Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Ältesten? Denn sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen (15,2).
Der Herr fährt fort, sich mit dem Gewissen zu befassen. Er lässt sich nicht auf eine abstrakte Diskussion über die Tradition ein; auch streitet Er nicht mit ihnen über die Autorität der Ältesten, sondern legt sofort die klare Tatsache dar, dass sie sich in ihrem Eifer für die Tradition der Ältesten direkt gegen das klare, positive Gebot Gottes stellten. Das ist meiner Meinung nach die unveränderliche Auswirkung der Tradition, ganz gleich, bei wem sie zu finden ist. Wenn wir die Geschichte der Christenheit aufgreifen und irgendeine Regel betrachten, die jemals erfunden wurde, werden wir feststellen, dass sie diejenigen, die ihr folgen, in Gegensatz zum Geist Gottes brachte. Es mag das Natürlichste sein, was möglich ist, und aus den neuen Umständen der Kirche heraus entstehen; aber wir sind niemals sicher, wenn wir uns vom Wort Gottes weg entfernen zu irgendeinem anderen Maßstab hin.
Ich trete jetzt nicht für die bloße wörtliche Auslegung der Schrift ein. Ein bestimmter Kurs, den das Wort Gottes seinen Heiligen im Umgang mit einem Übel vorschreibt, ist vielleicht nicht ihre Pflicht in einer anderen Krise. Neue Umstände verändern den Weg, den die Versammlung einschlagen sollte. Würden wir die Anweisungen, die für die Beurteilung von Unmoral gegeben wurden, auf fatale Irrtümer anwenden, die die Person unseres Herrn berühren, hätten wir ein sehr unzureichendes Maß an Gemeindezucht. Falsche Lehren berühren das natürliche Gewissen nicht so sehr wie grobes Verhalten. Nein, man findet nur zu oft einen Gläubigen, der von seinen Zuneigungen dazu verleitet wird, Entschuldigungen für die zu finden, die im Grunde genommen falsche Lehren vertreten. Alle Arten von Schwierigkeiten füllen das Denken, wo das Auge nicht wirklich einfältig ist. So können viele verwickelt werden, die selbst nicht die falsche Lehre vertreten. Wenn ich den Grundsatz vertrete, dass ich mich nur mit dem beschäftige, der nicht die Lehre Christi bringt, so geht das nicht; denn es können andere darin verwickelt sein. Was ist ein Einzelner, was ist die Versammlung überhaupt, im Vergleich zum Heiland, dem Sohn des Vaters? Dementsprechend ist die vom Geist aufgestellte Regel, die Person Christi vor gotteslästerlichen Angreifern oder ihren Parteigängern zu verteidigen, viel strenger als dort, wo es um moralische Verderbnis geht, sei sie auch noch so schlimm.
Wiederum gibt es eine starke Tendenz, unsere eigene frühere Praxis zu verallgemeinern, und wenn ein neues Übel auftritt, auf dem zu beharren, was vorher oder im Allgemeinen getan wurde, ohne Gott erneut zu befragen und sein Wort im Hinblick auf den tatsächlichen Fall vor uns und unsere eigene Verantwortung zu untersuchen. Der Geist der Abhängigkeit ist nötig, um mit Gott in rechter Weise zu wandeln. Es gibt im geschriebenen Wort Gottes das, was jedem Anspruch gerecht wird; aber jeder Fall sollte eine erneute Gelegenheit sein, dieses Wort in der Gegenwart dessen, der es gegeben hat, zu untersuchen. Die Menschen wollen mit sich selbst im Einklang sein und an früheren Meinungen und Praktiken festhalten.