Behandelter Abschnitt Heb 13,7-9
Die Herzen der Brüder werden danach an ihre heimgegangenen Führer erinnert, die, da sie sich durch ihren Glauben ausgezeichnet hatten, ihren Weg treu zum Lob des Herrn abgeschlossen hatten.
Gedenkt eurer Führer, die das Wort Gottes zu euch geredet haben, und, den Ausgang ihres Wandels anschauend, ahmt ihren Glauben nach. Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit. Lasst euch nicht fortreißen durch mancherlei und fremde Lehren; denn es ist gut, dass das Herz durch Gnade befestigt wird, nicht durch Speisen, von denen die keinen Nutzen hatten, die darin wandelten (13,7–9).
Es ist gut, dass wir in unserer Sprache unterscheiden, was der Heilige Geist in den Versen 3 und 7 unterschieden hat: Ersteres (vgl. Heb 2,6) ist ein praktisches Gedenken an Not, Prüfung und Leiden; letzteres ist ein Erinnern an die, die vergessen werden können, die gestorben sind. Daher entspricht der Text der Authorized Version nicht der Wahrheit; ebenso wenig die Randbemerkung, obwohl die wörtlicher ist. Aber in diesem Fall müssen wir sagen, sie waren, nicht sind, eure Führer, denn ihr Weg war abgeschlossen, wie der Vers selbst andeutet. Sie waren „führende“ Männer unter den Brüdern wie Judas Barsabbas und Silas (Apg 15,22), ob Älteste oder nicht, denn die so Genannten hatten einen größeren und höheren Bereich als eine örtliche Aufgabe. Und die Gläubigen werden ermahnt, ihnen ein ehrendes Andenken zu bewahren; denn der folgende Satz bezeichnet sie als solche, die das Wort Gottes zu ihnen gesprochen haben, und nicht als die bloße Tatsache, dass sie zu ihrer Zeit so gesprochen haben. Es ist wahrscheinlich, dass einige ihrer „Führer“ die Führung unter den Gläubigen innehatten; aber das ist nicht die Bedeutung des hier verwendeten Wortes, das eine allgemeinere Bedeutung hat und nichts anderes als eine herausragende Stellung in der Lehre und Ermahnung bedeutet haben kann.
Es gibt noch ein anderes Wort (προιστάμενοι) von ähnlicher Bedeutung, wie wir in Römer 12,8 und 1. Thessalonicher 5,12 haben, die zeigen, dass sie nicht auf die Ältesten beschränkt waren, obwohl sie natürlich auf die Ausübung ihres Amtes anwendbar sind. Es bedeutet „vorstehen“ und hat seine Bedeutung an der ihm gebührenden Stelle. Aber der große Wert liegt heute wie damals darin, dass er von der geistlichen Kraft abhängt, die Gott schenkt, und nicht von der öffentlichen Stellung, zu der ein Apostel oder ein vom Apostel Beauftragter ernannt worden war: Eine Sache, die man auch in vollem Umfang anerkennen muss, wenn es so war, wie die Schrift deutlich beweist. Wie dem auch sei, sie waren ihre Führer gewesen, und den Brüdern wird gesagt, dass sie in Anbetracht ihres Lebenswandels (im alten Englisch their conversation) ihren Glauben nachahmen sollen. Einige unter den hebräischen Bekennern liefen Gefahr, sich zurückzuziehen, was andere anscheinend tatsächlich getan haben. In früheren Tagen hatte es eine edle Haltung und ein starkes Ausharren dafür gegeben; und hier werden sie zu dem ermahnt, was in den verstorbenen Führern aufleuchtete, von denen jedenfalls einige, wie es scheint, bis aufs Blut widerstanden hatten.
Aber es folgt ein weitaus höherer Gegenstand: der große Leidende, der Allerherrlichste, der immer bleibt: „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit“ (V. 8). Das ist die wahre Bedeutung. Es gibt keinen wirklichen Grund, diesen Satz in Verbindung mit dem vorangehenden „Ausgang ihres Wandels“ zu sehen, was nicht nur gegen die Grammatik verstößt, sondern auch den Sinn beider Sätze zerstört. Es stellt auf wunderbare Weise den vor, der nicht nur für immerdar lebt, sondern sich auch nicht verändert. Es ist die Schwachheit des Geschöpfes, sich zu verändern. Und von allen Geschöpfen ist keins mehr dem Wandel unterworfen als der Mensch, obgleich er das Haupt von allem ist und über alles auf der Erde begabt, doch am wandelbarsten, wie ein Schilfrohr, das sich durch seinen Willen und seine Leidenschaften jedem Wind beugt. Aber hier haben wir einen wirklichen Menschen, der versucht wurde wie kein anderer, und doch ist Er der Unveränderliche, wie Er in der Tat Gott war und nicht weniger wirklich ist. Welch ein Halt für unseren Glauben! Denn wir, die wir an Ihn glauben, haben noch die gefallene Natur; und wer ist so kompetent wie Er, uns von unserer Neigung zu befreien, vom Guten, Heiligen und Wahren in irgendeine Schlinge des Feindes abzurutschen! Auf Ihn zu schauen, sich auf Ihn zu verlassen, uns an Ihm zu erfreuen, Ihm zu folgen, ist ein unermesslicher Schutz, der zu diesem Zweck von der Gnade gegeben wurde; und Er weiß, wie man den geringsten der Gläubigen, die auf Ihn warten, bewahrt und festhält. Wahrlich, Er ist der Fels, der niemals wankt, um solche zu tragen, die ohne Ihn dem Wind und den Wellen ausgeliefert sind.
Von allen Menschen hatten sich die Hebräer von jeher am bereitwilligsten gezeigt, die fremden und falschen Götter der Völker anzunehmen. Ihre eigenen Propheten warfen ihnen eine beispiellose Torheit vor; und doch waren sie das einzige Volk, dem es vergönnt war, dass der lebendige Gott, der Herr der Heerscharen, sich herabließ, ihr Gott zu sein. Aber sie lehnten sich gegen Ihn auf, Volk, Priester und Könige, bis es keine Abhilfe mehr gab; und wenn Er ihnen nicht einen ganz kleinen Überrest gelassen hätte, wären sie wie Sodom und Gomorra geworden. Niemand außer dem Messias konnte ihrem verzweifelten Fall begegnen, als sie Lo-Ammi (Nicht-mein-Volk) geworden waren, und sogar Er nur durch das Opfer seiner selbst, als sie Ihn verworfen und gekreuzigt hatten. Nun aber ist Er auferstanden von den Toten und verherrlicht, gekrönt mit Herrlichkeit und Ehre, und alles ist unter seine Füße gestellt, wie David im Geist sang. Zwar sehen wir jetzt noch nicht, dass Ihm alles unterworfen ist. Aber wir sehen Ihn selbst erhöht in der Höhe, das Unterpfand all dessen, was bei seiner Erscheinung gewiss zu sehen sein wird. Auf diesen gesegneten Gegenstand des Glaubens und der Hoffnung sind die Augen dieser gläubigen Söhne gerichtet, damit sie sich mit ganzem Herzen an Ihn hängen, wie es ihre Väter nie taten, und nicht mehr durch Unglauben hin und her geworfen werden. „Lasst euch nicht fortreißen durch mancherlei und fremde Lehren“ (V. 9a). Das ist der Zusammenhang des Gedankens, das ist die Bewahrung in der Tat vor dieser großen Gefahr. Hierdurch können alle Gläubigen gesegnet werden: „denn es ist gut, dass das Herz durch Gnade befestigt wird, nicht durch Speisen, von denen die keinen Nutzen hatten, die darin wandelten“ (V. 9b), wie sehr die Liebhaber der Tradition auch darüber reden und sie loben, „von denen keinen Nutzen hatten, die darin wandelten.“ Wie sollte das auch geschehen? Die Speisen verderben beim Gebrauch, wie die, die nicht auf den Höchsten schauen. Er handelt jetzt mit nichts anderem als mit souveräner Gnade, damit die Schwächsten gestützt und die Bösesten durch Christus und seine Erlösung gerettet werden können.
Der Heilige Geist begnügt sich nicht damit, mancherlei und fremde Lehren und solche Verordnungen des Fleisches zu verwerfen, von denen Er bereits gezeigt hat, dass sie ein unvollkommenes System und eine vorläufige Zeit kennzeichnen (Heb 9,9.10), als der Weg in das Heiligtum noch nicht offen war. Er bekräftigt für die Christen die positiven Realitäten, die die Juden für nicht existent gehalten haben könnten. So hatte er es im ganzen Brief bewiesen. Was das Judentum in Form und Schatten, in einem irdischen Maß hatte, besitzen die, die Christus angehören, schon jetzt als himmlische Wahrheit in unfehlbarer und beständiger Tugend, während für die Kraft der Hoffnung noch reichlich Raum bleibt. Die Reinigung von den Sünden ist bereits geschehen (Heb 1,3), das große Heil ist uns durch ein überaus reiches und vortreffliches Zeugnis bestätigt worden, das Gott selbst in der Kraft des Geistes zu bezeugen sich herabgelassen hat (Heb 2,3.4). Er erklärt sogar, dass wir zwar noch nicht alles Jesus, dem Sohn des Menschen, unterworfen sehen, wie wir es gewiss erwarten, aber wir sehen Ihn selbst, weil Er auch den Tod erlitten hat, gekrönt mit Herrlichkeit und Ehre (Heb 2,8.9). Wir sind eingeladen, den Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses, Jesus, zu betrachten (3,1), aber Jesus hat sich bereits als einzigartig erwiesen, als Sohn Gottes und Sohn des Menschen (1,2), der die Himmel durchschritten hat (4,14), als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks (5,10).