Behandelter Abschnitt Heb 9,13-14
Heb 9,13.14: 13 Denn wenn das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer jungen Kuh, auf die Verunreinigten gesprengt, zur Reinheit des Fleisches heiligt, 14 wie viel mehr wird das Blut des Christus, der durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen!
Der Schreiber konzentriert sich nun auf einen dritten Punkt, in dem sich das Opfer Christi von allen alttestamentlichen Opfern unterscheidet: Es reinigt das Gewissen des Gläubigen. Dies hat damit zu tun, dass das volle Gewicht der Sündenschuld als anklagende Last von dem Gewissen des Gläubigen genommen wird. Es ist eine Sache, die ein für alle Mal geschieht, wenn jemand im Glauben in dem vollbrachten Werk Christi ruht und daraufhin mit dem Heiligen Geist versiegelt wird (Eph 1,13). Dies ist etwas, was unter dem System des Gesetzes nicht bekannt war, und deshalb trugen die alttestamentlichen Gläubigen immer ein Gewissen von Sünden mit sich herum (1Kön 17,18; Ps 25,7.11.18 usw.). Sie kannten die ewige Vergebung der Sünden nicht (Apg 13,39; Eph 1,7 usw.), die erst nach der vollbrachten Erlösung verkündigt wurde (Lk 24,47). Das hat damit zu tun, dass der Gläubige diebewusste Erkenntnis hat, dass seine Sünden vor dem Auge Gottes richterlich beseitigt sind. Die einzige Art der Vergebung, die die alttestamentlichen Gläubigen in ihrer Zeit kannten, war die Vergebung in ihrem regierungsmäßigen Aspekt (3Mo 4 usw.).
Um den großen Segen eines gereinigten Gewissens zu betonen, weist der Schreiber auf einen auffallenden Gegensatz zwischen den Opfern im levitischen System und dem Opfer
Christi hin. In dem System des Gesetzes bereitete „das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh und das Besprengen der Verunreinigten“ mit Wasser (3Mo 16; 4Mo 19) die Kinder Israel darauf vor, im Gottesdienst Gott zu nahen. Aber diese Dinge reinigten lediglich ihr „Fleisch“ (ihre physischen Körper) in einem zeremoniellen Sinn. Im Gegensatz dazu fragt der Schreiber: „Wie viel mehr wird das Blut des Christus, der durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen [Gottesdienst darzubringen]!“ So reinigte das Blut jener Tieropfer das Fleisch der Anbeter unter dem alten Bund, aber das Blut Christi reinigt das Gewissen des Gläubigen. Diese jüdischen Rituale reinigten die Anbeter in jenem System zeremoniell, aber das vollbrachte Werk Christi reinigt die Gläubigen richterlich und für ewig. Außerdem mussten diese jüdischen Zeremonien jährlich wiederholt werden, damit Israel vor Gott verkehren konnte, während die Reinigung des Gewissens des Gläubigen eine ein für alle Mal geschehene Sache ist.
Die drei Personen der Gottheit werden in Hebräer 9,14 im Zusammenhang mit der Reinigung des Gewissens des Gläubigen erwähnt. Für jüdische Gläubige, die ehemals im jüdischen System lebten, geschah diese Reinigung ihres Gewissens „von toten Werken“. Das wurde bereits in Hebräer 6,1 erwähnt und bezieht sich auf die Praxis der Kinder Israels, die jedes Jahr am großen Versöhnungstag ihre Seelen in Buße kasteien mussten (3Mo 16,29). Solche Werke sind nun eine „tote“ Sache für den jüdischen Gläubigen, der im Glauben in dem vollbrachten Werk Christi ruht. Seine Sünden sind nicht nur für ein weiteres Jahr bedeckt – sie sind für immer weggenommen (1Joh 3,5)! Da Christus die Erlösung vollbracht hat, ist eine solche Praxis nun nicht mehr nötig.
Die englische King-James-Bibel sagt: „dem lebendigen Gott zu dienen“, aber es sollte übersetzt werden: „den lebendigen Gott anzubeten“8 Durch eine Klasse von Priestern in einem System von Zeremonien Gott zu nahen, wurde in jener alten Haushaltung als „Dienst“ angesehen (Röm 9,4; Heb 9,6). Im Gegensatz dazu nahen die Christen dem Vater durch den Heiligen Geist auf der Grundlage des vollbrachten Werkes Christi; das wird in der Heiligen Schrift nicht als Dienst, sondern als wahre „Anbetung“ bezeichnet (Joh 4,23.24). Indem sein Gewissen befreit ist, wird der Gläubige in dieser Haushaltung zu einem Anbeter Gottes.
Ein gereinigtes Gewissen zu haben, ist etwas anderes, als „ein gutes Gewissen“ zu haben (1Tim 1,19). Wie bereits erwähnt, gibt ein gereinigtes Gewissen dem Gläubigen die Erkenntnis, dass durch das Sühnungswerk Christi das ewige Gericht über seine Sünden vollzogen ist. Dadurch ist sein Gewissen in dieser Sache für immer zur Ruhe gebracht. Andererseits hat ein gutes Gewissen damit zu tun, dass der Gläubige sich durch Selbstgericht einen guten Zustand der Seele bewahrt, während er hier auf der Erde wandelt. Ein gereinigtes Gewissen zu haben, bedeutet nicht, dass der Gläubige kein Bewusstsein davon hat, dass er sündigt, wenn er auf dem Weg versagt. „Kein Gewissen von Sünden mehr“ (Heb 10,2) bedeutet nicht: „kein Bewusstsein von Sünden mehr“. Wenn ein Christ einen ungerichteten bösen Gedanken, ein böses Wort oder eine böse Tat zulässt, wird er sein gutes Gewissen verlieren. Es ist also durchaus möglich, dass ein Mensch ein gereinigtes Gewissen hat und doch gleichzeitig kein gutes Gewissen.