Zweifellos empfanden sie, dass es gefährlich war, weiter über ein solch heikles Thema zu reden, und sagten: „Wir sind deine Knechte“ (V. 8). Auch das schien gut gesprochen; aber als Josua die Frage stellte: „Wer seid ihr, und woher kommt ihr?“, antworteten sie ihm:
Aus sehr fernem Land sind deine Knechte gekommen, um des Namens des Herrn, deines Gottes, willen (9,9a).
Behandelter Abschnitt Jos 9,9b-14
Hier kommt die skrupellose Täuschung des Feindes gründlich zum Vorschein. Es war außerordentlich, aus dem Mund eines Kanaaniters das Bekenntnis zum Namen des Herrn zu hören; und sie wussten wohl, dass dies bei jemandem wie Josua besonders deutlich werden würde. Derjenige, der den Namen des Herrn am meisten schätzt, würde ihn am ehesten dort begrüßen, wo er ihn am wenigsten erwartet. Dementsprechend gewichtig war es für ihn, als sie hinzufügten: denn wir haben seine Kunde vernommen und alles, was er in Ägypten getan, und alles, was er den beiden Königen der Amoriter getan hat, die jenseits des Jordan waren, Sihon, dem König von Hesbon, und Og, dem König von Basan, der in Astarot wohnte. Da sprachen unsere Ältesten und alle Bewohner unseres Landes zu uns und sagten: Nehmt Wegzehrung mit euch auf den Weg und geht ihnen entgegen, und sprecht zu ihnen: Wir sind eure Knechte; und nun schließt einen Bund mit uns! Dieses unser Brot, warm haben wir es aus unseren Häusern als Wegzehrung mitgenommen, an dem Tag, als wir auszogen, um zu euch zu gehen; und nun siehe, es ist vertrocknet und schimmlig geworden. Und diese Weinschläuche, die wir neu gefüllt hatten, siehe da, sie sind geborsten; und diese unsere Kleider und unsere Schuhe sind abgenutzt infolge des sehr langen Weges. Und die Männer nahmen von ihrer Wegzehrung; aber den Mund des Herrn befragten sie nicht (9,9b–14).
Der Köder war geschluckt, das Unheil war angerichtet, und seine Wirkung dauerte lange an. Die Männer Israels, die anfangs nicht ohne Furcht waren, ließen sich umgarnen. Wenn Josua führte, dürfen wir uns nicht wundern, dass die anderen folgten. Sie nahmen von ihren Vorräten – das Zeichen der Gemeinschaft in ihrem Maß –, aber sie befragten nicht den Mund des Herrn.
Der Feind hatte Israel besiegt. Es war eine verhängnisvolle Tat, obwohl die Folgen noch nicht sichtbar waren. Wie viel kann in dem stecken, was man die einfache Handlung des Proviantnehmens nennen könnte! An einem anderen Tag, an dem es eher umgekehrt ist, finden wir das im Neuen Testament. Für Paulus, der sich sonst so wenig um Fleisch oder Kräuter scherte, stand die Wahrheit des Evangeliums auf dem Spiel, wenn er aß oder nicht aß. Ich spreche nicht einmal vom Abendmahl, sondern von einer gemeinsamen Mahlzeit, als es um eine Frage zwischen Juden und Heiden ging, und das vor keinem Geringeren als dem großen Apostel der Beschneidung. Eine Zeit lang wurden Barnabas und auch Petrus von dem alten traditionellen Empfinden des Juden mitgerissen. Der gute Mann und der Furchtlose zogen sich von den Unbeschnittenen zurück, weil sie sich schämten oder fürchteten, die Empfindungen der Brüder in Jerusalem zu verletzen. So gewann Satan für den Augenblick einen großen Punkt; aber es war jemand zur Hand, um die Gnade sofort zu rechtfertigen. Gott sei Dank war es noch nicht so, dass Satan die ganze Versammlung weggezogen hatte, oder sogar die, die sie am besten repräsentierten. Wenn Petrus und Barnabas zusammen waren, gab es einen Paulus, der sich widersetzte, und Paulus entschied sofort, auf Kosten (ihr könnt sicher sein) jedes Gefühls. Auf der einen Seite stand der Mann, der ihm einst großzügige Liebe erwiesen hatte, auf der anderen Seite Petrus, Haupt unter den Zwölfen, von Gott am meisten geehrt unter Juden und Samaritern und sogar Heiden (Apg 2-10), von den Menschen also am meisten geehrt, und das sehr zu Recht.
Wer aber soll geehrt werden, wenn der Herr in seiner Gnade beschämt wird? Und so erhob sich Paulus in der Kraft seines Glaubens und in der Einfalt seines eifrigen Eintretens für die Wahrheit des Evangeliums; denn das war die Frage, das war es, was für ihn auf dem Spiel stand. Wer hätte das gesehen außer ihm selbst? Aber so war es; denn dort und bei dieser Gelegenheit wäre der ganze Inhalt des Evangeliums aufgegeben worden, wenn Paulus eingewilligt hätte, sich wie die anderen von den Unbeschnittenen zurückzuziehen. Gott sei Dank hatte der Satan mit seiner List nicht ganz Erfolg, wenn auch in einem beträchtlichen Ausmaß.
Aber hier war es Gott, der nicht befragte wurde; und es ist eine noch ernstere Sache, liebe Brüder, wenn es nicht nur die Männer Israels sind, sondern die Ältesten, die Fürsten, die Obersten der Versammlung, ja, Josua selbst, die Ihn so aus einer Angelegenheit herausgelassen haben, die Er allein kannte. Und so war es auch bei dieser Gelegenheit. Sie befragten nicht den Mund des Herrn. Und Josua machte Frieden mit ihnen und schloss einen Bund mit ihnen, sie am Leben zu lassen, und die Obersten der Versammlung schworen ihnen. Da banden sie sich an den Namen des Herrn, und es ist auch für uns sehr auffallend zu sehen, dass man zu dieser Zeit mit der Ehre dieses Namens nicht sparsam umging. Sie empfanden, dass sie betrogen worden waren. Das war wahr; aber sie hielten es deshalb nicht für möglich, den Eid des Herrn zu brechen, weil sie dazu verführt worden waren. Auch wir müssen uns hüten, da, wo wir uns zu etwas Unrechtem verpflichtet haben, leichtfertig mit diesem Namen umzugehen. Nein; die Sache war geschehen: sie konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden. Sie hätten den Herrn jetzt um Rat fragen können; es wird uns nicht gesagt, dass sie das taten. Sie hatten einen doppelten Fehler begangen: sie gingen ohne den Herrn hinein, und als die Sache geschehen war, finden wir nicht, dass sie die Schwierigkeit vor Ihm ausgebreitet hätten. So ist es ganz offensichtlich, dass der Feind an jenem Tag einen großen Vorteil gegenüber dem Heer des Herrn erlangte.
Und wir mögen an unserem Tag wachsam sein, Geliebte; denn diese Dinge sind zu unserer Ermahnung geschrieben, über die das Ende der Zeitalter gekommen ist (1Kor 10,11). Es gibt auch nichts Wichtigeres bei Schwierigkeiten, Prüfungen oder allem, was die Gefühle betrifft und uns vielleicht in praktische Verpflichtungen hineinzieht, als dass wir, bevor wir eine Meinung wagen, bevor wir eine Maßnahme ergreifen, bevor wir uns von dieser oder jener Seite vereinnahmen lassen, den Rat des Herrn einholen sollten. Das würde uns manches Leid ersparen, und es würde viel Schande und Niederlage vor unseren Feinden verhindern, und besonders, muss ich sagen, bei Menschen, die Weisheit haben, die gewohnt sind, zu führen; denn es gibt wenige Dinge, die schwieriger sind, als für solche, ihre Schritte zurückzuverfolgen, und zwar umso mehr, je höher der Charakter, je größer die Erfahrung, in den Wegen Gottes ist. Wenn Satan einen solchen Vorteil erlangt, ist die Schwierigkeit enorm. Wir müssen es nur auf uns selbst anwenden. Es ist sehr leicht, darüber zu sprechen, was ein anderer tun sollte; aber betrachten wir nur für einen Moment, dass es öffentlich unser Fall ist. Es ist leicht zu sagen, was sein sollte, und es gibt keinen Zweifel daran; aber diejenigen, die in irgendeinem Maß darauf zugehen und den Ernst einer solchen Stellung kennen, können nicht ignorieren, was auch immer andere theoretisieren mögen, dass dieses Unheil unberechenbar ist. Darum lasst uns füreinander beten. Lasst uns für die beten, die am meisten den Rat Gottes brauchen, dass sie immer von voreiligen Worten und Maßnahmen bewahrt werden, sei es für sich selbst oder für andere, besonders wenn der Name des Herrn bei einem Gegner miteinbezogen ist.
Dies ist also, wie ich meine, die ernste Lehre, die uns im Bericht über die Männer von Gibeon vorgestellt wird. Es ist wahr, dass Gott zuließ, dass sie in der Folge einen gewissen Stempel der Erniedrigung tragen sollten. Sie wurden versklavt als der einzige Weg, der in gerechter Weise offenblieb. Bis jetzt war es weise von denen, die das Heer des Herrn anführten, dass die Gibeoniter Holzhauer und Wasserschöpfer sein sollten. Nach dem Schließen des Bundes wäre es eine neue Sünde, ein Verbrechen, gewesen, sie zu töten. Der Name des Herrn war feierlich verkündet worden, und damit kann man nicht leichtfertig umgehen; aber andererseits wurden die Gibeoniter für die niedrigsten Dienste für das Heiligtum des Herrn eingeteilt. So wurde deutlich, dass sie nichts anderes bewahrten als seinen Namen. So wurden sie dem Heiligtum angegliedert, allerdings mit dem Brandmal der Sklaverei auf ihnen.
Dennoch war das Unrecht in der Sache der Gibeoniter von der schwersten Art. Es war nicht einmal wie das, was zuvor geschehen war, wo sie eine vorübergehende Niederlage erlitten hatten, denn dort schaute Gott auf sie und holte sie aus ihrer Erniedrigung heraus; aber hier gab es eine dauerhafte Schwierigkeit, die sich für Israel zu einem späteren Zeitpunkt zeigte, wie wir an anderer Stelle in der Schrift finden. So schwerwiegend und verhängnisvoll waren die Folgen des falschen Schrittes, den sie jetzt machten, weil sie nicht den Rat des Herrn suchten.