er hatte, um wieder auf Vers 28 zurückzukommen, gesagt, dass Jesus offenbart werden wird. Das führt den Herrn in der vollen Offenbarung seines Charakters ein und gibt Veranlassung, die Behauptungen derer zu prüfen, die sich nach seinem Namen nannten. Es gibt zwei Beweise, die wesentlich zum göttlichen Leben gehören: Gerechtigkeit oder Gehorsam, und Liebe, und drittens kommt, als ein Vorrecht, die Gegenwart des Heiligen Geistes hinzu.
Im Fleisch ist keine Gerechtigkeit. Wenn sich also bei jemand wirklich Gerechtigkeit findet, so ist er „aus ihm geboren“; er hat seine Natur in Christus von Gott empfangen. Es ist noch zu bemerken, dass es sich hier um eine Gerechtigkeit handelt, wie sie in Jesus offenbart worden ist; denn weil wir wissen, dass Er gerecht ist, erkennen wir, „dass jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren ist“. Es ist dieselbe Natur, erwiesen durch dieselben Früchte.
7 Der Gegenstand, um den es sich hier handelt, ist „Gemeinschaft“, und daher ist von tatsächlichen Fehltritten die Rede. Im Hebräerbrief handelt es sich um den Zugang zu Gott, wir sind „für immerdar vollkommen gemacht“, und das Priestertum ist da, „damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“. Es handelt sich nicht um Sünden, ausgenommen in dem Sinn, dass Christus die große Tat der Versöhnung vollbracht hat.↩︎
8 Die beiden Ausdrücke sind im Grund nicht verschieden, wie der siebente Vers dies deutlich zeigt: „Das alte Gebot ist das Wort, welches ihr gehört habt.“ Man kann mit vollem Recht sagen: Das Gebot ist das Wort Christi; aber ich bezweifle, ob man sagen kann: Das Wort ist das Gebot, und das macht den Unterschied zwischen den beiden Ausdrücken fühlbar. Der Gegensatz zwischen den Versen 4 und 5 ist bemerkenswert; er hat seinen Grund darin, dass wir in dem einen dem Besitz des göttlichen Lebens sowie dem einsichtsvollen, völligen Bewusstsein dieses Besitzes dem Wort gemäß, und in dem anderen dem Nichtvorhandensein desselben begegnen. „Wer da sagt: Ich kenne ihn, und hält seine Gebote nicht, ist ein Lügner, und in diesem ist die Wahrheit nicht“; denn diese Wahrheit ist nichts anderes, als was sein Wort offenbart; und wenn wir von der Natur leben, von der das Wort Christi der Ausdruck ist, und so durch das Wort Ihn kennen, gehorchen wir diesem Wort. Andererseits ist, wenn wir dieses Leben besitzen und der göttlichen Natur teilhaftig sind, die Liebe Gottes in uns. Wir haben die Gebote Christi, Sein Wort, die vollkommene Liebe Gottes, einen Wandel entsprechend dem Wandel Christi, die Mitteilung des Lebens Christi, so dass das Gebot wahr ist in Ihm und in uns - der Wandel ist im Licht, die Bruderliebe in Tätigkeit. Welch eine Kette reicher Segnungen! Die Behauptungen, von denen hier die Rede ist, sind folgende: Christum kennen, in Ihm bleiben, im Licht sein. Der Beweis der Wahrheit der ersten Behauptung ist der Gehorsam. Was die zweite betrifft, so müssen wir, wenn wir in Christo bleiben (und dies wissen wir dadurch, dass wir sein Wort halten), wandeln, wie Er gewandelt hat. Ob die letzte Behauptung wahr ist, wird durch die Liebe zu den Brüdern bewiesen. In dem zweiten Fall wird es als unsere Pflicht festgehalten, dass der Wandel völlig auf der Höhe des Wandels Jesu stehe; aber dieser Wandel wird nicht als Beweis hingestellt, dass wir in Ihm bleiben und sein Wort halten. Beachten wir, dass der Apostel nicht sagt: „Wir wissen, dass wir glauben“ - darum handelt es sich hier nicht - sondern: „Wir wissen, dass wir in ihm sind“. Ich füge noch hinzu, dass der Apostel diese Beweise nie dazu gebraucht (wie dies leider so allgemein geschieht), um zu sagen: „Hierdurch zweifeln wir, dass usw.“ Aus Vers 12 und 13 geht deutlich hervor, dass er die Gläubigen alle als der Vergebung teilhaftig und als im Besitz des Geistes der Sohnschaft stehend betrachtet - selbst die jüngsten und schwächsten unter ihnen. Anders würde er nicht an sie geschrieben haben. Andere suchten Zweifel in ihnen zu erwecken; er aber schreibt ihnen, damit ihre Herzen vor Gott versichert und sie nicht zum Zweifeln verführt werden möchten, als ob sie nicht einen völligen Christus und ein völliges Christentum, ewiges Leben, besäßen. Es war das Mittel, die Zuversicht, falls sie sie besaßen, zu bewahren und festzuhalten, wenn sie in Gefahr standen, erschüttert zu werden - nicht aber, diese Zuversicht zu erlangen. Sie hatten völlige Vergebung; sie waren Söhne. Wenn andere sie zweifeln machen wollten, so schrieb Johannes ihnen, um sie zu versichern, dass sie nicht den geringsten Grund hatten, zu zweifeln.↩︎
9 Das ist, wie ich nicht bezweifle, der wahre Sinn von Johannes 8,25. „Da sprachen sie zu ihm: Wer bist du? Und Jesus sprach zu ihnen: Durchaus das, was ich auch zu euch rede.“ In den Grundsätzen meiner Natur, in meinem Wesen, bin ich das, was ich euch gesagt habe. Das, was Er gesagt hatte, war wesentlich und vollständig das, was Er war. Was Er war, zeigte sich in dem, was Er sagte. Dieses Leben nun ist uns mitgeteilt worden; es war die Liebe Gottes unter den Menschen und im Menschen. Da nun dieses Leben unser Leben ist und das Wort Christi uns Kenntnis davon gibt, so ist, wenn wir dieses Wort bewahren, Seine Liebe in ihrer ganzen Ausdehnung in uns verwirklicht.↩︎
10 Es heißt nicht: die Finsternis ist verschwunden, ist vergangen. Es gibt noch viel Finsternis in der Welt; das Licht aber hat tatsächlich geleuchtet.↩︎
11 Der Leser wird gut tun, das hier Gesagte mit Eph 4,21 zu vergleichen, wo jene beiden Namen Gottes (Liebe und Licht), die einzigen, die gebraucht werden, um seine Natur zu offenbaren, gleichfalls angewandt werden, und zwar um uns den Pfad und den wahren Charakter des Christen zu zeigen; dort natürlich den Mitteilungen entsprechend, die der Heilige Geist uns durch Paulus gibt, nämlich gemäß der Ratschlüsse und dem Werk Gottes in Christo. In Johannes handelt es sich mehr um die Natur.↩︎
12 Das hier genutzte Wort ist von dem Wort Kinder in Vers 12 zu unterscheiden. In der unrevidierten Elberfelder Bibel wurde hier das Wort Kindlein benutzt. In der Elberfelder Bibel (CSV) steht hinter dem Wort Kinder ein kleiner Kreis um den Unterschied deutlich zu machen. [Anm. der Red.]↩︎
13 Wir werden später sehen, in welch bemerkenswerter Weise von Gott und Christo, als einem Wesen oder als einer Person, gesprochen wird; es handelt sich dabei nicht um die Lehre von den beiden Naturen des Herrn, sondern Christus steht vor dem Geist des Apostels, und er spricht in demselben Satze von Ihm als Gott, und dann wieder von seiner Erscheinung als Mensch. So heißt es im 28. Verse: „Wenn er offenbart wird“, und im 29. Verse ist der Gerechte aus Ihm geboren, und wir sind Kinder Gottes. In Kap. 3, 1 erkennt Ihn die Welt nicht; hier ist es Christus auf der Erde. Im 2. Verse sind wir Gottes Kinder, und zugleich hören wir, dass Er offenbart werden wird und wir Ihm gleich sein werden. Der Umstand, dass wir auch mit Ihm eins gemacht sind, macht das noch wunderbarer. Wir werden Kinder Gottes genannt, weil das sein Titel und sein Verhältnis zum Vater ist. Die Welt erkennt uns nicht, weil sie Ihn nicht erkannt hat. Wir wissen, dass, wenn Er offenbart werden wird, wir Ihm gleich sein werden. Derselbe Platz ist uns gegeben hier und dort (vgl. 1Joh 5,20).↩︎
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Aus "Betrachtungen über die Johannesbriefe" von JND
Behandelter Abschnitt 1Joh 2
Die beiden ersten Verse stehen als eine Art Ergänzung mit dem vorherigen Kapitel in Verbindung. Johannes hatte vor seine Leser jenes Vorrecht der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn gestellt, welche im Licht sein muß; und dafür gibt es dieses vollkommene Heilmittel: Das Blut Christi, welches uns in dem Licht rein darstellt. Jetzt sagt er: „Ich schreibe euch dieses, auf daß ihr nicht sündiget.“ (V. 1). Das Ziel all dieser Ausführungen war: Sie sollten nicht sündigen. „Und wenn jemand gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesum Christum, den Gerechten.“ Das ist nicht genau dasselbe wie im Hebräerbrief, wo wir einen Priester bei Gott finden; denn dort geht es um die Frage der Möglichkeit, vor Gott zu treten. Dort wird die Wahrheit bekräftigt, daß wir zu Gott kommen dürfen; und der ganze Brief trägt diesen Charakter. Aber überall in seinem Evangelium und seinem ersten Brief spricht Johannes von mehr als einem Nahen zu Gott als ein öffentlicher Anbeter. Hier sind wir Ihm viel näher gebracht. Es besteht ein großer Unterschied, ob ich zu Gott gehen und Ihm nahen darf, um Ihn anzubeten, oder ob ich eine innige Gemeinschaft mit Ihm genieße. Wir sind in eine Beziehung zu Ihm getreten. Wenn immer Johannes von Gnade redet, spricht er von dem Vater und dem Sohn; wenn er von Licht redet, spricht er von Gott. In Johannes 8, wo die Ankläger alle von Sünde überführt werden, geht es um Gott. „Ehe Abraham ward, bin ich.“ (Joh 8,58). Wenn der Herr Jesus zur Gnade übergeht, bezeichnet Er sich als guten Hirten, der Sein Leben für Seine Schafe läßt und dessen Stimme die Schafe kennen. Er sagt, daß es eine genauso große Vertrautheit zwischen Ihm und uns gibt, wie zwischen Ihm und Seinem Vater. In einer innigen Vertrautheit wie dieser hat die Offenbarung der Liebe ihre Vollkommenheit erreicht.
Die Sachwalterschaft hier steht in Verbindung mit dem Vater. Wo die Gemeinschaft unterbrochen ist, muß sie wiederhergestellt werden. Wir hören nicht auf, Söhne und angenommen zu sein. Es geht nicht um die Frage, ob ich als Sünder zu Gott kommen kann oder nicht, sondern um den Verlust dieser Vertrautheit, welche das geringste eitle Wort unterbricht. Das macht uns um so klarer, daß von Personen gesprochen wird, die Gott angenommen hat. Die Verse sprechen nicht von einem Angenommen-Werden durch Gott. Damit hat nicht einmal das Priestertum zu tun, geschweige denn die Sachwalterschaft beim Vater. Letztere setzt voraus, daß wir nichtsnutzige Kinder sind und daß die Freiheit dieser Vertrautheit gebrochen ist. Dann nimmt Christus den Platz des Sachwalters ein, um sie wiederherzustellen. Die Gnade wirkt, doch sie verniedlicht keineswegs die Sünde in sich selbst. Sie ist keine Zulassung der Sünde.
Die Grundlage wird folglich in dieser bemerkenswerten Weise niedergelegt. Zwei Dinge müssen beachtet werden: Unser Stehen in der Gegenwart Gottes und zum anderen das Böse, das damit nicht übereinstimmt. Christus begegnet beiden Problemen. „Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesum Christum, den Gerechten.“ Das ändert sich nie. Unser Platz, den wir bei Gott besitzen, bleibt dort bestehen, weil Christus, der Gerechte, dort ist. Die von Gott vollkommen angenommene Person befindet sich in der Gegenwart Gottes und dadurch wird Er in Hinsicht auf das Versagen geehrt. „Und er ist die Sühnung für unsere Sünden.“ (V. 2). So ist die Sachwalterschaft Christi bei dem Vater auf dieses Angenommensein gegründet – erstens auf der Annahme Seiner eigenen Person und zweitens Seines Werkes für uns. Wir sind angenommen in dem Geliebten. Das ändert sich niemals, weil jener Gerechte immer in der Gegenwart Gottes für uns erscheint; und dennoch erlaubt der Herr nichts, das Ihm widerspricht. Die Sünde ist noch nicht vergangen. „Wir haben einen Sachwalter.“ Aber wenn Er als der Sachwalter für jene Personen auftritt, die versagt haben, kann es nur geschehen, weil Er die Sühnung für ihre Sünden ist. Die Annahme ist vollkommen. Indem Er allen Forderungen in Bezug auf die Sünde am Kreuz begegnet ist, sind wir in die Gegenwart Gottes gestellt in der Annehmlichkeit Christi selbst. „Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.“ Dieses vergossene Blut befindet sich auf dem Gnadenstuhl. Kraft dieses Blutes können wir hinausgehen und das Evangelium allen Geschöpfen predigen. Das bedeutet keineswegs, daß alle versöhnt sind. Aber das Zeugnis der Barmherzigkeit Gottes konnte hinaus fließen – nicht nur zu den Juden, sondern zu jedem Geschöpf in der Welt. Durch dieses Blut können wir in der Gegenwart Gottes stehen. Aber unter diesen Bedingungen wird ein Versagen zu einem Problem für das Gewissen des Erlösten. Dann tritt die Sachwalterschaft Christi auf den Plan.
Jetzt greift Johannes ein anderes Thema auf. Das ist die praktische Probe vor den Menschen davon, daß wir dieses Leben empfangen haben. Im allgemeinen dürfen wir sagen, daß die Liebe zu den Geschwistern sowie Gerechtigkeit oder Gehorsam die großen Prüfsteine sind. Dieses ewige Leben sahen wir im Gegensatz zur Sünde; und es wird durch die Gnade Christi gestützt. Jetzt sehen wir dasselbe Leben, wie es sich in seinen Früchten auf der Erde zeigt. Letztere beantworten die Frage, ob jemand dieses Leben hat oder nicht. Damit seine Leser das Bewußtsein und die Gewißheit, daß sie dieses Leben haben, festhalten, teilt er ihnen die Kennzeichen desselben mit, welche manche Menschen trotz eines hohen Bekenntnisses nicht besitzen. „Und hieran wissen wir, daß wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten.“ (V. 3).
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, daß wir überall in diesem Brief Gott und Christus so vollständig in den Gedanken des Apostels vermischt oder vereinigt sehen, daß er von dem Einen oder dem Anderen ohne Unterschied spricht. Blicke ins letzte Kapitel! „Wir wissen aber, daß der Sohn Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben hat, auf daß wir den Wahrhaftigen kennen; und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohne Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.“ (V. 20). Gott ist uns in Christus geoffenbart. Wir mögen die Darstellungsweise für verwirrend halten, doch sie stellt die Herrlichkeit der Person Christi heraus. So auch im 2. Kapitel (V. 28–29): „Und nun, Kinder, bleibet in ihm, auf daß wir, wenn er geoffenbart werden wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft. Wenn ihr wisset, daß er gerecht ist, so erkennet, daß jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren ist.“ Johannes beginnt mit Christi Erscheinung; und derselbe Satz endet mit Gott Selbst. Das gilt auch in Bezug auf Gottes Gebote: „Hieran wissen wir, daß wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten.“ Es sind die Gebote Christi und doch sind es ebenso Gottes Gebote. „Wer da sagt: Ich kenne ihn, und hält seine Gebote nicht, ist ein Lügner, und in diesem ist die Wahrheit nicht.“ (V. 4). Ein Mensch sagt, daß er Gott kennt und hält Seine Gebote nicht – die Wahrheit ist nicht in ihm, weil Christi Leben ein Leben des Gehorsams ist; und falls Christus unser Leben ist, gelten auch die Grundsätze Seines Lebens in uns. Wo der Grundsatz des Gehorsams nicht gefunden wird, gibt es auch kein Leben. Das ist indessen noch nicht alles. „Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet. Hieran wissen wir, daß wir in ihm sind.“ (V. 5). Darin liegt viel mehr als die Tatsache, daß derjenige, welcher sagt, er kenne Gott und hält Seine Gebote nicht, ein Lügner ist.
In diesem Zusammenhang sei noch auf eine weitere Eigentümlichkeit hingewiesen: Alle Aussagen des Johannes sind absolut. Er mildert sie nirgendwo, indem er die Schwierigkeiten oder Hindernisse in den Blick faßt, die wir im Leib haben mögen. „Jeder, der aus Gott geboren ist“, sagt er in Kapitel 3 (V. 9), „tut nicht Sünde.“ Er spricht dort dem wahren Wesen unserer neuen Natur entsprechend. Die göttliche Natur kann nicht sündigen. Es geht jetzt nicht um Wachstum oder den erreichten Wachstumsgrad, sondern um den Grundsatz – „Er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist.“ „Der aus Gott Geborene bewahrt sich, und der Böse tastet ihn nicht an.“ (1Joh 5,18). Der Böse tastet einen Christen oft an. Er kann indessen niemals das göttliche Leben antasten. Aber Johannes spricht stets mit der ihm eigenen Absolutheit der Wahrheit selbst entsprechend. Es gibt eine große Anzahl Schriftstellen, die unsere Unbeständigkeit zeigen. Aber wenn das Fleisch handelt, ist das nicht dieses neue Leben. Dennoch mißt es sich immer an sich selbst. „Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet . . . “ Das gilt absolut. Schon wenn ich nur ein unnützes Wort ausspreche, halte ich nicht Sein Wort.
Diese Wahrheit ist sehr gesegnet. Stände ich unter dem Gesetz und nähme Gottes Wort in dieser Weise, dann hätte ich nicht das geringste Teil am Leben. Es sagt, daß ich Gott lieben soll; und darin versage ich. Doch hier besteht die Offenbarung, die ich von Gott in Christus empfangen habe, aus vollkommener Liebe. Die Liebe Gottes ist geoffenbart worden; und wenn Sein Wort in unseren Herzen wohnt, ist Sein Wort Liebe und Seine Liebe in uns vollendet. „Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet.“ Es heißt: „In diesem“, und nicht einfach „diesem gegenüber“. Falls das Wort gehalten wird, ist dieses Wort die Kraft Christi in uns. Damit erfreut sich das Herz an der vollkommenen Liebe Gottes. Wir mögen diesbezüglich versagen. Der Apostel spricht aber nicht von diesen Sonderfällen, sondern nur von der Wahrheit selbst. Das gilt unbedingt; allerdings erfahren wir es nur in dem Maß, wie das Wort Gottes im Herzen gehalten wird. Der Heilige Geist ist die Kraft dazu. Wir können diese Kraft jedoch nicht vom Wort Gottes trennen. Er wohnt in uns; und wir haben jene Liebe in unseren Seelen empfangen – Gottes Liebe, wie sie sich in Christus zeigte. Angenommen, ich gehorche nicht – anstatt Christus herrscht dann Sünde in meinem Herzen.
„Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet. Hieran wissen wir, daß wir in ihm sind.“ Jetzt sagt Johannes, daß wir in Ihm sind. Wir wohnen in Gott. Wenn ich sage, daß ich in Ihm bin, dann habe ich diese Kraft erhalten und in Ihm Schutz gefunden. Dann muß ich auch wandeln, wie Er gewandelt hat. Christus ist mein Leben. Dann muß ich auch wie Christus wandeln. Das heißt nicht, daß wir so sind wie Er; wir sollen indessen nicht nach dem Fleisch wandeln. Daher schreibt Johannes nicht: „Ihr sollt so sein, wie Christus ist“, sondern: „Wer da sagt, daß er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt hat.“ (V. 6). Falls du sagst, daß du in Ihm bleibst, bist du immer in Ihm. Darum mußt du immer so wandeln, wie Er gewandelt hat. Es gibt niemals einen Grund, nach dem Fleisch zu wandeln. Das Fleisch ist zwar in uns. Das ist aber kein Grund, nach demselben zu wandeln. Ich stehe immer in der Freiheit, geistlich zu wandeln. Hinsichtlich des Wandels besteht Freiheit vor Gott. Wenn ich eine fleischliche Natur habe, tritt mir ein Gebot entgegen, das dem Willen dieser Natur widerspricht. Ich möchte in die Stadt gehen, bekomme jedoch den Auftrag, auf das Land zu reisen. Das mag ich nicht. Nehmen wir indessen an, ich möchte in die Stadt fahren und mein Vater sagt: „Du mußt in die Stadt fahren“ – dann ist das Ausführen dieses Gebots volle Freiheit. So entsprechen jetzt alle Gebote Christi jener Natur, die ich schon empfangen habe. Christus ist mein Leben; und alle Worte Christi sind ein Ausdruck jenes Lebens. Darum geben mir die Worte Christi an mich nur die Vollmacht, das zu tun, was meine Natur zu tun liebt. Alle Worte Christi sind ein Ausdruck dessen, was Er ist. Sie verkünden Seine Natur, Sein Leben und Sein Wesen; und wenn wir Seine Natur empfangen haben, leiten und führen sie uns. Darum ist es eine echte und heilige Freiheit. Wir sollen so wandeln, wie Er gewandelt hat.
„Geliebte, nicht ein neues Gebot schreibe ich euch, sondern ein altes Gebot, welches ihr von Anfang hattet. Das alte Gebot ist das Wort, welches ihr gehört habt.“ (V. 7). Das ist das Wort vom Anfang des Christus – Seine Offenbarung hier auf der Erde.
„Wiederum schreibe ich euch ein neues Gebot, das was wahr ist in ihm und in euch . . . “ (V. 8). Sie erwarteten etwas Neues. „Das eine, dessen ich mich rühme“, sagt der Apostel, „ist das Alte, denn es besteht in dem, was Christus hier auf der Erde war. Wenn ihr jedoch etwas Neues möchtet, dann ist das Christus als euer Leben durch den Heiligen Geist. Es ist wahr in Ihm und in euch, „weil die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon leuchtet.“ Es war wahr in Ihm, als Er hienieden war. Aber jetzt gilt die ganze Wahrheit von der göttlichen Natur für euch genauso wie für Christus. Es ist demnach neu genug. Es ist alt, weil es früher in Christus bestand. Es ist neu, weil es jetzt in euch genauso wie in Christus gefunden wird.“
So weit haben wir also den ersten großen Grundsatz des göttlichen Lebens betrachtet, nämlich Gehorsam, der Wandel in Gerechtigkeit. Jetzt kommt die andere Seite: Die Liebe zu den Brüdern. Du bist im Licht, denn Gott ist Licht. Nun, Gott ist auch Liebe; und du kannst nicht das eine von Gott haben ohne das andere. Falls du das Licht hast, mußt du auch die Liebe haben. Als Christus hienieden war, war Er das Licht der Welt. Er war indessen auch Liebe. Wenn du folglich Ihn als deine Natur besitzt, wirst du beides haben. „Wer da sagt, daß er in dem Lichte sei und haßt seinen Bruder, ist in der Finsternis bis jetzt. Wer seinen Bruder liebt, bleibt in dem Lichte, und kein Ärgernis ist in ihm.“ (V. 9–10). Dem Wesen und den Wegen nach kann es hier kein Ärgernis geben. „Wer aber seinen Bruder haßt, ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wohin er geht, weil die Finsternis seine Augen verblendet hat.“ (V. 11). Das ist bis in die Einzelheiten wahr. Wenn ich im Haß gegen meinen Bruder wandle, wandle ich in der Finsternis. Der Apostel gibt hier allerdings den Grundsatz. Er ist alt, weil Christus diesen Wandel auf der Erde gezeigt hat. Aber er ist auch neu, weil er „in Ihm und in euch wahr“ ist. „Der Gott, der aus Finsternis Licht leuchten hieß, ist es, der in unsere Herzen geleuchtet hat zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi.“ (2Kor 4,6). Wir erhalten hier, die, wie ich sagen möchte, kennzeichnenden Proben dafür, ob Christus unser Leben ist. Die eine ist das Licht – Gehorsam; denn es kann keine Gerechtigkeit geben ohne Gehorsam. Christus sagte: „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Worte, das durch den Mund Gottes ausgeht.“ (Mt 4,4). Daher gilt für uns dieser Grundsatz einer gehorsamen Abhängigkeit, welche Gerechtigkeit ist. Der andere ist Liebe.
In diesem Kapitel haben wir also zuerst als Ergänzung zum vorigen die Sachwalterschaft Christi. Darauf folgen in den übrigen Teilen des Briefes, die Proben auf dieses göttliche Leben, wie es sich in Gehorsam und Liebe zu den Brüdern zeigt. Alle diese Wesenszüge haben sich im Leben Christi in wunderbarster, vollkommenster und gesegnetster Weise entfaltet.
Folgende Ausführungen unterbrechen jetzt den allgemeinen Gedankengang des Briefes und geben gleichzeitig einen Anlaß mitzuteilen, warum und mit welchen Gefühlen Johannes diesen Brief geschrieben hat.
Zunächst spricht er zu allen Christen, welche er „Kinder“ nennt. Danach wendet er sich an die verschiedenen christlichen „Altersklassen“ und teilt ihnen mit, warum er an sie schreibt. Er öffnet ihnen sein Herz. Danach erhalten wir einige wichtige praktische Wahrheiten.
Das Wort „Kinder“ in Vers 12 ist dasselbe wie in den Versen 1 und 28, unterscheidet sich jedoch von dem Ausdruck „Kindlein“ in den Versen 13 und 18. Das erstere spricht von allen Christen, welche „Kinder“ genannt werden. In den letzteren Versen unterscheidet Johannes hingegen zwischen „Jünglinge“, „Väter“ und „Kindlein“ (oder „Säuglinge“) als sehr junge Christen. Der 1., 12. und 28. Vers umschließt alle Erlösten. „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.“ (V. 12). Das gilt für alle [echten; Übs.] Christen. So ist ihre allgemeine Stellung. Johannes hatte vorher gesagt: „Hieran wissen wir, daß wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten.“ Das geschah nicht, um die Vergebung bei Christen irgendwie anzuzweifeln, sondern um sie in der Wahrheit zu befestigen; denn Johannes sagt hier: „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.“ Das stand fest. Sie sind alle vergeben; und er schrieb ihnen, weil sie vergeben waren. Der Brief gilt nicht für eine Person, der nicht vergeben ist. Dieser Boden ist die Grundlage seines Schreibens. Er sagt also: „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.“ In diesem Zustand befinden sich alle [echten; Übs.] Christen.
Wenn der Apostel hingegen jetzt zu den verschiedenen christlichen „Altersklassen“ kommt, wird ihr Charakter und ihr Zustand jeweils als unterschiedlich gesehen. „Ich schreibe euch, Väter, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang ist.“ (V. 13). Unter den „Kindern“ von Vers 12 mochten alte und sehr junge Christen sein. Die „Väter“ haben Den, „der von Anfang ist“, erkannt. Wir haben schon gesehen, daß es sich um Christus in der Welt handelt – Seine Person, geoffenbart im Fleisch. „Ihr (habt) den erkannt, der von Anfang ist.“ Hier endet jede christliche Erfahrung. Sie endet also nicht einfach in Selbsterkenntnis, als seien die „Väter“ mit sich selbst beschäftigt; denn jene Erkenntnis Christi macht uns von uns selbst frei und schenkt uns Ihn. Ein junger Christ beschäftigt sich mit seinen Gefühlen. Alles ist ihm ungewohnt und neu; und das ist auch richtig so. Er fühlt solch eine wunderbare Freude über seine Vergebung. Aber indem er wächst, wird er mehr und mehr vom Ich befreit und zunehmend von Christus ergriffen. Christus ist dieses, und Christus ist jenes. In Vers 14 wiederholt Johannes, indem er erneut die „Väter“ anspricht, einfach seine Worte. Wenn er an die „Jünglinge“ schreibt, hat er einiges hinzuzufügen. Aber an die Väter lauten seine Worte wieder: „Ich habe euch, Väter, geschrieben, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang ist.“ Wir lernen unsere Torheit und Schwachheit kennen und werden so auf Christus geworfen. Dabei erfahren wir mehr von den Tiefen Seiner Gnade und der Vollkommenheit Seiner Person. Jede rechtmäßige Erfahrung endet, indem wir uns selbst vergessen und an Christus denken.
Als nächstes kommt Johannes auf die „Jünglinge“ zu sprechen. „Ich schreibe euch, Jünglinge, weil ihr den Bösen überwunden habt.“ Indem Christus bei ihnen ist, erhalten sie Kraft für Kampf und Dienst. Sie haben Satan überwunden. Danach schreibt er: „Ich schreibe euch, Kindlein, weil ihr den Vater erkannt habt.“ Hier erfahren wir eine weitere bemerkenswerte Wahrheit über das, was Johannes von den Christen denkt, nämlich daß die „Kindlein“ in Christus, die Jüngsten, schon den Geist der Sohnschaft besitzen. Er denkt nicht im geringsten, daß der schwächste Christ nicht weiß, daß er ein Kind Gottes ist. Wenn ein Gläubiger Christus gut in den Reichtümern und den Vortrefflichkeiten Seiner Person kennt, ist er ein Vater in Christus. Doch der jüngste Christ weiß, daß er ein Kind ist und daß Gott der Vater sein Vater ist. Das entspricht der Tatsache, daß allen Christen vergeben worden ist – es gehört zu ihrer Stellung als Christ. „Ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in welchem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,15). Das heißt nicht, daß es keine Erlösten gibt, die voller Zweifel sind. Wir können nämlich viele Christen finden, welche, wenn wir sie fragen, ob sie ein Kind Gottes sind, es für demütig halten, daran zu zweifeln – und doch in ihren Gebeten von ganzem Herzen „Abba, Vater!“ rufen. Hier geht es also um die Beziehung zwischen einem Erlösten und Gott.
Wir müssen es stets wiederholen: Johannes hat zu dem, was er den „Vätern“ geschrieben hat, nichts hinzuzufügen, weil alles in Christus endet. Bei den anderen beiden Klassen geht er noch auf Einzelheiten ein wegen der Schwierigkeiten auf dem Weg. Außerdem stellt er das Geheimnis ihrer Kraft vor sie: Das Wort Gottes inmitten dieser Welt, wo nichts, das von Gott ist, anerkannt wird. Gottes Gedanken sind in die Welt hineingekommen. Diese benötigen wir. In der Wüste gibt es keinen Weg, wie im Alten Testament gesagt wird. Das Wort Gottes ist Gottes Weg inmitten einer Welt ohne Weg. Darum wird den Jünglingen in ihrem Kampf gesagt: „Ich habe euch, Jünglinge, geschrieben, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt.“ Das ist das Wort, durch welches auch Christus überwunden hat, als der Böse kam und Ihm alle Königreiche der Welt anbot. Er antwortete mit dem Wort und überwand den Bösen.
Danach warnt Johannes sie: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt.“ (V. 15–16). Diese Dinge gehören zur Welt. Alle ihre Herrlichkeit ist in keinster Weise vom Vater.
Je mehr wir in den Johannesbrief hineinschauen – und tatsächlich in alle Schriften des Neuen Testaments –, sehen wir zwei große Systeme klar vor unsere Blicke gestellt. Johannes spricht nicht von einem Mangel an Liebe zu Christus. Aber es gibt diese zwei Systeme – das eine gehört zum Vater und das andere zur Welt. Natürlich gehört Gott als dem Schöpfer alles; sittlich gesehen ist indessen alles von Ihm abgewichen. Es ist der Teufel, der diese Welt gemacht hat, wenn wir sie von einem sittlichen Gesichtspunkt aus betrachten. Gott erschuf das Paradies. Doch der Mensch sündigte und mußte es verlassen. Danach baute er sich diese Welt auf. Kain ging aus der Gegenwart Gottes weg und erbaute eine Stadt, die er nach dem Namen seines Sohnes benannte. Später sandte Gott Seinen Sohn; und die Welt wollte Ihn nicht haben. So wurde es eine gerichtete Welt. Gott hatte sie ganz und gar auf die Probe gestellt – ohne Gesetz, unter Gesetz und dann durch Seinen Sohn. Jetzt sagt Er: Es ist alles gerichtet. Gott hat Seine eigenen Handlungsweisen – und somit auch der Vater. Aber du kannst nicht beides haben. Wenn du die Welt liebst, ist die Liebe des Vaters nicht in dir. Du magst von der Welt versucht werden und hast sie zu überwinden. Wenn du sie indessen liebst, wohnt die Liebe des Vaters nicht in dir; denn Er hat ein Ihm eigenes System – und du wendest dich dem anderen zu! So ist es überall. Wir finden im Evangelium das göttliche Leben in der Person Christi; und in den Briefen erkennen wir dieses göttliche Leben in der Person des Christen. In Johannes 8 sehen wir dieselbe Wahrheit: „Ihr seid von dem, was unten ist, ich bin von dem, was oben ist; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt.“ (Joh 8,23). In Bezug auf Gott gibt es keinen Mittelweg. Wer von dieser Welt ist, ist von unten. Wer nicht von dieser Welt ist, ist von oben. Christus sagt: „Ich bin nicht von dieser Welt. Ich bin von oben“; denn Er kam vom Vater. Du bist von der Welt und daher von unten, weil es Satans Welt ist. So lesen wir hier, daß, wenn die Liebe zur Welt in dir ist, die Liebe des Vaters es nicht sein kann. Es gibt ein anderes, ein göttliches System, wo die Liebe des Vaters sich entfaltet; und falls du zu diesem gehörst, mußt du die Welt überwinden. Letztere ist nicht vom Vater. Sie gehört nicht zu Seinem System.
Danach fügt Johannes hinzu: „Die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ (V. 17). Satans Werke können nicht andauern. Während sie bestehen, wirken sie verführend; aber sie können nicht bleiben. „Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ Dasselbe finden wir auch in einem anderen Brief. „Alles Fleisch ist wie Gras, und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt, und seine Blume ist abgefallen; aber das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit.“ (1Pet 1,24-25). So auch hier. „Wer aber den Willen Gottes tut“ – wer dem Wort Gottes folgt –, „bleibt in Ewigkeit.“ Das Wort Gottes senkt die ganze Wahrheit in uns, und ihr haben wir zu folgen.
Jetzt wendet Johannes sich an die dritte „Altersklasse“, nachdem er den Jünglingen seine Warnung mitgeteilt hat. Wenn ein Christ gerade bekehrt ist, verzichtet er dankbar auf die Welt. Nachdem er jedoch eine Weile weitergeschritten ist, schwächt sich diese Frische ab. Die Welt zehrt nach und nach seine Frische auf. Falls er nicht achtsam ist und seine Seele mit den unsichtbaren Dingen anfüllt, gleitet er langsam in die Welt hinein. Wenn Christus ihn füllt, beachtet er die Dinge um sich her nicht einmal. In Kapitel 5 spricht Johannes von dem Überwinden der Welt. Dort geht es um den Verlust aller Kraft und geistlicher Freude, wenn der Geist der Welt eintritt. Wir können nicht gleichzeitig mit den Dingen, welche die Welt uns vorstellt, und jenen des Vaters beschäftigt sein. Wenn der Heilige Geist mir die göttlichen Dinge in das Herz senkt, bekomme ich ein augenblickliches Bewußtsein davon, daß ich zu allem diesen gehöre.
Johannes wendet sich in Vers 18 an die „Kindlein“ und teilt ihnen mit, daß es „die letzte Stunde“ ist. Das ist ein bemerkenswerter Ausdruck, weil inzwischen über 1900 Jahre vergangen sind und immer noch gilt, daß es die letzte Stunde ist – nur daß der Herr in Seiner Langmut wartet und nicht will, daß irgend jemand verloren geht, sondern daß alle zur Buße kommen. Es ist indessen die letzte Stunde, weil die Macht des Bösen eingedrungen ist. Als Christus auf der Erde war und verworfen wurde, bestand die Macht des Bösen in der Welt. Als Gott die Kirche (Versammlung) aufrichtete durch die Gegenwart des Heiligen Geistes – während Christus in der Höhe war, sodaß sich ein Mensch im Himmel und der Heilige Geist in der Welt befanden –, entfaltete sich die Macht der Erlösung inmitten der Welt Satans. Das war noch nicht die letzte Stunde. Aber jetzt sind Antichristen aufgetreten; und Johannes sagt: „Es ist die letzte Stunde.“ Denn selbst diese Zeit scheiterte; und jetzt kann nichts mehr kommen außer Gericht. „Kindlein, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, daß der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen geworden; daher wissen wir, daß es die letzte Stunde ist. Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären, so würden sie wohl bei uns geblieben sein; aber auf daß sie offenbar würden, daß sie alle nicht von uns sind.“ (V. 18–19).
Diese „Kindlein“ in Christus hatten mit der Welt – ihrem Lauf – gebrochen. Aber jetzt trat eine neue Form des Bösen an den Platz der göttlichen Macht. Menschen erhoben sich, indem sie Christus vollständig aufgaben. Das war viel gefährlicher. Sie hatten mit der Welt gebrochen und kannten ihr Wesen. Nun trat die geistliche Bosheit in den himmlischen Örtern auf den Plan. Johannes warnt die „Kindlein“ vor diesen Feinden der letzten Zeit. Gott sei Dank!, besitzen wir jetzt diese Warnungen! Auch der Apostel Paulus schreibt, daß dieses die letzten Tage sind – ein noch stärkerer Ausdruck. Wo die Blicke auf Christus gerichtet werden, besteht völlige Sicherheit. Es ist bemerkenswert, wie Johannes auf die Gegenwart des Geistes Gottes in den Erlösten sieht. Sogar wenn es um ein „Kindlein“ geht – Gott erlaubt nicht, daß es über das hinaus versucht wird, als es ertragen kann. Es mag „Jünglinge“ geben. Gott schenkt indessen schon den „Kindlein“ Unterscheidungsvermögen. Sie kennen die Stimme eines Fremden nicht. Jene Leute mögen noch so fromm erscheinen – es ist nicht die Stimme, welche „die Kindlein“ kennen. Sie kennen die Stimme Christi und folgen Ihm.
Wir sahen, daß die Kindlein in Christus den Vater kennen; und jetzt lesen wir weiter, daß schon diese Kindlein die göttliche Salbung besitzen, sodaß sie befähigt sind, durch göttliche Einsicht zu urteilen. Johannes stellt ihnen eindringlich vor, daß sie in sich selbst diese Fähigkeit haben und nicht auf andere angewiesen sind. Gott hat sie belehrt, um allen Schlingen auszuweichen. Es handelt sich um die Verschlagenheit Satans, darum warnt Johannes die „Kindlein“ noch etwas mehr vor derselben.
„Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisset alles. Ich habe euch nicht geschrieben, weil ihr die Wahrheit nicht wisset, sondern weil ihr sie wisset, und daß keine Lüge aus der Wahrheit ist. Wer ist der Lügner, wenn nicht der, der da leugnet, daß Jesus der Christus ist? Dieser ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet.“ (V. 20–22). Damit zeigt uns Johannes das volle Wesen des Antichristen. Es gab viele Antichristen, weil der Geist desselben schon eingedrungen war. Unsere Verse zeigen sein volles Wesen. Dieser Geist weist einen gewissen jüdischen Charakter auf, indem er leugnet, daß Jesus der Christus ist. Außerdem widersteht er dem Christentum, indem er nicht nur den Sohn, sondern auch den Vater leugnet.
Danach legt Johannes seinen Nachdruck auf einen Gesichtspunkt von sehr großer Bedeutung für die Menschen in unseren Tagen, welche viele schöne Worte gebrauchen, um uns von einer Fortentwicklung zu überzeugen. „Ihr, was ihr von Anfang gehört habt, bleibe in euch. Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang gehört habt, so werdet auch ihr in dem Sohne und in dem Vater bleiben.“ (V. 24). Es geht um die Person Christi. Anstatt von der Kirche als einer Körperschaft zu sprechen, welche lehrt, sage ich, daß sie selbst belehrt wird.
Bei dem Gegenstand, welcher geoffenbart worden ist, handelt es sich um die Person des Herrn Jesus Christus – Der, welcher von Anfang ist. Wenn meine Seele indessen auf der Wahrheit über Christus ruht, wie der Heilige Geist sie lehrt, dann empfange ich Belehrung vom Vater. „Was von Anfang war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, . . . betreffend das Wort des Lebens.“ Jetzt sagt Johannes: „Ihr, was ihr von Anfang gehört habt, bleibe in euch.“ Die Person Christi ist das große Thema; und durch die Offenbarung dieser Wahrheit wurde die Kirche (Versammlung) gebildet. Sie entstand kraft der Belehrung durch Gott. Die Kirche hat überhaupt nichts mit Lehren zu tun. Gott mag Einzelpersonen in der Kirche erwecken, welche lehren; aber die Wahrheit, welche wir mit
Nachdruck betrachten sollen, ist „das, was wir von Anfang gehört haben.“ Es handelt sich um einen Test der göttlichen Wahrheit, wenn wir den Ausgangspunkt festhalten, nämlich Jesus Christus. Das prüft alles. Wo Menschen auf die Autorität der Kirche bestehen, besitzen sie niemals die Gewißheit, daß sie Kinder [Gottes; Übs.] sind. Wenn ich von Gott belehrt bin, weiß ich, was ich mit Sicherheit empfangen habe. Der Glaube ist sich immer vollkommen sicher. Wenn ich den Vater habe, weiß ich, daß ich ein Kind bin. Ich mag ein nichtsnutziges Kind sein, aber ich bin ein Kind. „Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang gehört habt, so werdet auch ihr in dem Sohne und in dem Vater bleiben. Und dies ist die Verheißung, welche er uns verheißen hat: das ewige Leben.“ Er hat mir ewiges Leben verheißen; und ich werde es besitzen. Das steht vollkommen fest. „Dies habe ich euch betreffs derer geschrieben, die euch verführen. Und ihr, die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr bedürfet nicht, daß euch jemand belehre, sondern wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt und wahr ist und keine Lüge ist, und wie sie euch belehrt hat, so werdet ihr in ihm bleiben.“ (V. 26–27). Es gibt wirkliche göttliche Belehrung. Gott mag ein Werkzeug benutzen, um sie uns vorzustellen. Aber wahrer Glaube in der Seele kann nur dort entstehen, wo jene Salbung durch den Geist Gottes vorhanden ist. Die Seele mag schon von Sünde überführt sein, bevor sie Klarheit darüber erhält, daß sie errettet ist. In dem Augenblick jedoch, in dem ich über die Person Christi göttlich belehrt werde, sage ich, empfange ich göttliches Leben – jenes Leben, das Gott in die Welt gesandt hat.
Da ein „Kindlein“ in Christus am meisten in Gefahr steht, gibt Johannes diese Art von Warnungen. Ein Gläubiger, der in Christus herangewachsen ist, weiß sehr gut, woher solche Verführungen kommen. Was wir heutzutage in der Christenheit für sehr gelehrte Wahrheiten halten, sagt er zu den „Kindlein“. Hingegen ist das große Kennzeichen, welches die am meisten Fortgeschrittenen auszeichnet – nämlich die „Väter“ –, ihre Erkenntnis Christi.
Der Apostel betrachtet dann im 28. Vers wieder allgemein alle Christen; und ermahnt sie, in „Ihm“ zu bleiben. Gott in Christus steht hier so vor den Blicken des Johannes, daß er „Ihm“ schreibt, ohne zu sagen, wer dieser „Ihm“ ist. Er hatte von der Salbung geschrieben – „wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt . . . , so werdet ihr in ihm bleiben.“ Vorher wurde eher von Gott als Solchem gesprochen. Da wir in Vers 28 hingegen lesen: „wenn er geoffenbart werden wird“, wissen wir, daß Christus gemeint ist. „Und nun, Kinder, bleibet in ihm, auf daß wir, wenn er geoffenbart werden wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft.“ Falls sie nicht in Ihm blieben, wäre das Werk des Apostels verloren. Es geschähe zu seiner Schande. Dasselbe lesen wir im 2. Brief (Vers 8). „Sehet auf euch selbst, auf daß wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen.“ Das entspricht dem, was der Apostel [Paulus] in den Korintherbriefen schreibt. (1Kor 3,12 ff.). Wenn wir auf die Grundlage Holz, Heu und Stoppeln bauen, wird das Werk verbrennen. Das wäre Verlust. Man erweist sich als schlechter Werkmeister. Der Apostel stellt den Lesern im 1. Johannesbrief nachdrücklich vor, in Christus zu bleiben, damit er selbst nicht als schlechter Werkmeister beschämt werde. Wir lesen nämlich: „Auf daß wir, wenn er geoffenbart werden wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden . . . “ Nicht sie sollten Freimütigkeit haben usw.. Das stimmt mit dem überein, was wir auch im zweiten Brief finden.
Danach greift Johannes den zweiten großen Gegenstand des Briefes auf: Er schreibt von der Mitteilung der göttlichen Natur Christi als unser Leben, welches uns dieselben Wesenszüge und denselben Charakter verleiht, die sich in Gott selbst befinden – „was wahr ist in ihm und in euch.“ (Kap. 2, 8). Gott ist Liebe; und der Christ liebt. Gott ist heilig; und auch der Christ ist heilig. In Seiner allmächtigen Gewalt ist Gott natürlich allein. Doch in dem, was vielleicht als der Charakter Gottes bezeichnet werden kann, insofern wir aus Ihm geboren wurden, sind wir Ihm gleich; und diese göttliche Natur macht uns fähig, uns an Gott zu erfreuen sowie Ihm gleich zu sein.
Danach sehen wir erneut, daß Gott und Christus so absolut eins sind, daß der Apostel unmittelbar nach seinen Worten „daß wir . . . nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft“ sagen kann: „Wenn ihr wisset, daß er gerecht ist, so erkennet, daß jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren ist.“ (V. 29). Wir sind aus Gott geboren; dennoch spricht Johannes hier anscheinend von derselben Person, die kommen soll, nämlich Christus. Dieselbe Wahrheit finden wir in Daniel 7. Der „Alte an Tagen“, der dort geschildert wird, entspricht nach Offenbarung 1 dem Sohn des Menschen. Wir erfahren in Christus, was der Charakter und das Wesen Gottes ist – in einem Menschen, der in dieser Welt lebte; und danach zeigt Johannes, daß dieses auch für uns gilt, da wir dasselbe Leben besitzen. Er ist gerecht; und wenn jemand die Gerechtigkeit tut, ist er aus Ihm geboren. Er besitzt Seine Natur.