Behandelter Abschnitt Mk 6,35-36
Und als es schon spät geworden war, traten seine Jünger zu ihm und sagten: Der Ort ist öde, und es ist schon spät; entlass sie, damit sie hingehen aufs Land und in die Dörfer ringsum und sich etwas zu essen kaufen (6,35.36).
Oh, sehen wir hier nicht das Spiegelbild unsrer selbst? „Entlass sie“. War das alles, was die Jünger denken oder sagen konnten? Hatten sie nicht mehr von dem Umgang mit ihrem Meister profitiert? Hatten sie nicht von der Gnade profitiert, die der Herr dem armen, hirtenlosen Israel so lange Zeit erwiesen hatte? „Entlass sie“. Schickt sie weg von Jesus! Ohne die Erquickung Jesu! Das war es, was sogar Jünger dem Herrn selbst vorschlagen konnten. Ist es nicht das, was wir von unseren eigenen Herzen her kennen? Entdecken wir nicht immer wieder unsere geringe Fähigkeit, auf die Gnade zu rechnen und ihre grenzenlosen Hilfsquellen zu nutzen, um den gegenwärtigen Schwierigkeiten zu begegnen? Wenn wir die Wege des Herrn gesehen haben, können wir sie bewundern, aber der Glaube zeigt sich vor allem darin, dass wir wissen, wie wir das, was in Christus ist, für den Mangel, der tatsächlich vor uns liegt, nutzen können. Hier war der Mangel bei anderen; aber was für ein Mangel bei ihnen selbst, wenn der Unglaube der Jünger sich so dem Herrn zeigt! „Entlass sie, damit sie hingehen ... und sich etwas zu essen kaufen. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen“ (V. 36.37). Es ist immer so, dass Er handelt: „gebt“. Er liebt es, großzügig zu geben; Er war selbst so, und Er stand nun im Begriff, die Herzen der Jünger zu öffnen, damit sie recht empfanden. Es war nicht nur das, was in einer herrschenden Mission im ganzen Land Israel gebraucht wurde, wenn das Königreich aufgerichtet werden soll, sondern jetzt war es ein Herz für die Armen, Verachteten und Elenden in Israel. Der Herr würde den Jüngern sein eigenes Mitempfinden vermitteln. Er würde sie wissen lassen, was ihnen selbst fehlte – Er würde sie lehren, zu empfinden, was es in Christus gibt, sogar für die Menschen, die kein Empfinden für seine Bedürfnisse hatten, keine Rücksicht auf den Herrn im Blick auf die Ruhe, die Er gesucht hatte. Aber das ändert nichts an der Gnade, die in Christus vorhanden ist. Was auch immer die Schuld eines anderen sein mag, wir müssen gut darauf achten, dass sie bei uns die geduldige Weisheit der Gnade hervorbringt. Das ist das Schwerste, was wir zu lernen haben. Hier versagen die Jünger; aber es war im Beisein dessen, der es nur dazu brauchte, sie zur Erkenntnis seiner eigenen Gnade zu führen. Das ist der große Punkt des ganzen Kapitels; es ist die Zurüstung anderer für den Dienst an seiner eigenen herannahenden und vollständigen Verwerfung.
Hier haben wir nicht nur angemessene Macht, sondern auch angemessene Zuneigung. Macht über den unreinen Geist haben wir gesehen, moralische Macht durch das Wort, sogar über das Gewissen eines natürlichen Menschen, war zu sehen. Aber jetzt beobachten wir die Empfindungen des Herrn, sein Mitgefühl für eine Volksmenge, auch wenn sie ungläubig ist. Es gibt viele, die wirklich an die Liebe glauben, die der Herr für die Versammlung hat, aber sie verstehen überhaupt nicht das tiefe Mitempfinden, das Er mit armen Menschen hat. Das hat der Herr hier gezeigt. Es geht nicht nur um Gläubige, sondern wir haben Personen, die offensichtlich nur danach trachteten, von Jesus das zu bekommen, was sie bekommen konnten, und Ihm um ihrer selbst willen folgten – nicht für das ewige Leben, nicht wegen ihrer Sünden, auch nicht wegen der Wunder, die sie gesehen hatten, sondern wegen dessen, was Er ihnen für dieses Leben geben konnte. Der Herr lehnte nicht einmal das ab, aber die Jünger wussten nichts von dieser Gnade. Ihnen war Autorität verliehen worden; sie hatten bewiesen, dass sie mit dieser Macht ausgestattet waren; sie waren gekommen und hatten dem Herrn erzählt, was sie getan und gelehrt hatten. Aber wo war ihre Zuneigung als Antwort auf die des Herrn? Dass sie sie nicht hatten, verraten ihre Worte an Ihn.
Der Herr musste ihnen nun seine eigenen Gedanken und Empfindungen mitteilen, und Er tut es nach dieser Art: „Er antwortete und sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen“. Sie brauchen nicht zu gehen; sie brauchen nicht zu kaufen. Was Jesus ihnen sagt, ist zu geben –