Hermann Menge (1841-1939)
Versliste
Da antwortete Hiob dem HERRN folgendermaßen:
„Ich habe anerkannt, dass du alles vermagst und kein Vorhaben (oder: Plan) dir unausführbar ist.
[‚Wer ist’s, der da den Ratschluss Gottes verdunkelt ohne Einsicht?‘ (vgl. 38,2)] So habe ich denn in Unverstand geurteilt über Dinge, die zu wunderbar für mich waren und die ich nicht verstand.
[‚Höre doch und lass mich reden! Ich will dich fragen, und du belehre mich!‘ (vgl. 40,7)]
Nur durch Hörensagen hatte ich von dir vernommen, jetzt aber hat mein Auge dich geschaut.
Darum bekenne ich mich schuldig und bereue in Staub und Asche.“
Ich weiß, o HERR, dass deine Gerichte gerecht sind und du mich in Treue gedemütigt hast.
Da antwortete der HERR dem Hiob aus dem Wettersturme heraus folgendermaßen:
„Wer ist’s, der da den Heilsplan Gottes verdunkelt mit Worten ohne Einsicht?
Auf! Gürte dir die Lenden wie ein Mann, so will ich dich fragen, und du belehre mich (oder: gib mir Bescheid)!“
„Wo warst du, als ich die Erde baute? Sprich es aus, wenn du Einsicht besitzest (oder: Bescheid weißt)!
Wer hat ihre Maße bestimmt (oder: ihren Bauplan entworfen) – du weißt es ja! –, oder wer hat die Messschnur über sie ausgespannt?
Worauf sind ihre Grundpfeiler eingesenkt worden, oder wer hat ihren Eckstein (= Grundstein) gelegt,
während die Morgensterne allesamt laut frohlockten und alle Gottessöhne (d.h. Engel) jauchzten?
Und wer hat das Meer mit Toren verschlossen, als es hervorbrach, aus dem Mutterschoß heraustrat?
Als ich Gewölk zu seinem Kleide machte und dunkle Nebel zu seinen Windeln?
Als ich ihm das von mir bestimmte Gebiet absteckte und ihm Riegel und Tore herstellte
und sprach: ‚Bis hierher darfst du kommen, aber nicht weiter, und hier soll sich der Stolz deiner Wellen brechen!‘
Hast du jemals, seitdem du lebst, das Morgenlicht bestellt? Hast du dem Frührot seine Stätte angewiesen,
dass es die Säume der Erde erfasse und die Frevler von ihr verscheucht werden?
Sie (die Erde) verwandelt sich alsdann wie Wachs unter dem Siegel, und alles stellt sich dar wie ein Prachtgewand;
den Frevlern aber wird ihr Licht entzogen, und der zum Schlagen schon erhobene Arm zerbricht.
Bist du bis zu den Quellen des Meeres gekommen, und hast du die tiefsten Tiefen des Weltmeers durchwandelt?
Haben sich vor dir die Pforten des Todes aufgetan, und hast du die Pforten des Schattenreichs gesehen?
Hast du die weiten Flächen der Erde überschaut? Sage an, wenn du dies alles weißt!
Wo geht denn der Weg nach der Wohnung des Lichts, und die Finsternis, wo hat sie ihre Heimstätte,
dass du sie in ihr Gebiet hinbringen könntest und dass die Pfade zu ihrem Hause dir bekannt wären?
Du weißt es ja, denn damals wurdest du ja geboren, und die Zahl deiner Lebenstage ist groß!
Bist du zu den Vorratskammern des Schnees gekommen, und hast du die Speicher des Hagels gesehen,
den ich aufgespart habe für die Drangsalszeiten, für den Tag des Kampfes und des Krieges?
Wo ist der Weg dahin, wo das Licht sich teilt und von wo der Ostwind sich über die Erde verbreitet?
Wer hat der Regenflut Kanäle gespalten und einen Weg dem Donnerstrahl gebahnt,
um regnen zu lassen auf menschenleeres Land, auf die Steppe, wo niemand wohnt,
um die Einöde und Wildnis reichlich zu tränken und Pflanzengrün sprießen zu lassen?
Hat der Regen einen Vater, oder wer erzeugt die Tropfen des Taues?
Aus wessen Mutterschoße geht das Eis hervor, und wer lässt den Reif des Himmels entstehen?
Wie zu Stein verhärten sich die Wasser, und der Spiegel der Fluten schließt sich zur festen Decke zusammen.
Vermagst du die Bande des Siebengestirns zu knüpfen oder die Fesseln (oder: den Gürtel) des Orion zu lösen?
Lässt du die Bilder des Tierkreises zur rechten Zeit hervortreten, und leitest du den Großen Bären samt seinen Jungen?
Kennst du die für den Himmel gültigen Gesetze, oder bestimmst du seine Herrschaft über die Erde?
Kannst du deine Stimme hoch zu den Wolken dringen lassen, dass strömender Regen dich bedecke?
Entsendest du die Blitze, dass sie hinfahren und zu dir sagen: ‚Hier sind wir‘?
Wer hat Weisheit in die Wolkenschichten gelegt oder wer dem Luftgebilde Verstand verliehen?
Wer zählt die Federwolken mit Weisheit ab, und die Schläuche des Himmels, wer lässt sie sich ergießen,
wenn das Erdreich sich zu Metallguss verhärtet hat und die Schollen sich fest zusammenballen?
Erjagst du für die Löwin die Beute, und stillst du die Gier der jungen Leuen,
wenn sie in ihren Höhlen kauern, im Dickicht auf der Lauer liegen?
Wer verschafft dem Raben sein Futter, wenn seine Jungen zu Gott schreien und wegen Mangels an Nahrung umherirren?
„Wer ist’s, der da den Heilsplan Gottes verdunkelt mit Worten ohne Einsicht?
Ein Wallfahrtslied (oder Stufenlied? vgl. Ps 120) Davids. HERR, mein Herz ist nicht hochfahrend, und meine Augen erheben sich nicht stolz; ich gehe nicht mit Dingen um, die vermessen sind und mir zu hoch (oder: schwer).
Wenn mein Herz sich nun noch verbitterte und ich in meinem Innern empört mich fühlte,
so wär’ ich ein ganzer Tor und bar der Einsicht, benähme mich wie ein vernunftloses Tier gegen dich.
Dann rufe mich (oder: lade mich vor), so will ich mich verantworten; oder ich will reden, und du entgegne mir!“
so dass er sich eine Scherbe nahm, um sich mit ihr zu schaben, während er mitten in der Asche saß.
O Tochter meines Volkes, umgürte dich mit dem Sackleinen (= Trauergewand) und wälze dich in der Asche! Stelle Trauer an wie um den einzigen Sohn, eine bittere Wehklage; denn jählings wird der Verwüster über uns kommen!
„Heult, ihr Völkerhirten, und schreit! Und wälzt euch (in der Asche), ihr Führer (oder: Herren) der Herde! Denn eure Zeit ist erfüllt, dass man euch schlachte, und ich zerschmettere euch, dass ihr zu Boden fallen sollt wie kostbares Geschirr!“
und als die Kunde davon zum König von Ninive gelangte, erhob er sich von seinem Thron, legte seinen Mantel ab, hüllte sich in ein Trauergewand und setzte sich in die Asche.