Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, Krieg zu führen mit den Übrigen ihrer Nachkommenschaft, die die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu haben (12,17).
Es mag für einige eine Schwierigkeit darstellen, dass ein jüdischer Überrest das Zeugnis Jesu haben sollte. Aber wenn du mir in früheren Kapiteln gefolgt bist, wird sie nicht unüberwindlich sein; denn „das Zeugnis Jesu“ im Buch der Offenbarung bezieht sich immer auf die Wiederkunft Jesu als Erbe der Welt und nicht auf seine Beziehungen in der völligen himmlischen Gnade, die wir jetzt kennen. Der jüdische Überrest wird sich nicht der gleichen Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus erfreuen, die die Versammlung tatsächlich besitzt. Doch auch sie werden im Glauben stehen, und sie werden das Zeugnis haben, das Jesus in der Offenbarung ablegt.
In Kapitel 1 lesen wir: „Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gab, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss“. Es handelt sich, wie wir schon oft gesehen haben, um eine bestimmte Offenbarung, die Gott Jesus gegeben hat, verbunden mit Ereignissen, die in Kürze eintreten würden. Dies wird im nächsten Vers „das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi“ genannt. So heißt es in Kapitel 19,10: „Denn der Geist der Weissagung ist das Zeugnis Jesu“, was deutlich zeigt, dass es sich um ein prophetisches Wissen über Jesus handelt. So unterscheidet sich das in diesem Buch gegebene Zeugnis, obwohl es ebenso göttlich ist, von der gesegneten Art und Weise, in der Gott Christus jetzt der Versammlung, die sein Leib ist, offenbart. Der Überrest wird ein solches Wissen haben, wie es die Gläubigen in den alttestamentlichen Zeiten besaßen – größer wahrscheinlich im Umfang, aber ähnlich, wie mir scheint, in der Art. Sie werden auf die Ankunft Jesu warten. Sie werden mit reumütigem Herzen sagen: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ (Mt 23,39). Sie werden flehen: „Bis wann, o Herrscher, der du heilig und wahrhaftig bist, richtest und rächst du nicht unser Blut?“ (Off 6,10). Ich leugne nicht, dass sie das Neue Testament vor Augen haben mögen; aber es wird keine Kraft geben, die neutestamentlichen Tatsachen auf sich selbst anzuwenden, zumindest was den gegenwärtigen Frieden und die Gemeinschaft betrifft. Was für ein Beweis, dass nicht nur das Wort erforderlich ist, sondern der Heilige Geist, um es zu öffnen, für die Ruhe und den inneren Genuss!
Einige von uns, sogar als Christen, hatten kein Licht in Bezug auf bestimmte Wahrheiten, bis es Gott in seiner Gnade gefiel, den Schleier von unseren Augen zu entfernen. Und Gott tut dies gewöhnlich durch bestimmte Mittel; denn es ist nicht seine Art, Menschen zu befähigen, die Bibel in die Hand zu nehmen und sie zu verstehen, unabhängig von seiner Vorsorge für die Vervollkommnung der Gläubigen. Gott lehrt seine Kinder, aber im Allgemeinen geschieht es durch die, die Er zum Wohl der Versammlung gegeben hat, und obwohl Er nie an diese Ordnung gebunden ist, legt Er die weise und gnädige Anordnung nicht beiseite, die Er gebildet hat und aufrechterhalten wird, solange die Versammlung besteht. Die Nahrung wird durch Gelenke und Bänder bereitgestellt, und so wächst der ganze zusammengesetzte Leib mit dem Wachstum Gottes.
Was uns befähigen würde, ohne einander auszukommen, ist eine Sache, die Gott niemals gibt oder gutheißt. Angenommen, ein Mensch würde auf eine einsame Insel gelangen, so würde Gott ihn in seiner einsamen Lektüre des Wortes mit Gebet segnen; aber wo es andere Mittel und Gelegenheiten gibt, wie zum Beispiel die Versammlung zur Unterweisung, zur Lektüre der Heiligen Schrift, zur öffentlichen Predigt, zur Ermahnung und so weiter, sie zu vernachlässigen oder zu verachten, ist der Wille des Menschen und nicht die Führung des Geistes Gottes.
Diese Gläubigen werden wie die früheren Gläubigen den Herrn fürchten und der Stimme seines Knechtes gehorchen, aber sie müssen in der Finsternis wandeln und haben kein Licht, bis der Herr in Herrlichkeit wiederkommt. Unser Platz ist identisch mit dem des auferstandenen und verherrlichten Christus selbst (vgl. Jes 50,8.9 mit Röm 8,33.34 für Letzteres und Jes 50,10.11 für Ersteres). Christen mögen nicht immer nach dem Licht handeln, aber sie wandeln im Licht, wie Er im Licht ist. „Wer mir nachfolgt“, sagt unser Herr, „wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12). Der Überrest an jenem Tag wird auf den Namen des Herrn vertrauen und sich auf seinen Gott verlassen; aber es wird nach einer anderen Art sein. Thomas mag dies in Johannes 20 veranschaulichen, im Vergleich zu den anderen Jüngern.
Nun wollen wir kurz die historische Theorie betrachten, wie sie von einem der jüngsten und fähigsten ihrer Verfechter dargelegt wird. Die Frau ist natürlich die christliche Kirche, von der es tatsächlich heißt, sie sei in den Tagen Konstantins nicht nur vereint, sondern moralisch hell und schön! Sie ist zum ersten Mal in den politischen Himmel aufgestiegen; mit dem Sonnenschein der höchsten der drei kaiserlichen Würden (Konstantin) und dem Licht der zweiten (Licinius); und mit den obersten Bischöfen als sternförmigem Kranz, den nun kaiserlich anerkannten Häuptern des δωδεκάφυλον des christlichen Israel (Horae Apoc., iii. S. 17, 18.). Drei Seiten später werden die zivilen Obrigkeiten als der Mond angesehen, vielleicht wegen des Abfalls von Licinius und seines darauf folgenden Todes. Und der große rote Drache mit sieben Köpfen und zehn Hörnern ist das alte römische Heidentum, das sich für diese Zeit darin konzentriert, dass Maximin die christlichen Versammlungen verbietet und sogar ihre Bischöfe in seinem dritten Teil des Reiches tötet. Wiederum erscheint Konstantin als das Menschenkind – ein getaufter (?) Kaiser, der Sohn der christusgläubigen Versammlung, erhoben über das ganze Reich auf einen bekennend christlichen Thron, der wie der Thron Salomos der Thron Gottes genannt werden könnte. Und das Regieren mit eisernem Zepter bedeutet, dass die Missachtung der Heiden fast bis zur Unterdrückung zunahm, bis schließlich unter Theodosius alle Duldung endete und ihre Verehrung unter schwersten Strafen verboten wurde. Aber Herr E., anscheinend nicht ganz zufrieden mit dieser Darstellung, bietet uns die Alternative von Herrn Biley an, der meint, dass die Frage hier eher eine der grundsätzlichen Rechtgläubigkeit als des politischen Ansehens war, und dass die Geburt und Erhöhung des männlichen Kindes sich auf das feierliche öffentliche Bekenntnis der Göttlichkeit Christi und ihre dogmatische Festlegung im allgemeinen Konzil von Nizza bezieht.
Wo soll man beginnen, wo enden, um dieses verworrene Netz zu entwirren? Das nahezu einzig Konsequente ist das melancholische Ergebnis (Gott bewahre, dass ich Absicht sage), das lebendige Wort Gottes zu entwürdigen. Wenn so etwas wie die eigentliche Pointe des Kapitels angeschnitten wird, dann um es kurzerhand zu verwerfen. So war es zu deutlich, um ganz übersehen zu werden, dass Christus dazu bestimmt ist, alle Völker mit eisernem Zepter zu regieren (Ps 2), und dass dies ein Teil der Verheißungen für die Christen ist, die überwinden (Kap. 2).
Doch alle diese Bezüge hält Herr E. durch den Zusammenhang für ausgeschlossen. Denn, so argumentiert er, wird gezeigt, dass die Frau unmittelbar danach vom Drachen verfolgt wird und dann 1260 Tage in der Wüste verbringt. Aber wie kann das das andere Bild beiseiteschieben – das Bild von Christus, nimm es persönlich oder mystisch, als der bestimmte Statthalter aller Nationen? Was kann bei dieser Sichtweise deutlicher sein? Die Frau ist Israel, das zuerst im Himmel in der herrlichen Absicht Gottes gesehen wurde und daher mit jener höchsten Macht ausgestattet ist, die den Tag regieren soll, mit dem Mond – der hier aus dem Zusammenhang heraus ein Symbol für gesetzliche Verordnungen sein kann – unter ihren Füßen und mit der Vollkommenheit der Verwaltungsautorität als ihrer Krone der Herrlichkeit. Es handelt sich nicht um eine historische Tatsache, sondern um einen göttlichen Ratschluss. Deshalb wird trotz einer solchen Sichtweise Gottes die Frau als Ziel der Feindschaft Satans im Römischen Reich gesehen, der, in seinen Wünschen gegen das Kind, das entrückt wird, der Macht vereitelt, seine Bemühungen gegen die Frau oder Israel richtet, das in die Wüste geflohen ist, verwüstet, aber von Gott für die ihm zugedachte Zeit des Leids bewahrt wird. Ich leugne hier nicht, mehr als anderswo, eine unbestimmte Ähnlichkeit zum kaiserlichen Sturz der Macht des Feindes im Götzendienst. Alles, worauf ich bestehe, ist, dass die vergangene Vollendung in keiner Weise allen Merkmalen des Falles entspricht, und dass das System, das nichts anderes sieht, in Wirklichkeit Gott selbst zum Urheber jener Judaisierung der Kirche macht, die, von der apostolischen Macht in Schach gehalten, bald lehrmäßig in den Schriften der frühen Väter wucherte und von der Zeit Konstantins an die etablierte Form war, in die das christliche Bekenntnis gegossen wurde. Daher ist das Datum historisch überhaupt nicht einzuordnen. Herr E. scheint sich zu scheuen, die 1260 Jahre des Platzes der Frau in der Wüste zu definieren. Er hält die Zeit bald nach Konstantin für die Zeit, in der die wahre orthodoxe Kirche isoliert, in Bezug auf ihren öffentlichen Gottesdienst unsichtbar und in Bezug auf ihren geistlichen Unterhalt mehr und mehr in Bedrängnis geriet: das Letztere eine höchst ungewöhnliche Wirkung der Verfolgung; das Erstere ein unerklärliches Ergebnis, wenn der älteste Sohn der wahren Kirche die Hauptmacht im Reich hatte und das alte Heidentum Roms sich zeigte – nicht in tausend und mehr Jahren der Verfolgung, sondern – in den bloß flüchtigen Bemühungen von Maximin und Licinius zuerst, und von Julian etwas später.
Und wenn das Heidentum und der Arianismus seltsam zusammengesetzt sind, um den Krieg des Drachens und seiner Engel im Himmel zu bilden, was können ernsthafte Christen von der Vorstellung halten, dass Eusebius’ extravagante Schmeichelei an Konstantin und die unberechtigte Freude und Erwartung der herrschenden Partei jener Tage das genaue Echo der vorgebildeten Stimme sind, die man hörte: „Nun ist das Heil und die Macht und das Reich unseres Gottes und die Macht seines Christus gekommen“ (Off 12,10).
Gewiss wundert es mich nicht, dass das Auge, das in Sacharja 3 im Vergleich zu Esra 4 einen Hinweis auf die Anklage der Juden vor dem Gericht des persischen Königs durch ihre samaritanischen Feinde sieht, die Erfüllung von „seid fröhlich, ihr Himmel und die ihr in ihnen wohnt“ in dem kaiserlichen Edikt lesen sollte, das die Freiheit für die Versklavten oder in die Minen Verurteilten verkündete (Horae Apoc., Bd. iii. S. 29–32). Von ähnlichem Charakter ist die von Daubuz entlehnte Kritik, dass der Gebrauch des ungebräuchlichen Plurals von „Himmeln“ anstelle von „Himmel“ die damalige Verbindung von Erhebung des Herzens in den geistigen Himmel und Erhebung und Würde in den Himmel des weltlichen Ranges anzeigt.
Wenn wir uns dann von dem eingefügten himmlischen Krieg und seinen Folgen (V. 7–12) zu den Taten des Drachen auf der Erde wenden, wird uns gesagt, dass die beiden Flügel des großen Adlers sich in Theodosius dem Großen erfüllten, dessen Los es war, die östlichen und westlichen Teile des Reiches unter seiner eigenen Herrschaft zu vereinen und seine ganze Macht als Beschützer und Pflegevater der orthodoxen Kirche einzusetzen. Unter diesen Fittichen soll das Wirken des Augustinus nicht nur gegenwärtige Nahrung, sondern auch Nahrung für seinen langen Aufenthalt in der Wüste geliefert haben. Wie der Drache, oder die alte römische heidnische Macht, nun die sieben Köpfe und zehn Hörner haben sollte, von Konstantin bis Theodosios, erscheint nicht. Es ist für den Historiker eine offensichtlich unüberwindliche Schwierigkeit, für die ich kein Wort der Erklärung sehe, auch nicht im umfangreichsten Kommentar, der diese Ansicht verteidigt. Und wenn man zum Beispiel annimmt, dass Theodosios die Sonne, das männliche Kind und die großen Adlerflügel auf einmal sein könnte, ist es schwer, den Drachen mit der regierenden Macht des Römischen Reiches in jener Zeit zu verbinden. Entspricht „der heidnische Überrest“ dem verfolgenden Drachen, wie ihn unser Kapitel beschreibt? Ich wundere mich auch nicht, dass es als bequem empfunden wird, alle möglichen Vorstellungen von dem Strom aus dem Schlangenmaul zu kombinieren und daraus eine Mischung aus fremden Eindringlingen und Häresien, aus physischer Gewalt und lehrmäßigem Irrtum zu machen, die eingesetzt wurden, um die wahre Kirche zu überwältigen, um so eine verschwommene Anwendung auf die Horden von Goten, Vandalen und so weiter zu erreichen, die das Reich nach dem Tod von Theodosius überschwemmten. Aber „die Erde half der Frau“, das heißt, nach Herrn E. hat die römische Bevölkerung, so abergläubisch und irdisch sie bekanntlich war, der Kirche Christi gedient; und in ihren blutigen Kriegen wurden die Barbaren so ausgedünnt, dass ihre Einverleibung mit den Besiegten folgte und ihre Religion durch den Arianismus in die Orthodoxie überging. So wurde der Strom verschluckt! Wenn einige wenige als Zeugen hervortraten, wie Vigilantius und so weiter, so schmiedete der Drache gegen diese ein Komplott und sorgte so für ihre Vernichtung. Das Schema zu nennen, ist meines Erachtens eine ausreichende Widerlegung.
Andererseits ist die Erfüllung in der Krise hinreichend verständlich, welches Maß auch immer an teilweiser Ähnlichkeit in vergangenen Ereignissen vorhanden gewesen sein mag. Die siebte Posaune hat uns in allgemeiner Weise bis zum Ende gebracht. Ab Kapitel 11,19 beginnen wir ein völlig neues Thema, von dem dieser Vers sozusagen das Vorwort ist. Die Bundeslade ist oben in seinem Tempel zu sehen: Sie ist noch nicht die tatsächliche Annahme des Hauses Israel und des Hauses Juda unter die Wirksamkeit des neuen Bundes, aber sie ist ihr Unterpfand. Die Quellen von allem, ob von Seiten Gottes oder des Feindes, sind offengelegt; und daher, da es zugegebenermaßen einen Rückschritt gibt, denke ich, dass nichts Schwieriges an der Annahme ist, dass die Geburt und die Entrückung des Messias Israels in den Himmel als der besondere Gegenstand des Hasses Satans und als der Anlass seines intensivsten und immer größer werdenden Hasses gegen die Juden und gegen Gottes Ratschlüsse über sie gezeigt werden kann. Ich kann auch verstehen, dass die Entrückung des männlichen Kindes die der Versammlung einschließen kann – wie ein Doppelstern, dessen zwei Sichten sich bei entsprechender Betrachtung zeigen. So finden wir im Alten Testament die Versammlung sozusagen in Christus eingebunden. Die erste große Tat des Reiches unseres Herrn wird, so glaube ich, die Vertreibung Satans und der bösen Geister aus den himmlischen Örtern sein (vgl. Eph 6,12; Off 12,7-12). Auf der Erde wird sofort die Frage nach Israel, Gottes auserwähltem Volk, aufgeworfen; und ob als Drache oder Schlange, alle seine Mittel werden gegen Gottes Absicht in diesem Volk und gegen den gottesfürchtigen Überrest eingesetzt, der das Zeugnis (prophetisch, wie ich meine) von Jesus hat, als dem Mann zur Rechten Gottes, dem Sohn des Menschen, den Er für sich selbst gestärkt hat. Die Entwicklung seiner Pläne werden wir im folgenden Kapitel finden.