Behandelter Abschnitt Röm 12,15-16
Freut euch mit den sich Freuenden, weint mit den Weinenden. Seid gleich gesinnt gegeneinander; sinnt nicht auf hohe Dinge, sondern haltet euch zu den Niedrigen; seid nicht klug bei euch selbst (12,15.16).
Trotz des Gegensatzes, der dazu verleitet, das letzte Wort im gleichen Geschlecht wie im Satz davor zu verstehen, was grammatikalisch einfach ist, denke ich, dass die abweichende Form sowohl der Fülle des Stils des Apostels besser entspricht als auch in diesem Abschnitt besser ist, obwohl Niedrige einen nicht zu verachtenden Sinn ergeben kann.24 Welch ein Gegensatz zum selbstherrlichen und verächtlichen Geist der Welt! Wie gesegnet ist es, das auf dem Weg des Hohen und Erhabenen als Mensch, der die Ewigkeit bewohnt, dessen Name heilig ist, vorgelebt zu sehen, und von einem seiner Diener befohlen, dessen Qualitäten des Geistes und des Herzens nur wenige, wenn überhaupt, ihresgleichen unter den Menschen gefunden haben! Vielleicht findet man nirgends, wo sie ihre Gedanken und Empfindungen aussprechen, das genaue Gegenteil so schmerzlich wie bei den Rabbinern. Ihre Verachtung für die ungebildeten Armen ist grenzenlos. Aber in der Tat ist zu natürlich für den Menschen. Hier haben wir Ermahnungen an die Christen. „Wer sagt, dass er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln“ (1Joh 2,6).
24 Soweit scheint mir der Text der Authorized Version der marginalen Alternative vorzuziehen zu sein. Aber der Ausdruck als Ganzes ist ansonsten sehr unglücklich gegeben. Er bedeutet keineswegs „sich zu Menschen von niedrigem Stand herablassen“, sondern eher, sich mit ihnen zu verbinden. Herablassung ist ganz im Gegensatz zu dem Geist, den der Apostel uns pflegen lassen möchte: denn sie setzt die Aufrechterhaltung einer weltlichen Überlegenheit in unseren eigenen Herzen voraus, weil sie bedeutet, den Niedrigen in einem gönnerhaften Ton Freundlichkeit zu erweisen. Der Herr warnt die Jünger vor ähnlichen Gefühlen und Verhaltensweisen in Lukas 22,25-27.↩︎