Der Auftrag des Propheten
Wenn Gott einen Menschen dazu beruft, in einer bestimmten Funktion für Ihn zu handeln, befähigt Er ihn für den Dienst, den er verrichten soll. Augustinus sagte treffend: „Gottes Befehle sind Gottes Befähigungen.“ Das Fleisch mag vor der großen Aufgabe zurückschrecken, aber wer sich auf Gott verlässt, kann sagen: „Ich hingegen, ich bin mit Kraft erfüllt durch den Geist des HERRN“ (Mich 3,8). Gott schickt niemand, der auf eigene Rechnung oder in eigener Kraft handelt, geschweige denn sich von seiner eigenen Weisheit leiten lässt. Das zeigte sich deutlich bei Mose (2Mo 4,10-15) und bei Jeremia (Jer 1,4-19); und es zeigt sich hier sehr deutlich bei der Berufung Hesekiels ins Prophetenamt. Er hatte bereits Visionen von Gott gesehen. Nun wurde er beauftragt, Gottes Sprachrohr für Israel und die Völker zu sein. Der HERR spricht auch nach zweieinhalb Jahrtausenden noch mit Macht und Klarheit.
Die ersten Worte dieses Kapitels sind eine große Herausforderung. Der HERR sagte zu Hesekiel:
Hes 2,1: Und er sprach zu mir: Menschensohn, stelle dich auf deine Füße, und ich will mit dir reden.
Der Ausdruck „Menschensohn“ ist etwas Besonderes.1 Im Alten Testament wird er allgemein für die Menschheit verwendet (Hiob 25,6; 35,8; Ps 144,3; 146,3), ebenso an mehreren Stellen bei den Propheten (Jes 51,12; 56,2; Jer 49,18.33; 50,40). In Psalm 144,3 und Daniel 7,13 wird er prophetisch auf Christus selbst angewandt, und aus dem Hebräerbrief wissen wir, dass „des Menschen Sohn“ aus Psalm 8,5 tatsächlich unser geliebter Herr ist. Aber der Ausdruck ist eine charakteristische Anrede für Hesekiel, die fünfundachtzigmal in diesem Buch vorkommt. Einmal wird Daniel so angesprochen, aber er wird nie auf einen anderen Propheten angewandt. Es war die bevorzugte Anrede unseres Herrn für sich selbst, da Er damit seine Verbindung mit der verlorenen Welt, die zu retten Er gekommen war, zum Ausdruck brachte (Lk 19,10). Er betonte die Realität seines Menschseins, so wie der Titel „Sohn Gottes“ seine Gottheit unterstrich.
Als Menschensohn sollte Hesekiel erkennen, dass er, obwohl göttlich berufen und übernatürlich inspiriert, in sich selbst nur ein Mensch wie andere war, denen er die Worte verkündigen sollte, die Gott ihm gegeben hatte. Ihm wurde befohlen, sich auf die Füße zu stellen, sozusagen strammzustehen, während der HERR ihn für sein hohes und heiliges Amt beauftragte. Er war bereits ein Priester und sollte nun ein Prophet werden – einer, der für Gott zu seinem Volk das Wort sprechen sollte, das zu ihm gesprochen worden war.