Es bleibt, die Gläubigen zu leiten, wie sie mit der Ungerechtigkeit umgehen sollen, nicht wie in Korinth, sondern mit den ungeordneten Wegen jedes Einzelnen in der Gemeinschaft. Keine Sünde darf in Gottes Wohnung übersehen oder übergangen werden. Seine Wohnung ist dort das Maß des Gerichts für seine Kinder. Was Ihn beleidigt, was seinen Geist betrübt, was den Herrn entehrt, der Ihn bekanntgemacht und seinen Willen lebendig verkörpert hat, kann denen nicht gleichgültig sein, die berufen sind, von seinem Wesen, seiner Gnade und seiner Herrlichkeit Zeugnis zu geben. Aber eine der Arten, in denen Er die Herzen seiner Kinder bewegt, besteht darin, Ihn richtig zu darzustellen, wenn sie die Verfehlungen der anderen sehen und beurteilen müssen. Auf der einen Seite sind sie dafür verantwortlich, dem Bösen niemals zuzustimmen, nachdem sie alle Gottes schonungsloses Urteil darüber sowie seine demonstrierte Abscheulichkeit am Kreuz gesehen haben. Andererseits sind sie nicht dazu berufen, Gesetze zu erlassen, als ob sie sich ständiger Inspiration durch die apostolische Aufeinanderfolge erfreuten oder als ob Gott seine Gedanken nicht schon „von Anfang an“ durch auserwählte Werkzeuge vollständig in den Schriften offenbart hätte. Die Versammlung soll hier gehorchen. Der Herr lenkt mit einer Weisheit und Gerechtigkeit, die seiner selbst würdig ist, wie wir am besten im Geist der Abhängigkeit und durch echte Ausübung des Gehorsams lernen. Der Geist Gottes wirkt in der Versammlung wie auch in jedem Einzelnen, um das geschriebene Wort mit einer göttlich gegebenen Einsicht anzuwenden. Denn es gibt auf beiden Seiten Gefahren, die der Natur geschuldet sind: die leichtfertige Sanftmut, die davor zurückschreckt, das Böse gebührend zu untersuchen und richtig einzuschätzen; die drakonische Strenge, kleinere Fehler mit solcher Strenge heimzusuchen, dass für das, was viel schlimmer ist, kein strengerer Umgang übrigbleibt. Die Heilige Schrift begegnet allen, indem sie uns sowohl ein Gebot als auch ein Beispiel gibt, damit der Grundsatz Gottes und nicht des Menschen alles umfasst und das Gewissen in jedem Fall mit einer ungezwungenen Überzeugung seines Willen geleitet wird.
Wir gebieten euch aber, Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückzieht von jedem Bruder, der unordentlich wandelt und nicht nach der Überlieferung, die er von uns empfangen hat (3,6).
Noch gab es in der Versammlung in Thessalonich keinen solchen Fall von skandalöser Schlechtigkeit, wie in 1. Korinther 5. Dennoch sah der Apostel im ersten Brief unter der Eingebung Gottes Anlass, die Gläubigen vor persönlicher Unreinheit zu warnen und jeden zu ermahnen, seinem Bruder in dieser Sache kein Unrecht zu tun. Es ist ein Vergehen, das besonders den uns gegebenen Heiligen Geist beleidigt; und der Herr ist der Rächer in all diesen Dingen. Und indem er auf etwas ganz anderes großen Wert legte, nämlich auf die brüderliche Liebe, wie die Gläubigen von Gott gelehrt werden, einander zu lieben, hatte er sie ernsthaft ermahnt, sich zu bemühen, still zu sein und sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern und mit ihren eigenen Händen zu arbeiten.
Da jedoch die strahlende Hoffnung (wie wir gesehen haben) für ihre Herzen gedämpft war, als er seinen zweiten Brief schrieb, musste er auch empfinden, dass einige seinen Aufruf, ehrenhaft gegenüber den Außenstehenden zu wandeln, um nichts und niemanden nötig zu haben, ungenügend beachtet hatten. Meines Erachtens war es nicht eine zu enthusiastische Begeisterung für das Kommen des Herrn, die einige dazu veranlasste, ihre tägliche Pflicht zu vernachlässigen; es mag eher die aufgeregte Befürchtung des Tages des Herrn gewesen sein, als ob er bereits angebrochen wäre, die einige von ehrlicher Arbeit abhielt und Anlass zu geschwätziger Mitteilung ihrer Ängste gab, die natürlich aus einem solchen Irrtum resultieren würde, wie es schon oft geschehen ist. Wie dem auch sei, die traurige Tatsache war damals offensichtlich, dass einige in ihrer Mitte auf dem bereits angeprangerten unordentlichen Weg wandelten; und der Apostel wählt dementsprechend eine noch ernstere Sprache, um die Gläubigen anzuweisen, wie sie der Schande, die sie so dem Herrn antaten, begegnen sollen. Mit diesem Namen verbindet er seine Aufforderung, dass sie sich von „jedem Bruder“, der so unwürdig wandelt, zurückziehen oder fernhalten sollen. Die Unordentlichen werden nicht als böse Menschen beschrieben, sondern immer noch Brüder genannt. Dennoch war es ein Verhalten, das selbst sittliche Menschen als verwerflich empfinden würden, und dies wurde noch durch ihre Gleichgültigkeit verschlimmert, wenn nicht gar Missachtung, der vorangegangenen Ermahnung des Apostels, auf die hier Bezug genommen wird.
So waren sie nicht zu entschuldigen, da der Christ, der gerettet ist, den Herrn verherrlichen sollte. Und was sollten ihre Geschwister tun, wenn dieser Name ihre Herzen überragte? Nie war es ein größerer Irrtum, als sich vorzustellen, dass die Versammlung unter dem Vorwand der Autorität des Herrn dem geistlichen Empfinden überlassen sei. Nicht so: „Wenn jemand meint, ein Prophet zu sein oder geistlich, so erkenne er, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist“ (1Kor 14,37). „Von Anfang an“ war es so; und es ist mit Sicherheit auch jetzt noch genauso nötig. Die Versammlung ist aufgerufen, sogar in der Ausübung ihrer ernsthaftesten Funktionen zu gehorchen. Es gibt die häufigste Versuchung, sich eine Ermessensspielraum anzumaßen; und die Christenheit ist überall in die Schlinge gefallen. Aber eine solche Anmaßung ist in Wirklichkeit ein Abweichen von der einen, unveränderlichen Pflicht des Gehorsams, dem einzigen Weg der Ehre für den Herrn und des Segens für die Gläubigen selbst. Es sollte nicht lästig sein für jeden, der seinen Namen liebt, es ist sicherlich gut für die, die nicht nur unfähig für eine Aufgabe jenseits des Menschen sind, sondern einfach als sein Zeugen hier sind. Und es ist zu unserer Ermahnung aufgezeichnet, dass in dem einzigen Konzil, von dem die Schrift spricht, bei einer Gelegenheit von größter Wichtigkeit für die Wahrheit und Freiheit des Evangeliums, bei der alle Apostel anwesend waren, ganz zu schweigen von anderen führenden Männern unter den Brüdern, vor allen in Jerusalem viel diskutiert wurde, wie es zuvor durch die Judaisten unter den Heiden geschehen war, bis das entscheidende Urteil in Übereinstimmung mit „den Worten der Propheten“ von Jakobus gegeben wurde, und dementsprechend verfasste Verordnungen zur Bekanntmachung unter die Versammlungen gesandt wurden (Apg 15). Auch die Apostel und die Ältesten mit der ganzen Versammlung brauchten und hatten die Schrift als Ende allen Streites.
So ermahnt der Apostel hier, obwohl der Anlass ein ganz gewöhnlicher war, die Geschwister „im Namen unseres Herrn Jesus Christus“. Alle sind verpflichtet, nach der Lehre der Apostel zu wandeln.