Behandelter Abschnitt Heb 4,1-11
Wie kommt es nun, daß dieses Thema hier eingeführt wird? Die Wüstenreise Israels ist ein schönes und lebendiges Bild von der Reise vom Kreuz bis zur Herrlichkeit, auf der der Gläubige sich jetzt befindet. Vielfach denkt man bei der im Anfang des 4. Kapitels erwähnten Ruhe an die Ruhe des Gewissens, doch das ist nicht der Gegenstand, um den es sich hier handelt. Die Stelle setzt voraus, daß wir Ägypten verlassen haben und auf dem Weg nach Kanaan sind. Die Gefahr ist nicht etwa die, ob sich auch wohl das Blut an unseren Türpfosten befindet, sondern ob wir auf dem Weg nicht zusammenbrechen, gleich den Tausenden, die in der Wüste fielen. Diese Stelle will uns durchaus nicht veranlassen, die Frage aufs neue zu erforschen, ob wir auch wirklich in dem Blut Ruhe gefunden haben, sondern sie ermahnt uns, sorgfältig darauf zu achten, wie wir unseren Weg durch diese Welt gehen. Wenn Gott hier von Ruhe redet, so ist damit die Ruhe Seines Reiches, nicht etwa die Ruhe des Gewissens gemeint.
Gott nennt das ganze Zeitalter, in dem wir uns befinden, einen Tag - „heute”. Dem sterbenden Räuber war es ein kurzer Tag, so auch dem Märtyrer Stephanus. Ein längerer Tag war es schon für den Apostel Paulus, und noch länger war er für Johannes. Doch ob die Wüstenreise kurz oder lang ist, sie währt nur einen Tag, und wir sollen uns bis zum Ende hin nahe bei Christus halten. Um Genossen des Christus zu sein, ist es nötig, den Anfang der Zuversicht bis zum Ende standhaft festzuhalten.
Wie wird uns Christus in Vers 14 vorgestellt? Als der Gekreuzigte? Nein, sondern als der verherrlichte Christus. Wir werden Genossen des Christus in Seinem Reiche sein, wenn wir an dem gekreuzigten Christus festhalten. Möchte doch dieses kurze Wort „heute” in Herz und Gewissen stündlich forttönen! Ja, vergessen wir es nie: Das Festhalten an einem gekreuzigten Christus gibt mir das Anrecht an die Ruhe eines verherrlichten Christus. Zwei Dinge wollen uns das streitig machen. Sie heißen Sünde und Unglaube (Verse 13 und 19). Erfahren wir die Tätigkeit dieser beiden Feinde nicht immer wieder auf dem Weg des Glaubens? Jeder von uns weiß, daß es so ist. Aber sollten wir in der Sünde verharren? Sollten wir einem einzigen verkehrten Gedanken Raum geben? Wir mögen von Sünde und Unglauben übereilt werden; aber sollten wir sie nicht immer als unsere Feinde betrachten? Keiner von uns würde wissen, was es heißt, sich zwischen Ägypten und Kanaan zu befinden, wenn wir uns nicht bewußt wären, daß jene beiden Dinge, Sünde und Unglauben, uns täglich entgegenstehen, um uns in unserem Lauf aufzuhalten.
Kapitel 4 verfolgt den Gegenstand weiter. Christus, wie Ihn uns Kapitel 3,14 vorstellt, ist die Ruhe, von der Kapitel 4 redet. Christus ist verherrlicht, und darum ist eine Ruhe in Herrlichkeit das Teil des Gläubigen. Er hat uns aus Ägypten herausgeführt. Die Ermahnung richtet sich an ein Volk, das aus Ägypten gezogen ist, und nun die mit Blut gestrichenen Türpfosten und Oberschwellen hinter sich gelassen und das herrliche Kanaan vor sich hat. Laßt uns daher sorgfältig achthaben, damit wir nicht zurückgeblieben zu sein scheinen! „Denn auch uns ist eine gute Botschaft verkündigt worden, gleichwie auch jenen” (Vers 2). Die gute Botschaft, um die es sich hier handelt, ist nicht das Evangelium von dem Blut Christi, sondern von der Herrlichkeit Christi. Sie mag den Israeliten in einer anderen Form gebracht worden sein als uns, aber ihnen wie uns wurde Ruhe verkündigt.
Der Schreiber des Briefes weist dann in lieblicher Weise auf die Sabbathruhe des Schöpfers hin. Der Schöpfer bereitete Sich nach der Schöpfung eine Ruhe, und Er verhieß Sich gleichsam Selbst eine Ruhe in Kanaan, nachdem Er Israel durch die Wüste gebracht haben würde. Adam störte Seine Schöpfungsruhe, und Israel störte Seine Ruhe in Kanaan. Ist Er deshalb im Blick auf Seine Ruhe enttäuscht worden? Nein, Er hat sie in Christus gefunden. Das Geheimnis des ganzen Buches Gottes ist, daß Gott in Christus einen Ruheort gefunden hat, nachdem der Mensch in jeder Weise bewiesen hatte, daß er kein Vertrauen verdient, ja, daß nichts Gutes von ihm zu erwarten ist. Christus ist Derjenige, der diese Ruhe zuwege gebracht hat, und in welchem sie nun sichergestellt ist und bleibt, für Gott sowohl als auch für Seine Heiligen. Demnach bleibt übrig, „daß etliche in dieselbe eingehen.” Es ist nicht länger eine Sache, die nochmals fehlschlagen kann, weil sie von Adam oder von Israel abhängig ist; nein, sie steht fest, sie ist gesichert in Christus. Deshalb laßt uns auf der Hut sein, daß keiner von uns zurückbleibt und das Ziel verfehlt.