Behandelter Abschnitt Off 5,7-8
Der Geist des Zeitalters, der jetzt so schön aussieht und spricht, könnte sich jeden Augenblick heftig gegen Gott erheben, und dann sollten wir die Wahrheit erfahren, dass es ein geschlachtetes Lamm ist, das wir in der Höhe kennen und anbeten. Wir sollten die Wirklichkeit dessen und die Gemeinschaft mit Ihm entdecken, und es würde so manchen Heiligen Gottes aus dem Schlummer aufwecken, in dem er sich jetzt befindet. Denn auch die klugen Jungfrauen können schlafen. „Wache auf, der du schläfst“, wird zu den Christen gesagt. Wenn du unter toten Dingen und Personen schläfst, so gebe der Herr, dass du nicht in diesem Zustand bleibst, sondern dich schnell davon befreist, „und der Christus wird dir leuchten!“ (Eph 5,14).
Und es kam und nahm das Buch aus der Rechten dessen, der auf dem Thron saß. Und als es das Buch nahm, fielen die vier lebendigen Wesen und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und sie hatten jeder eine Harfe und goldene Schalen voll Räucherwerk, welches die Gebete der Heiligen sind (5,7.8).
Es ist das geschlachtete Lamm, das offensichtlich das große Zentrum der himmlischen Anbetung ist. Jetzt, wo die Sünde in die Welt gekommen ist, reicht die schöpferische Herrlichkeit Gottes nicht mehr aus, auch nicht seine Regierung in der Vorsehung. Wenn Er verherrlicht werden soll, außer im reinen Gericht über seine Widersacher, wenn Zeichen barmherziger Güte in einer Welt wie dieser bekannt werden sollen, wenn ein neues Lied im Himmel gesungen werden soll, muss es eine Erlösung geben, und zwar nicht nur durch Macht, sondern durch Leiden und Blut. Wie also im vorigen Kapitel Gott, der Herr, der Allmächtige, den zentralen Thron füllte, so ist hier das Lamm der zentrale Gegenstand, von dem aller Segen für das Geschöpf abhängt und dem ebenso wie dem, der auf dem Thron saß, Anbetung dargebracht wird. Der ganze Himmel ehrt Ihn, wie der Vater geehrt wird. Er ist der Erstgeborene, der Erbe, nicht nur durch das Recht der Schöpfung und die eigentliche persönliche Herrlichkeit, sondern Er ist durch die Erlösung der göttlich eingesetzte „Erbe aller Dinge“.
Gott bestimmt das weite Universum für sein Zepter. Aber wie und unter welchem Vorwand würde Christus das Erbe antreten? Durch Macht? Gewiss, alle Macht war sein. Am Tag seiner Erniedrigung waren die Dämonen durch seinen Namen den geringsten seiner Diener unterworfen. Sogar damals konnte Er sagen: „Ich schaute den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen“ (Lk 10,18), und die Kraft der Siebzig, die Dämonen auszutreiben, war für seinen Geist, wie ich glaube, das Zeichen und der Ernst des vollständigen Sieges zur rechten Zeit: „Siehe, ich gebe euch die Gewalt, auf Schlangen und Skorpione zu treten, und Gewalt über die ganze Kraft des Feindes“ (Lk 10,19). Warum nicht gleich das Erbe antreten? Warum nach dem Beweis solcher Triumphe über den Satan hinunter in den Tod gehen, sogar in den Tod am Kreuz? „Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen“ (1Kor 1,25). Weil Gott in seiner Majestät, Liebe, Weisheit und Gerechtigkeit gerechtfertigt werden muss. Weil Christus ein verunreinigtes Erbe nicht annehmen konnte (vgl. Kol 1,20; Heb 9,21-23.) Weil Er nicht allein herrschen wollte, und in diesem Punkt waren Er und sein Vater einer Meinung. In seiner Gnade würde Er Miterben haben, die Teil an seiner Herrlichkeit haben. Eine solche Versöhnung war nur durch den Tod möglich, auch wenn das Opfer der Leib seines Fleisches war, alles fleckenlose Fleisch, wie es war.
Der Friede konnte nicht stabil und göttlich gesichert werden, außer durch das Blut seines Kreuzes. Deshalb wird Er hier als das Lamm gesehen und besungen. Gott hat die feste Absicht, den Erstgeborenen in die bewohnbare Welt zu bringen; und das Buch in seiner rechten Hand beschreibt, so nehme ich an, den Vorgang, durch den das Erbe in seine Hände gelegt werden soll; aber der Kauf durch Blut, gepriesen sei sein Name, ist der Grund, auf dem die Herrschaft angenommen wird.
Wenn Er das Buch empfängt, ist alles in Bewegung. Wie in Kapitel 4, wenn die lebendigen Wesen Gott die Ehre geben, die 24 Ältesten niederfallen und anbeten, so hier, wenn das Lamm das Buch aus der Rechten dessen nimmt, der auf dem Thron saß, werfen sich die vier lebendigen Wesen und die 24 Ältesten vor Ihm nieder. Obwohl es geöffnet werden könnte, um einen Schlag zu führen, gab es keine Befürchtung, keine Furcht, keine Angst um sich selbst im Besonderen; sie fielen vor dem Lamm nieder. Es ging nicht darum, nur etwas von Gott zu empfangen, sondern sie wollten Ihn erhöhen. Weit davon entfernt, Gott etwas wegzunehmen, im Gegenteil, in der Gegenwart des Thrones und dessen, der darauf saß, ist das Lamm das Ziel der Anbetung, die Quelle ihrer reinsten und tiefsten Ausprägung. Gott wird am besten verherrlicht, wenn das Lamm seinen Anteil am Lob hat.
Sie hatten „jeder eine Harfe und goldene Schalen29 voll Räucherwerk, welche die Gebete der Heiligen sind“ (V. 8). Im Dienst der Stiftshütte in der Wüste wurden silberne Trompeten von den Priestern für heilige Zwecke verwendet. David führte zuerst die Harfe ein und sonderte die Söhne Asaphs, Hemans und Jeduthuns ab, um im Haus des Herrn mit Zimbeln und Harfen Psalmen zu singen. Diese waren, wie die Priester, in 24 Abteilungen eingeteilt, so dass die Anspielung offensichtlich ist, mit jenem Maß an Unterschied, das für die Offenbarung charakteristisch ist. Priesterliche Dienste und Gesänge sind hier in Vollkommenheit verschmolzen. Dient das nicht auch dazu, zu zeigen, dass hier nur von den Ältesten gesagt wird, sie hätten Harfen und Schalen voll Räucherwerk? In Kapitel 15 geben die vier lebendigen Wesen den Engeln die sieben goldenen Schalen voll des göttlichen Zorns. So stimmt alles überein: Die Ältesten sind die Häupter des königlichen Priestertums, während die Cherubim auf die Vollstreckung der Gerichte Gottes warten, obwohl beide sich (Kap. 5) in der vollsten Huldigung des Lammes vereinen. Wer aber sind diese „Heiligen“, die beten? Die Ältesten, oder die Versammlung, waren im Himmel und in vollem Chor des Lobes. Wessen Gebete sind das dann? Sie kommen von Heiligen, die leiden werden, wenn die Versammlung droben ist. Die Ältesten sind die himmlischen Heiligen, die zuvor entrückt wurden, einschließlich vielleicht der Heiligen des Alten Testaments. Sie sind am Ort der Anbetung und des Lobes, während das Gebet ein Kanal ist. Wenn sie mit Gebeten zu tun haben, dann sind es die Gebete anderer, nicht ihre eigenen. Außerdem singen sie ein neues Lied, nämlich das vom Erkaufen des Lammes durch Blut, indem sie sagen: „Du bist würdig …, denn du bist geschlachtet worden.“
29 Der Rezensent in Evangelical Christendom, August 1860, S. 451, wendet neben anderen Abweichungen von „den altehrwürdigen Ausdrücken unserer ehrwürdigen sächsischen Bibel“ ein, dass ich „Schalen“ statt „Fläschchen“ angegeben habe. Aber er muss doch wissen, dass mit φιάλη hier und auch sonst nirgends im Buch „ein Fläschchen“ gemeint ist, sondern ein breites, offenes Gefäß oder ein Krug (vgl. in der LXX. 2Mo 27,3; 38,3; 4Mo 7passim: auch in Anlehnung an andere hebräische Wörter, 4Mo 4,14; 2Chr 4,16 usw.). Wir sollten den Sinn nicht dem Klang opfern. Das englische Wort „vial“, obwohl aus dem Griechischen abgeleitet, führt wirklich in die Irre. Die Gewohnheit oder das Ohr kann eine solche Vorliebe erklären.↩︎