Behandelter Abschnitt Mt 24,30b-31
Den alten Versuch, diese Verse auf den Sieg der Römer über Jerusalem anzuwenden, braucht man kaum kommentieren. Könnte man sagen, dass dies „unmittelbar nach der Drangsal“ war, oder war es nicht vielmehr die Krönung des jüdischen Leids? –das war nicht die glorreiche Umkehrung ihrer Leiden durch eine göttliche Befreiung. Welche Wunder Josephus auch immer berichtet, sie geschahen vielmehr während der Drangsal, von der er berichtet; wohingegen die Zeichen, von denen hier die Rede ist, ob wörtlich oder bildlich, „der Drangsal jener Tage“ (d. h. der zukünftigen Krise Jerusalems) folgen sollen. Nein; einer, der größer ist als Titus, ist hier; und ein Ereignis wird im Zusammenhang mit diesem armen Volk angekündigt, das das Aussehen und den Zustand aller Nationen verändern wird. und dann werden alle Stämme des Landes wehklagen, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit. Und er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Winden her, von dem einen Ende der Himmel bis zu ihrem anderen Ende (24,30b.31).
Die Auserwählten sind durchweg die auserwählten Nachkommen Israels (V. 22.24.31; vgl. Jes 65). Zweifellos gibt es noch andere Auserwählte; aber wir müssen immer aus dem Zusammenhang heraus auslegen; und das scheint im vorliegenden Fall ganz offensichtlich zu sein. Der Sohn des Menschen, der im Himmel ist und dort gesehen wird, ist – so denke ich – das Zeichen für die Menschen auf der Erde. Dies erfüllt alle Stämme mit Trauer; und Christus kommt sichtbar zum Gericht. Andere Schriftstellen zeigen, dass die himmlischen Heiligen bereits entrückt wurden und dann ihren Herrn begleiten werden; aber hier hören wir nichts davon. Es wäre verfrüht gewesen.
Außerdem geht es in diesem Teil der Prophezeiung darum, sein Kommen zur Erlösung und Sammlung seiner Auserwählten aus Israel zu zeigen. Daher ist Er als Sohn des Menschen (zum Gericht; siehe Joh 5,27) anwesend; und daher sendet Er auch seine Engel mit lautem Posaunenschall aus. „Und es wird geschehen an jenem Tag, da wird in eine große Posaune gestoßen werden, und die Verlorenen im Land Assyrien und die Vertriebenen im Land Ägypten werden kommen und den Herrn anbeten auf dem heiligen Berg in Jerusalem.“ (Jes 27,13). Es ist die Verkündigung, nicht allein des angenehmen Jahres des Herrn, sondern des Tages der Rache Gottes. „Und ihr werdet zusammengelesen werden, einer nach dem anderen, ihr Kinder Israels“ (Jes 27,12). Die vier Winde in Verbindung mit Israel sind keine Schwierigkeit, sondern eher das Gegenteil (siehe Sach 2,2). Wie der Herr sie zerstreut und verstreut hatte „wie die vier Winde des Himmels“, so sollen nun seine Auserwählten gesammelt werden.