Behandelter Abschnitt Jona 4,
Die Umkehr von Ninive
Jona 4,1: Und es verdross Jona sehr, und er wurde zornig.
Der Heilige Geist erklärt: „Die Gesinnung des Fleisches ist Feindschaft gegen Gott, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie vermag es auch nicht“ (Röm 8,7). Es ist eine höchst demütigende Wahrheit, aber sowohl die eigene Erfahrung als auch die Heilige Schrift bestätigen sie überall. Die „Gesinnung des Fleisches“ ist nicht nur in einem unbekehrten Menschen so hoffnungslos böse; dieses elende Prinzip ist in dem größten Heiligen genauso unberechenbar und abscheulich wie in dem schlimmsten Sünder.
In der Tat, wenn wir das Wirken des Fleisches in jemandem sehen, der ein Beispiel von Frömmigkeit ist, dann erkennen wir die unverbesserliche Bosheit des Fleisches wie nie zuvor. Kein Kind Gottes wagt es, dem Fleisch zu vertrauen. Wenn man dem Fleisch erlaubt, die Kontrolle zu übernehmen, wird es den Gläubigen jedes Mal zu unheiligen Gedanken und Wegen verführen. Ich sage absichtlich „erlaubt“, denn kein Christ ist der Macht des Fleisches zwanghaft unterworfen. Richtig betrachtet ist es ein Fremdkörper, der nicht für einen einzigen Augenblick seinen Platz behaupten sollte. Der Gläubige ist aufgerufen, sich der Herrschaft des Fleisches zu widersetzen. Er sollte dem Fleisch seine Glieder nicht als Werkzeuge überlassen, als ob es eine zwingende Autorität über ihn hätte. Der Gläubige ist berufen, dem Fleisch keine Gelegenheit zu geben, seine Begierden zu befriedigen. Er soll sich dem Fleisch gegenüber als tot betrachten und sich Gott hingeben wie ein Lebender aus den Toten. Ist dem nicht so, ist die Niederlage gewiss – der Triumph des Fleisches ist sicher. Wenn wir aber im Geist wandeln, werden wir die Begierden des Fleisches nicht erfüllen (vgl. Gal 5,16).
Bei Jona aber sehen wir einen Heiligen unter der Macht des Fleisches – obwohl es keinen Zweifel daran gibt, dass er schließlich in der Lage war, seinen Fehler einzusehen. Indem ihm von Gott aufgetragen wurde, den Bericht darüber in dieser Form zu verfassen, kann er jetzt Tausenden eine mahnende Lektion sein. Niemand bezweifelt, dass es das Fleisch war, das ihn dazu brachte, aus der Gegenwart des HERRN zu fliehen. Es war dieselbe Macht, die ihn beherrschte, als er sich nach der Verkündigung seiner Botschaft außerhalb der Stadt niederließ, um zu sehen, was der HERR tun würde. Anstatt dass sein Herz von Freude über die Umkehr der Niniviten erfüllt war, war er von Angst um seinen eigenen Ruf erfüllt.
Wahrscheinlich sind sich nur wenige von uns bewusst, welch starken Einfluss das eigene Ich in unserer Zuneigung hat, bis etwas auftaucht, was unsere persönliche Würde angreift. Dann zeigt sich, welcher Geist in uns steckt. Wir haben mehr von der Veranlagung Jonas in uns, als wir uns selbst eingestehen wollen. Doch das eigene Versagen ist einer der ersten Schritte zur
Befreiung davon.
Obwohl sich der ganze Himmel über die Umkehr eines einzigen Sünders freut und nicht nur über eine große Menge, wird uns gesagt, dass „es Jona sehr verdross, und er zornig wurde“. Sein Zustand ist höchst erbärmlich, doch Jona ist sich dessen überhaupt nicht bewusst. Aufgeblasen mit einem Gefühl der eigenen Wichtigkeit ist das Wohl oder die Not so vieler seiner Mitmenschen wie nichts im Vergleich zu seinem eigenen Ruf. Und doch ist er sich der Erbärmlichkeit seines Seelenzustandes so wenig bewusst, dass er sich an Gott wenden und sein schändliches Versagen so ausdrücken kann, als ob er überhaupt nicht versagt hätte. Oder sogar so, als ob das Versagen, wenn es denn eines war, auf der Seite des HERRN selbst lag.