Behandelter Abschnitt Heb 2,2-4
Heb 2,2-4: 2 Denn wenn das durch Engel geredete Wort fest war und jede Übertretung und jeder Ungehorsam gerechte Vergeltung empfing, 3 wie werden wir entfliehen, wenn wir eine so große Errettung vernachlässigen? – die den Anfang ihrer Verkündigung durch den Herrn empfangen hat und uns von denen bestätigt worden ist, die es gehört haben, 4 wobei Gott außerdem mitzeugte, sowohl durch Zeichen als durch Wunder und mancherlei Wunderwerke und Austeilungen des Heiligen Geistes nach seinem Willen.
Der Schreiber vergleicht „das durch Engel geredete Wort“, als der Bund des Gesetzes gegeben wurde (Apg 7,53), mit der „Verkündigung durch den Herrn“, die bei seinem ersten Kommen für die Juden stattfand. Wenn nun das durch Engel geredete Wort im Gesetz gegen die Übertreter „fest“ war (es konnte weder widerrufen noch gestürzt werden) und jede Übertretung und jeder Ungehorsam gerechte Vergeltung empfing, wie viel schlimmer wäre das Gericht, wenn sie die Verkündigung des Herrn vernachlässigten, der doch eine unendlich größere Person ist! Wie könnten sie dem sicheren Gericht „entfliehen“, das sie erwartete, wenn sie abfielen? Christi Wort ist also höher als das der Engel.
Der Schreiber sagt: „Wie werden wir entfliehen, wenn wir eine so große Errettung vernachlässigen?“ Die „große Errettung“, die der Herr während seines irdischen Dienstes verkündigte, ist nicht – wie oft angenommen wird – die ewige Errettung der Seele, die im Evangelium der Gnade Gottes verkündet wird (Apg 20,24), sondern eine zeitliche Befreiung des Volkes von ihren Feinden. Damals waren die Juden unter dem Joch der Römer, die über sie im eigenen Land herrschten, und sie benötigten eine derartige Errettung.
Der Herr Jesus wurde von Gott als Gottes „Horn des Heils“ gesandt, um das Volk zu befreien (Lk 1,68-71). Er kam und predigte „Gefangenen Befreiung“, die unter dem römischen Joch waren (Lk 2,18.19). Das war eine der äußerlichen Segnungen, die der Nation im Evangelium des Reiches, das der Herr ankündigte, verheißen war (Mt 4,23; Mk 1,14). Bei seinem Einzug in Jerusalem schrie das Volk „Hosanna!“ (was bedeutet „Rette jetzt!“) und es erwartete gleichsam große Dinge von Ihm (Mt 21,15). Doch die Führer veranlassten das Volk, Ihn abzulehnen, und somit wurde diese große Errettung von ihren Feinden zeitlich nach hinten verschoben. Hätten die Juden Christus angenommen, hätte Er das Volk aus ihrer Gefangenschaft befreit. Die Nation hätte ihre Zerstörung 70 n.Chr. verhindern können und wäre von Gott gesegnet worden, wie es in den Schriften der Propheten verheißen worden war.
Weiter sagt der Schreiber: Die Verheißung dieser zeitlichen Errettung von ihren Feinden ist dem Volk durch die Apostel „bestätigt worden“ (Heb 2,3; Apg 3,19-21) und zudem durch das Zeugnis Gottes selbst mittels der Wunderwerke, die die Predigt des Evangeliums begleitet hatten (Heb 2,4; Apg 3,6-10; 5,15.16, etc.). Das Volk hatte also „das gute Wort Gottes und die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters geschmeckt“ (Heb 6,5).
Mit dieser „großen (nationalen) Errettung“ in Hebräer 2,3 kann nicht die geistliche Errettung von Seelen gemeint sein, wie sie heute im Evangelium der Gnade Gottes verkündigt wird (1Pet 1,9; Apg 16,31, etc.), denn es heißt hier, dass diese „große Errettung“ den „Anfang ihrer Verkündigung durch den Herrn empfangen hat“, während Er hier auf Erden war. Das Evangelium, das der Herr verkündigte, war das Evangelium des Reiches (Mt 4,23; Mk 1,14). Diese Botschaft stellte Ihn als den König und Messias Israels dar, der in der Zeit der Not zu der Nation kommen, sie von ihren Feinden retten und sein Reich in Macht und Herrlichkeit errichten würde. Erst nachdem die Juden Christus nachdrücklich abgelehnt und einen Mann (Stephanus) zu Gott gesandt hatten mit der Botschaft: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche“ (Lk 19,14; Apg 7,54-60), ging das Evangelium der Gnade Gottes hinaus in die Welt (Apg 11,19-21; 13,46-48; 20,24; 28,28). Zu diesem Punkt in Hebräer 2,3 sagt H. Smith:
In der genauen Auslegung ist die Errettung, von der der Schreiber spricht, nicht das Evangelium der Gnade Gottes, wie es heute verkündigt wird. Auch geht es nicht eigentlich um die Gleichgültigkeit eines Sünders gegenüber dem Evangelium, wenn auch eine Anwendung in diesem Sinn sicher gemacht werden kann. Denn es bleibt immer wahr, dass es für denjenigen, der das Evangelium endgültig missachtet, kein Entrinnen geben kann. Hier geht es um die Errettung, die der Herr den Juden gepredigt hat, wodurch für den gläubigen Überrest ein Weg geöffnet wurde, auf dem sie dem Gericht entrinnen konnten, das in Kürze die Nation treffen würde. Diese Errettung haben später Petrus und die anderen Apostel in den Anfangskapiteln der Apostelgeschichte gepredigt, wenn sie sagten: „Lasst euch retten von diesem verkehrten Geschlecht“ [Apg 2,40]. Gott hat außerdem mitgezeugt, sowohl durch „Zeichen“ als durch „Wunder“ und mancherlei „Wunderwerke“. Dieses Evangelium des Reiches wird wieder gepredigt werden, nachdem die Versammlung entrückt ist.1
Auch J.N. Darby sagt:
Es ist die Verkündigung einer großen Errettung, die der Herrn selbst vollbracht hat, als Er auf Erden war; nicht das Evangelium, das nach dem Tod Christi gepredigt wurde; ebenso wenig geht es um die vereinte Kirche nach seinem Tod. Dieses Zeugnis geht also weiter bis zum Tausendjährigen Reich, ohne die Versammlung zu erwähnen, was nicht nur in diesen Versen, sondern im ganzen Brief festzustellen ist.2
Die Wichtigkeit des Todes Christi (Heb 2,5-18)
Der Schreiber führt seine Ausführungen an die Hebräer fort mit dem
Thema: Christi Erhabenheit über die Engel. Wie bereits erwähnt, ist der
Hauptpunkt in Kapitel 1, die Herrlichkeiten Christi als Sohn
Gottes zu erheben. Jetzt in Kapitel 2 hebt der Schreiber die
Herrlichkeiten Christi als Sohn des Menschen hervor. Das
Kapitel erhebt seinen Tod, indem er als das gesehen wird, was er
wirklich ist: ein Triumph für Gott und Mensch. Es war wichtig, dass die
Juden das verstanden, denn für sie bedeutete der Tod eine Niederlage.
Die Hoffnung eines jeden Juden war, für immer auf der Erde im
„zukünftigen Zeitalter“ zu leben: im Tausendjährigen Reich (Ps 133,3;
Jes 65,22; Dan 12,2; Mk 10,17; Lk 10,28). In ihren Augen bedeutete der
Tod eine Niederlage. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass ihr Messias
sterben würde, obwohl ihre eigenen Schriften das voraussagten (
Vier Gründe, warum Christus Mensch wurde, litt und starb
Der Schreiber fährt fort und zeigt uns vier bedeutsame Gründe, warum Christus Mensch wurde, litt und starb.3 Um durch den Tod Großes für Gott und Menschen vollbringen zu können, musste Er notwendigerweise Mensch werden. Deswegen stellt der Schreiber uns in diesem Kapitel Christus als „des Menschen Sohn“ dar, was seine Menschheit betont. Mit diesen vier Gründen möchte der Geist Gottes uns zeigen, dass kein Engel Derartiges vollbringen konnte. Noch einmal kommt Christi Erhabenheit über Engel zum Vorschein.
Christus kam, um Gott zu rechtfertigen in Bezug auf den Fall des Menschen und um ein neues Menschengeschlecht einzuführen, so dass der Plan Gottes erfüllt würde.