Ist es das, was uns hier vorgestellt wird? Der Mensch wird hier ausgelassen; die zehn Hörner werden in Kapitel 18 nicht ein einziges Mal erwähnt, wohl aber die Könige der Erde. Der Unterschied ist dieser. „In den Königen der Erde“ sind, wie ich annehme, all jene Herrscher der Christenheit eingeschlossen, mit denen sie in einem schlechten Verhältnis stand oder die eine böse Beziehung mit ihr hatten. Die zehn Hörner sind die Oberhäupter des endgültigen gespaltenen Zustands des Reiches und die aktiven Werkzeuge seiner Verwüstung, wie uns in Kapitel 17 gesagt wird. Die Könige der Erde sind ihre Trauernden, nicht ihre Anhänger. Hier in Kapitel 18 ist ihre Stunde gekommen, und es ist Gott, der Herr, der sie gerichtet hat.
Du wirst die Stimme aus dem Himmel hier beobachten:
Und ich hörte eine andere Stimme aus dem Himmel sagen: Geht aus ihr hinaus, mein Volk, damit ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet und damit ihr nicht empfangt von ihren Plagen (18,4).
Das Teilhaben an ihren Plagen ist nicht das göttliche Motiv für die Absonderung. Die Menschen würden darüber ängstlich genug sein. Aber die große Sache, die Gott von seinem Volk erwartet, ist dies: Siesollen nicht ihrer Sünden teilhaftig werden. Ich möchte jeden Christen fragen, inwieweit er mit Gottes Gedanken über Babylon und seine Sünden sympathisiert? Wie weit empfindet er das Böse daran und verurteilt es?
Babylon sucht nicht den Himmel, sondern die Erde – nicht die Leiden Christi und die Herrlichkeiten, die darauf folgen sollten, sondern als Königin zu sitzen und kein Leid zu sehen. Babylon ist zufrieden mit weltlicher Erhöhung. Wenn du dich davon fernhältst, hat Babylon keine Anziehungskraft für dich; und die gegenwärtige Gefahr für jeden in Babylon ist bei Christen die allmähliche Pflege und Zulassung dessen, was der Mensch auf der Erde schätzt. In den letzten Jahren hat sich in den Gedanken der Christen nicht wenig geändert, was den gegenwärtigen Genuss des Wohlstands und der Vergnügen in dieser Welt betrifft. Aber es liegt eine erstaunliche Gefahr darin. Denn was ist der große Gedanke von alledem? Der Mensch steigt auf, macht Fortschritte, erhöht sich selbst – der Mensch zeigt, was er tun kann und wie er sich verbessert; und man versucht, dies mit dem Namen und der Zustimmung Christi zu verbinden! Das ist leider Babylon, die große (V. 9–19). In ihr sehen wir das Ende des Verlangens des Herzens, alles mit Christus zusammen zu genießen, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und den Hochmut des Lebens. Ich wundere mich nicht, wenn ein unbekehrter Mensch versucht, die Welt angenehm zu machen. Kain hat das getan, und es gibt jetzt so etwas wie den Weg Kains zu gehen. Das sind die Leute, die mit allerlei Musikinstrumenten umgehen und Schneidewerkzeug in Kupfer und Eisen herstellen. Es ist wahr, dass diese Dinge in einem sehr frühen Stadium der Welt entstanden sind, dennoch sagt uns der Geist Gottes nicht umsonst, dass sie in der Familie Kains waren, nicht in der Familie Seths.
Jedes Menschenkind steht vor Gott in der Verantwortung, ob es sich bekehrt hat oder nicht, seinen ausgestoßenen Zustand als Sünder zu bekennen: Es hat kein Recht, sein Gewissen in den Freuden und der Herrlichkeit der Welt zu ertränken. Aber so schlimm das auch sein mag, das, was Gott am meisten hasst und was Er in einer schrecklichen und öffentlichen Weise richten wird, sogar in dieser Welt, ist das Verbinden des Namens Christi mit dem Schwelgen in weltlichen Begierden. Ist es nicht sogar der Wunsch vieler Christen, die Pracht und den Reichtum der Welt im Rücken zu haben? Ich bezweifle nicht, dass sie von Herzen wünschen, dass sich Menschen bekehren, aber sie möchten, dass sie ihren irdischen Einfluss mitbringen. Das ist der Geist Babylons. Was der Herr von uns erwartet, ist, den Willen Gottes zu tun, dafür zu leiden und es geduldig zu ertragen. Jedes dieser Dinge, die das Herz begehrt, wird sich als der Wille des Menschen erweisen. Es gibt keine einzige Stellung der Auszeichnung oder des Ruhms in der Welt, die nicht verlangt, dass ein Mensch ein gutes Gewissen Gott gegenüber aufgibt. Mit anderen Worten: Man kann kein Glied der Welt sein und treu als Glied Christi handeln. Wenn du Wert darauf legst und der Welt folgen willst, wirst du alle möglichen Entschuldigungen vorbringen und für einen Kompromiss eintreten; aber das zeigt nur, wie weit der Sauerteig Babylons dich bereits beeinflusst hat.
Gott versammelt die Menschen um Jesus – das heißt, Jesus wurde verworfen und ist in den Himmel aufgefahren. Deshalb ruht die Versammlung auf diesen beiden grundlegenden Wahrheiten. Sie hat das Kreuz und ist mit Christus in der himmlischen Herrlichkeit vereint durch den herabgesandten Heiligen Geist. Und das Kreuz und die himmlische Herrlichkeit werden sich nicht mit der Welt vermischen. Das ist genau das, was mein Herz auf die Probe stellt. Wenn Christus mein Alles ist, werde ich die Welt nicht wollen; ich werde aufschauen, es mag schwach sein, aber immer noch zum Himmel aufschauen; und dort wird der eine Gegenstand sein, den Gott benutzt, um mich zu stärken, indem Er mir die Bereitschaft gibt, im Bewusstsein, Christus in der Herrlichkeit zu haben, zu leiden. Wann immer die Versammlung sich nach etwas anderem sehnt, wie dem Ansehen und der Ehre der Welt oder sogar sozialer Verbesserung, verleugnet sie ihre eigentliche Herrlichkeit.
Das Papsttum verwechselte den wahren Charakter der Kirche, folgte dem jüdischen System und dachte, dass die Menschen ihr Gold und Silber und Edelsteine und gute Dinge mitbringen sollten, um den Herrn damit zu ehren (siehe V. 12–14). Aber Gott war weiser als die Menschen und zeigt, dass all dieser Schein, Gott zu ehren, ein bloßer Betrug ist, und dass die Menschen sich nur selbst ehren wollen. Sie suchen das, was sie anzieht und sie zu einem Gegenstand der Anziehung macht, während sie ihr wahres Ziel unter dem Vorwand des Namens Christi verbergen. Das ist es, was Gott richten wird und was die ganze Christenheit zunehmend infiziert, bevor das Gericht kommt. Sie mögen mich fragen, wie das möglich sein kann, wo doch so viele Gemeinschaften heranwachsen und eine so aktive Energie, religiös und moralisch, sich mit den verschiedenen Formen des öffentlichen Bösen in der ganzen Welt beschäftigt. Ich sage dir nicht, was ich sehe, sondern was das Wort Gottes zeigt – die fast universelle Verbreitung eines korrupten Systems, das offensichtlich sein Zentrum in Rom hat, obwohl es einen größeren Umkreis einnimmt, so dass es jede religiöse Institution umfasst88, die, wie entgegengesetzt sie jetzt auch zum Papsttum erscheinen mag, keinen Menschen mit dem Himmel verbindet. Es gibt keine Sicherheit für eine Person, die auf der Erde baut. Die himmlischen Heiligen werden weggenommen werden, bevor das Gericht über Babylon herabfällt. Sie sind nicht gemeint mit dem Wort: „Geht aus ihr hinaus, mein Volk“. Das wird Gottes irdisches Volk89 nach und nach sagen. Aber gleichzeitig gilt sein Prinzip voll und ganz. Denn das Wesen Babylons ist die Vereinigung der Welt mit dem Namen Christi. „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen“ (2Kor 6,17).
Der Herr wird keinen Menschen für schuldlos halten, der ein Bewusstsein dessen hat, was Christus gebührt, und es nicht befolgt. Solchen würde ich sagen, das ist es, was du zeigen wirst: Du wirst eine Zeitlang weitermachen und dich mit der Wahrheit plagen, denn sie wird dich verurteilen; aber ehe du dich versiehst, wirst du feststellen, dass aller Geschmack daran verloren ist. Du wirst ihrer überdrüssig werden und dich sogar gegen sie wenden, und dann wirst du moralisch reif für Babylon werden, wenn es dich ernstlich einlädt. Wenn ich mich des Geistes Babylons schuldig gemacht habe, so ist es das, worauf Gott schaut, soweit es mich betrifft. Der Mensch, der auf ihrem Weg geht, kann nicht anders, als ihrer Sünde teilhaftig zu werden. Und wer ist so gegen die Wahrheit, wie die, die sie verderben? Wer hasst so sehr, wie die, die durch sich selbst verurteilt sind?
Es gibt ein großes Werk, nicht nur der Auflösung und des Zerbrechens, was alt ist, sondern zu vereinen und zu verschmelzen für verschiedene Zwecke, das jetzt vor sich geht; und wie dies in Babylon ganz am Anfang (1Mo 11) gefunden wurde, so wird es auf lange Sicht gefunden werden, um dem Zweck dieser großen Stadt zu dienen, bevor Gott der Herr sie für immer richten wird.
Es wird, so glaube ich aus verschiedenen Schriften, eine erstaunliche Vermischung des bekennenden Christentums mit dem Judentum geben: und das Letztere ist, nach der neuen und vollen Offenbarung Christi im Neuen Testament beurteilt, nicht besser als das Heidentum (Gal 4). Wir wissen, wie zärtlich der Geist mit der Schwäche, den Skrupeln, dem Festhalten an alten religiösen Gewohnheiten bei solchen Christen umging, die Juden gewesen waren (Röm 14); aber es war eine ganz andere Sache, als Lehrer versuchten, den heidnischen Bekehrten jüdische Vorschriften aufzuzwingen. Derselbe Geist behandelte ein Ritual, das die Heiden von den Juden entliehen hatten, im Prinzip als dasselbe wie alten und offenen heidnischen Götzendienst: „jetzt aber, da ihr Gott erkannt habt, vielmehr aber von Gott erkannt worden seid, wie wendet ihr euch wieder um zu den schwachen und armseligen Elementen, denen ihr wieder von neuem dienen wollt? Ihr beachtet Tage und Monate und Zeiten und Jahre“ (Gal 4,9.10). Das Papsttum ist jetzt die hervorstechendste und abscheulichste Erscheinung dieser Mischung; aber es werden noch größere Gräuel erscheinen. Sakramentalismus und Rationalismus, in diesen und anderen protestantischen Ländern, provozieren sich gegenseitig zu Exzessen, die es vorher nicht gegeben hat. Wann hat man je eine solche öffentliche Gleichgültigkeit gekannt, die Muße für den Handel im Ausland und für die soziale Entwicklung im Innern wünscht? Das Ergebnis wird in den letzten Stadien von Babylon und dem Tier erscheinen.
In der Szene vor uns haben wir die Klage von Königen, Kaufleuten und allen, die mit dem unheiligen Handel Babylons zu tun hatten. Der Himmel und die Heiligen [denn so sollte es gelesen werden] und die Apostel und Propheten, werden aufgerufen, sich über Gottes Urteil zu freuen: „Denn Gott hat euer Urteil an ihr vollzogen [oder wörtlich: über sie gerichtet]“ (V. 20). In der feierlichen Handlung und dem Wort des mächtigen Engels, mit dem das Kapitel schließt (V. 21–24), wird nicht nur die Gewalt ihres Verderbens und dessen Gesamtheit dargelegt, sondern auch der Grund dafür in Bezug auf die Nationen – die Verführung aller durch ihre Zaubereien. Der letzte Vers fügt eine weitere und schreckliche Ursache hinzu – Babylons Erbe an Jerusalem in Blutrache. „Und in ihr wurde das Blut von Propheten und Heiligen gefunden und von all denen, die auf der Erde geschlachtet worden sind.“
Der Herr gebe, dass wir, anstatt nur nach außen zu schauen und uns damit zu beschäftigen, andere zu verurteilen, gut darauf achten, dass wir selbst vor der Verunreinigung durch Babylon bewahrt werden. Möge unsere Zuneigung sein, Ihm selbst treu zu bleiben; das ist der einzige wirkliche Schutz gegen die Verführungen des Feindes! Wir sind Christus als eine keusche Jungfrau verlobt (2Kor 11,2). „Kinder, hütet euch vor den Götzen“ (1Joh 5,21).
88 Babylon ist nicht nur selbst „die große Hure“, sondern „die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde.“ Es gibt noch mehr ähnliche Verderbnisse in der Religion, obwohl Rom überragend ist, „die Mutter und Herrin“, wie sie behauptet, der anderen.↩︎
89 Es besteht also keine Notwendigkeit, Vitringas merkwürdige Vorstellung zu übernehmen, dass Vers 6 an die Könige gerichtet ist, noch die besondere praktische Berufung der Gemeinde zu zerstören, indem man annimmt, dass sie die Rächerin von Babylons Unrecht sein soll. Gottes vergeltende Gerechtigkeit wird ihren angemesseneren Appell an sein Volk, die Juden, richten, die die Zeugen seiner gerechten Regierung hier auf der Erde sein sollen.↩︎