Behandelter Abschnitt Mk 11,19-26
Was konnte Jesus bei einer solchen Begebenheit abhalten, die umso abscheulicher war, als sie nach Titel und Verantwortung „die heilige Stadt“ war? Nichts als der Auftrag der heiligen Liebe, in dem Er gekommen war. Deshalb zieht Er sich bei Anbruch der Nacht, nachdem Er sein Werk für diesen Tag vollbracht hat, noch einmal zurück, außerhalb der Stadt. Wer außer dem Feind hätte den lästerlichen Gedanken einbringen können, dass dies deshalb geschah, weil diese Stadt für Ihn noch zu heiliger Boden war, um darauf zu ruhen?
Als sie am nächsten Morgen vorbeikamen, erinnerte der Anblick des von den Wurzeln verdorrten Feigenbaums Petrus an den Fluch vom Vortrag. Die Antwort des Meisters war: „Habt Glauben an Gott“ (V. 22) – eine kräftigere Formulierung als die im Matthäusevangelium und von größter Bedeutung für die Diener Gottes angesichts der Schuld und des Verderbens dessen, was am schönsten erscheint oder zumindest von den Menschen am meisten geschätzt wird. Wie der Feigenbaum das Volk in seinem religiösen Anspruch vorbildete, der nun offensichtlich eitel war, und so von dem gerichtet wurde, dessen Recht es war und ist, so scheint „dieser Berg“ eher ihren „Ort und ihre Nation“ zu bezeichnen, die sie in ihrem Unglauben hartnäckig unter römischer Schirmherrschaft zu halten versuchten. – „Wir haben keinen König außer dem Kaiser“ (Joh 19,15). – So stark er in jüdischen Augen auch war, vor dem Glauben der Jünger war er dem Untergang geweiht und sollte bald gewaltsam entwurzelt werden und im Meer der Nationen untergehen. Das ist die erklärte Wirksamkeit des Glaubens; aber eine andere Voraussetzung ist (die der Glaube in der Tat bewirken würde) der Geist der gnädigen Vergebung gegenüber jedem, der uns Unrecht getan oder uns anderweitig beleidigt haben könnte. Bei Matthäus hat dies seinen Platz in der Bergpredigt und besonders im Gebet, während die vergeltende Kehrseite im Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht erscheint. Bei Lukas kommt das Prinzip in einer anderen Form zum Vorschein.