Hermann Menge (1841-1939)
Versliste
Am ersten Tage nach dem Sabbat (oder: am ersten Tage der Woche) aber ging Maria Magdalena frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grabe hin und sah, dass der Stein vom Grabe weggenommen war.
Da eilte sie hin und kam zu Simon Petrus und zu dem anderen Jünger, den Jesus (besonders) lieb gehabt hatte, und sagte zu ihnen: „Man hat den Herrn aus dem Grabe weggenommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat!“
Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und machten sich auf den Weg zum Grabe.
Die beiden liefen miteinander, doch der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst an das Grab.
Als er sich nun hineinbeugte, sah er die leinenen Binden daliegen, ging jedoch nicht hinein.
Nun kam auch Simon Petrus hinter ihm her und trat in das Grab hinein; er sah dort die leinenen Binden liegen,
das Schweißtuch aber, das auf seinem Kopf gelegen hatte, lag nicht bei den (anderen) Leintüchern, sondern für sich zusammengefaltet (oder: aufgewickelt) an einer besonderen Stelle.
Jetzt trat auch der andere Jünger hinein, der zuerst am Grabe angekommen war, und sah es auch und kam zum Glauben;
denn sie hatten die Schrift noch nicht verstanden, dass er von den Toten auferstehen müsse.
So gingen denn die (beiden) Jünger wieder heim.
Maria aber war draußen am Grabe stehengeblieben und weinte. Mit Tränen in den Augen beugte sie sich vor in das Grab hinein;
da sah sie dort zwei Engel in weißen Gewändern dasitzen, den einen am Kopfende, den andern am Fußende der Stelle, wo der Leichnam Jesu gelegen hatte.
Diese sagten zu ihr: „Frau, warum weinst du?“ Sie antwortete ihnen: „Man hat meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin man ihn gelegt hat.“
Nach diesen Worten wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war.
Da sagte Jesus zu ihr: „Frau, warum weinst du? Wen suchst du?“ Sie hielt ihn für den Hüter des Gartens und sagte zu ihm: „Herr, wenn du ihn weggetragen hast, so sage mir doch, wohin du ihn gebracht hast; dann will ich ihn wieder holen.“
Jesus sagte zu ihr: „Maria!“ Da wandte sie sich um und sagte auf hebräisch (= aramäisch) zu ihm: „Rabbuni!“, das heißt „Meister (oder: Lehrer)“.
Jesus sagte zu ihr: „Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht zum Vater aufgefahren! Gehe aber zu meinen Brüdern und sage ihnen: ‚Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.‘“
Da ging Maria Magdalena hin und verkündigte den Jüngern, sie habe den Herrn gesehen, und er habe dies zu ihr gesagt (oder: ihr aufgetragen).
Als es nun an jenem Tage, dem ersten Wochentage, Abend geworden war und die Türen an dem Ort, wo die Jünger sich befanden, aus Furcht vor den Juden verschlossen waren, kam Jesus, trat mitten unter sie und sagte zu ihnen: „Friede sei mit euch!“
Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite; da freuten sich die Jünger, weil (oder: als) sie den Herrn sahen.
Dann sagte er nochmals zu ihnen: „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende auch ich euch.“
Nach diesen Worten hauchte er sie an und sagte zu ihnen: „Empfanget heiligen Geist!
Wem immer ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, und wem ihr sie behaltet, dem sind sie behalten.“
Thomas aber, einer von den Zwölfen, der auch den Namen ‚Zwilling‘ führt (11,16), war nicht bei ihnen gewesen, als Jesus gekommen war.
Die anderen Jünger teilten ihm nun mit: „Wir haben den Herrn gesehen!“ Er aber erklärte ihnen: „Wenn ich nicht das Nägelmal in seinen Händen sehe und meinen Finger in das Nägelmal und meine Hand in seine Seite lege, werde ich es nimmermehr glauben!“
Acht Tage später befanden sich seine Jünger wieder im Hause, und (diesmal) war Thomas bei ihnen. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat mitten unter sie und sagte: „Friede sei mit euch!“
Darauf sagte er zu Thomas: „Reiche deinen Finger her (oder: lege deinen Finger hier auf diese Stelle) und sieh dir meine Hände an; dann reiche deine Hand her und lege sie mir in die Seite und sei nicht (länger) ungläubig, sondern werde gläubig!“
Da antwortete ihm Thomas: „Mein Herr und mein Gott!“
Jesus erwiderte ihm: „Weil du mich gesehen hast, bist du gläubig geworden. Selig sind die, welche nicht gesehen haben und doch zum Glauben gekommen sind!“
Noch viele andere Wunderzeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buche nicht aufgezeichnet stehen;
diese aber sind niedergeschrieben worden, damit ihr glaubt, dass Jesus der Gesalbte (= Christus, oder: der Messias), der Sohn Gottes ist, und damit ihr durch den Glauben Leben in seinem Namen habt.
Als dann der Tag des Pfingstfestes herbeigekommen war, befanden sie alle sich an einem Ort beisammen.
Da entstand plötzlich ein Brausen (oder: Rauschen) vom Himmel her, wie wenn ein gewaltiger Wind daherfährt, und erfüllte das ganze Haus (oder: Gemach), in welchem sie weilten;
und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich (in Flämmchen) zerteilten und von denen sich eine auf jeden von ihnen niederließ;
und sie wurden alle mit heiligem Geist erfüllt und begannen in anderen Zungen zu reden, wie (oder: je nachdem) der Geist es ihnen eingab auszusprechen (oder: sich vernehmen zu lassen).
Nun waren aber Juden in Jerusalem wohnhaft, gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel.
Als nun dieses Brausen (oder: Rauschen) erfolgt war, kamen sie in großer Zahl zusammen und gerieten in Bestürzung; denn jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.
Da wurden sie alle betroffen und fragten voll Verwunderung: „Sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa?
Wie kommt es denn, dass wir ein jeder sie in unserer eigenen Sprache reden hören, in der wir geboren (oder: groß geworden) sind:
Parther, Meder und Elamiter (= Perser) und wir Bewohner von Mesopotamien, von Judäa und Kappadocien, von Pontus und (der Provinz) Asien,
von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und der Landschaft Libyen bei Cyrene, auch die hier ansässigen Römer,
geborene Juden und Judengenossen (= zum Judentum übergetretene Heiden), Kreter und Araber – wir hören sie mit unsern Zungen (= Sprachen) die großen Taten Gottes verkünden!“
So waren sie alle betroffen und ratlos und sagten einer zum anderen: „Was hat das zu bedeuten?“
Andere aber spotteten und sagten: „Sie sind voll süßen Weins!“
Da trat Petrus im Verein mit den Elfen auf und redete sie mit laut erhobener Stimme so an: „Ihr jüdischen Männer und ihr anderen alle, die ihr in Jerusalem wohnt: dies sei euch kundgetan und schenkt meinen Worten Gehör!
Diese Männer hier sind nicht betrunken, wie ihr meint – es ist ja erst die dritte Stunde des Tages –,
nein, hier erfüllt sich die Verheißung des Propheten Joel (3,1-5):
‚In den letzten Tagen wird es geschehen, spricht Gott, da werde ich von meinem Geist auf alles Fleisch ausgießen, so dass eure Söhne und eure Töchter prophetisch reden und eure jungen Männer Gesichte schauen und eure Greise Offenbarungen in Träumen empfangen;
ja, sogar auf meine Knechte und auf meine Mägde werde ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, so dass sie prophetisch reden.
Und ich werde Wunderzeichen erscheinen lassen oben am Himmel und Wahrzeichen unten auf der Erde: Blut und Feuer und Rauchwolken.
Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, bevor der Tag des Herrn kommt, der große und herrliche.
Und es wird geschehen: Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.‘“
„Ihr Männer von Israel, vernehmt diese Worte! Jesus von Nazareth, einen Mann, der als Gottgesandter durch Machttaten, Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wisst, vor euch erwiesen (= beglaubigt) worden ist –
diesen Mann, der nach dem festgesetzten Ratschluss und der Vorherbestimmung Gottes euch preisgegeben war, habt ihr durch die Hand der Gesetzlosen (= Heiden) ans Kreuz nageln und hinrichten lassen.
Gott aber hat ihn auferweckt, indem er die Wehen des Todes löste (oder: aufhob), weil er ja unmöglich vom Tode festgehalten werden konnte.
David sagt ja mit Bezug auf ihn (Ps 16,8-11): ‚Ich habe den Herrn allezeit vor meinen Augen gesehen, denn er steht mir zur Rechten, damit ich nicht wanke.
Deshalb freute sich mein Herz, und meine Zunge frohlockte; zudem wird auch mein Leib in (oder: auf) Hoffnung ruhen;
denn du wirst meine Seele (= mich) nicht im Totenreich belassen (oder: dem Totenreich überlassen) und nicht zugeben, dass dein Heiliger die Verwesung sieht.
Du hast mir Wege des Lebens (oder: zum Leben) kundgetan; du wirst mich mit Freude erfüllen vor deinem Angesicht.‘
Werte Brüder! Ich darf mit Freimütigkeit zu euch vom Erzvater David reden: er ist gestorben und ist begraben worden, und sein Grabmal befindet sich bis auf den heutigen Tag hier bei uns.
Weil er nun ein Prophet war und wusste, dass Gott ihm mit einem Eide zugeschworen hatte, es solle einer von seinen leiblichen Nachkommen auf seinem Throne sitzen (Ps 89,4-5),
so hat er vorausschauend von der Auferstehung Christi (= des Messias) geredet, dass dieser nämlich weder dem Totenreich überlassen worden ist noch sein Leib die Verwesung gesehen hat.
Diesen Jesus hat Gott auferweckt: dafür sind wir alle Zeugen!
Nachdem er nun durch die Rechte Gottes (oder: zur Rechten Gottes) erhöht worden ist und den verheißenen heiligen Geist empfangen hat vom Vater, hat er jetzt diesen (Geist), wie ihr selbst seht und hört, hier ausgegossen.
Denn nicht David ist in die Himmel hinaufgefahren; wohl aber sagt er selbst (Ps 110,1): ‚Der Herr hat zu meinem Herrn gesagt: Setze dich zu meiner Rechten,
bis ich deine Feinde hinlege zum Schemel deiner Füße!‘
So möge denn das ganze Haus Israel mit Sicherheit erkennen, dass Gott ihn zum Herrn und zum Christus (= zum Messias) gemacht hat, eben diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt!“
Als sie das hörten, ging es ihnen wie ein Stich durchs Herz, und sie wandten sich an Petrus und die anderen Apostel mit der Frage: „Was sollen wir tun, werte Brüder?“
Da antwortete ihnen Petrus: „Tut Buße (vgl. Mt 3,2) und lasst euch ein jeder auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden taufen, dann werdet ihr die Gabe des heiligen Geistes empfangen.
Denn euch gilt die Verheißung und euren Kindern und allen, die noch fern stehen, soviele ihrer der Herr, unser Gott, berufen wird.“
Auch noch mit vielen anderen Worten redete er ihnen eindringlich zu und ermahnte sie: „Lasst euch aus diesem verkehrten Geschlecht erretten!“
Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen, und so kamen an jenem Tage etwa dreitausend Seelen (zu der Gemeinde) hinzu.
Sie hielten aber beharrlich fest an der Lehre der Apostel und an der (brüderlichen) Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den (gemeinsamen) Gebeten.
Und über jedermann (im Volk) kam Furcht, und viele Wunder und Zeichen geschahen durch die Apostel.
Alle Gläubiggewordenen aber waren beisammen (oder: hielten fest zusammen) und hatten alles gemeinsam;
sie verkauften ihre Besitztümer und ihre Habe und verteilten (den Erlös) unter alle nach Maßgabe der Bedürftigkeit eines jeden;
und indem sie am täglichen Besuch des Tempels mit Einmütigkeit festhielten und das Brot in den einzelnen Häusern brachen, genossen sie ihre (tägliche) Nahrung mit Frohlocken und in Herzenseinfalt,
priesen Gott und standen mit dem ganzen Volk in gutem Einvernehmen. Der Herr aber fügte täglich solche, die gerettet wurden (oder: gerettet werden sollten), zu festem Anschluss hinzu.
Nun hatte schon vorher ein Mann namens Simon in der Stadt gelebt, der sich mit Zauberei abgab und die Bevölkerung von Samaria dadurch in Staunen versetzte; denn er behauptete von sich, er sei etwas Großes.
So gibt es also jetzt keine Verurteilung mehr für die, welche in Christus Jesus sind;
Denn durch eine einzige Darbringung (V.10) hat er die, welche sich (von ihm) heiligen lassen (wollen), für immer ans Ziel (= zur Vollendung) gebracht.