Behandelter Abschnitt Heb 10,8-10
Die Aufmerksamkeit wird auf die wundersame Tatsache im unsichtbaren Bereich gelenkt, die von früher her offenbart wurde und uns jetzt mit Nachdruck vor Augen geführt wird, wo der Sohn sich um jeden Preis anbietet, um zur Ehre Gottes und zum Segen des Menschen das zu bewirken, was völlig jenseits des Geschöpfes lag. Nur so konnten Zweck und Gehorsam in Ihm zusammenkommen, der sich herabließ, Mensch zu werden, die Gefallenen durch sein Opfer zu retten und Gott in jeder Hinsicht zu verherrlichen. Als Er droben sagte:
Während er vorher sagt: „Schlachtopfer und Speisopfer und Brandopfer und Opfer für die Sünde hast du nicht gewollt noch Wohlgefallen daran gefunden“ (die nach dem Gesetz dargebracht werden), sprach er dann: „Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun.“ (Er nimmt das Erste weg, damit er das Zweite aufrichte.) Durch diesen Willen sind wir geheiligt durch das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi (10,8–10).
Schon im Alten Testament wurde genug gesagt, um die göttliche Wertschätzung des Opfersystems anzudeuten. Es hielt die heilsame Anerkennung der Not und Schuld des Menschen aufrecht. Die Erinnerung an die Sünden hat das Zeugnis Gottes, der bereit ist, sie anzunehmen, nie wirklich ausgelöscht, aber in den Opfern von Geschöpfen, die völlig unzureichend sind. Es wies auf den hin, der in dem für ihn allein zubereiteten Leib den Willen Gottes tun konnte und wollte, nicht ein Engel, sondern ein Mensch, wenn auch unendlich viel mehr. Das Gesetz war völlig untauglich, um einerseits Gott zu verherrlichen und andererseits den Menschen zu erlösen. Nur der Sohn Gottes konnte beides tun; und deshalb wurde Er nicht nur Mensch, der Nachkomme der Frau, sondern in Gnade gehorsam bis zum Tod (der sonst keinerlei Anspruch auf Ihn gehabt hätte), ein Opfertod für die Sünde, der nicht im Geringsten sein eigener, sondern allein der unsere war; und dies nach einem Leben unbeirrbarer Treue und absoluter Hingabe an den Willen und die Herrlichkeit seines Vaters in einer Welt der Sünde, des Leids, der Leiden und des Todes.
Vers 9 fasst das Ergebnis in ein paar prägnanten Worten zusammen: „Er nimmt das Erste weg, damit er das Zweite aufrichte“. Das Opfer Christi war zugleich die Vollendung und der Abschluss der levitischen Haushaltung. Es war nicht länger eine Forderung an den Menschen, sondern Gottes vollkommener Wille, so dass Er kraft dessen den schwachen, versagenden, schuldigen Menschen segnen konnte, wenn er nach der ganzen Liebe seines Herzens glaubte. Darauf hatte Er gewartet – o wie lange! Der Wille Gottes war nun geschehen. Wie anders als der Wille des Menschen in Stolz oder Eitelkeit, in Gewalt oder Verderbnis, wie es das Geschlecht seit Adam getan hatte! Dieser brachte Fluch und Verderben, jener Segen ohne Maß und Ende, und das mit Recht. Denn nachdem Er den Willen Gottes in einem Leben der Güte vollbracht hatte, litt Er besonders während des ganzen Lebens, aber vor allem in seinem Tod, wie von den Menschen für Gott, so von Gott für die Menschen, um schließlich alles zu krönen, als Er für uns zur Sünde gemacht wurde, damit wir, die wir glauben, in Ihm Gottes Gerechtigkeit würden. Zwischen dem Vater und dem Sohn war es beschlossen, ehe der Mensch oder die Zeit begann; zu gegebener Zeit, als alles ein moralischer Scherbenhaufen war und der Mensch unter allen Umständen versagt hatte, nach allen Versuchen Gottes unter dem auserwählten Volk wie außerhalb desselben, wurde Er Mensch, um es zu tun, und Er tat es um jeden Preis bis zur Vollkommenheit und verherrlichte damit Gott in dem Opfer seiner selbst, das die Sünde für immer abschaffen würde.
Der höchste Engel ist nur ein Diener; der Sohn wurde ein Diener. Gerade diese Tatsache schließt seine persönliche Herrlichkeit als wahrer Gott in sich. Denn der Erzengel konnte sich weder der von Gott gegebenen Herrlichkeit entledigen, ohne gegen den Gott zu sündigen, der ihm seine Stellung gab, noch brauchte er sich zu demütigen, um ein Diener zu werden, denn er war und konnte nichts anderes sein. Ein göttlicher Mensch aber konnte und tat es. Wie an anderer Stelle geschrieben steht: „sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,7.8). Für den Christen ist die Religion der Zeichen für immer vorbei. „Die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden“ (Joh 1,17).