Das Zeitalter ist ein Zeitabschnitt. Manche übersetzen fälschlicherweise „Welt“ (V. 38), doch da geht es um den Bereich, in dem das Evangelium verkündigt wird. In Vers 39 ist es der Zeitabschnitt, in dem das Evangelium entweder verkündigt wird oder durch die Macht des Feindes behindert wird. Die Ernte ist die Vollendung des Zeitalters, das heißt der gegenwärtigen Haushaltung – die Zeit, in der der Herr abwesend ist und das Evangelium auf der Erde verkündigt wird. Die Gnade geht jetzt aktiv voran. Die einzigen Mittel, die Gott einsetzt, um auf die Seelen einzuwirken, sind moralischer oder geistiger Art. Die Engel führen das Gericht der Vorsehung ein, während das Evangelium die armen Sünder erreicht, um sie zu retten. Der Herr deutet hier an, dass die gegenwärtige Verkündigung des Wortes des Reiches zu Ende kommt und ein Tag, an dem die Ergebnisse des Wirkens Satans voll entwickelt sind und gerichtet werden müssen. „Die Schnitter sind die Engel.“ Wir haben mit dem gerichtlichen Teil nichts zu tun, sondern nur mit der Ausbreitung des Guten; die Engel führen das Gericht der Bösen aus.
Wie nun das Unkraut zusammengelesen und im Feuer verbrannt wird, so wird es in der Vollendung des Zeitalters sein (13,40).
Viele Schriftstellen zeigen eine zukünftige Zeit und einen Zustand der Dinge in der Welt, der sich völlig von dem unterscheidet, was das Evangelium beabsichtigt. Ich werde mich auf eine oder zwei Beispiele in den Propheten beziehen. Nehmen wir Jesaja 11, wo zuerst von unserem Herrn unter dem Bild eines Wurzelsprosses Isais die Rede ist (V. 10). Es ist klar, dass sich dies auf Christus bezieht, ob bei seinem ersten oder zweiten Kommen. Er wurde als Israelit und in die Familie Davids geboren. Und was den Heiligen Geist betrifft, der auf Ihm ruhte, so wissen wir, dass dies auch auf Ihn zutraf, als Er hier auf der Erde ein Mensch war: Aber in Vers 4 finden wir noch etwas anderes: „... und er wird die Geringen richten in Gerechtigkeit und den Sanftmütigen des Landes Recht sprechen in Geradheit“. Wer einwendet, dass das jetzt gilt, weil der Herr im Reich der Himmel an den Seelen der Sanftmütigen handelt und so weiter, den bitte ich, noch ein paar Worte zu lesen: „Und er wird die Erde schlagen mit der Rute seines Mundes, und mit dem Hauch seiner Lippen den Gottlosen töten“ (V. 4).
Tut der Herr das jetzt? Offensichtlich nicht. Anstatt die Bösen mit dem Hauch seines Mundes zu töten, bekehrt Er nicht die Bösen durch das Wort seiner Gnade? Das steht in völligem Gegensatz zu dem, was hier beschrieben wird. Der Hauch seines Mundes wird manchmal auf das Evangelium angewendet. Doch lasst uns sehen, wie dies zu Jesaja 30,33 passt: „Denn längst ist eine Gräuelstätte zugerichtet; auch für den König ist sie bereitet. Tief, weit hat er sie gemacht, ihr Holzstoß hat Feuer und Holz in Menge; wie ein Schwefelstrom setzt der Hauch des Herrn ihn in Brand.“ Hier finde ich eine wertvolle Hilfe für das Verständnis von Kapitel 11. Was wird dort gesagt im Blick auf den Hauch seines Mundes? Er schlägt damit den Bösen. „Der Hauch des Herrn“, durch den Heiligen Geist erklärt, zwingt uns zu der Überzeugung, dass es um die Ausführung des Gerichts über den Bösen durch den Herrn geht. Der Herr Jesus kam, um zu erretten, doch die Zeit ist nahe, wenn Er kommt um zu verderben: „Und er wird die Erde schlagen mit der Rute seines Mundes, und mit dem Hauch seiner Lippen den Gottlosen töten“ (Jes 11,4).
In Offenbarung 19 haben wir die gleiche Zeit des Gerichts, wo der Herr mit einem Schwert gesehen wird, das aus seinem Mund hervorgeht. Es stellt ein gerechtes Gericht dar, das durch das bloße Wort des Herrn ausgeführt wird. So wie Er die Welt ins Dasein rief, wird Er die Bösen ins Verderben rufen. Wenn man dies als die unzweifelhafte Bedeutung dessen annimmt, was hier in Jesaja erwähnt wird, was folgt dann? – Ein Zustand, der ganz anders ist als das, was wir jetzt unter dem Evangelium haben: „Und Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden sein, und die Treue der Gurt seiner Hüften. Und der Wolf wird sich beim Lamm aufhalten, und der Leopard beim Böckchen lagern; und das Kalb und der junge Löwe und das Mastvieh werden zusammen sein, und ein kleiner Knabe wird sie treiben. ... Man wird weder Böses tun noch Verderben anrichten auf meinem ganzen heiligen Berg; denn die Erde wird voll Erkenntnis des Herrn sein, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken“ (V. 5–9).
All dies ist nicht das, was wir jetzt haben. Statt dass die Welt durch die Verkündigung des Evangeliums bekehrt wird, erklärt die Schrift mit Nachdruck, dass in den letzten Tagen gefährliche Zeiten sein werden. In den letzten Zeiten wird nicht die Wahrheit Christi, sondern die Lüge des Antichristen herrschen (1Joh 2); nicht der Triumph des Guten, sondern des Bösen, bis der Herr seine eigene Hand ausstreckt; und das ist es, was für sein Erscheinen und sein Reich vorbehalten ist. „Und er wird die Erde schlagen mit der Rute seines Mundes, und mit dem Hauch seiner Lippen den Gottlosen töten.“ Der Herr schlägt die Erde jetzt nicht. Er hat den Himmel geöffnet; aber nach und nach wird Er die Erde einnehmen.
In der Offenbarung haben wir die Vision des mächtigen Engels, der seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde setzt (Off 10). Das ist der Herr, der das ganze Universum unter seine unmittelbare Herrschaft nimmt. Jetzt wird das Geheimnis der Gesetzlosigkeit nicht gerichtet. Dem Bösen wird erlaubt, in der Welt zu wuchern. Aber das wird nicht immer so bleiben. Das Geheimnis Gottes soll vollendet werden. Dann wird diese wunderbare Veränderung beginnen, „die Wiedergeburt“ (Mt 19,28), wie unser Herr es nennt, wenn der Geist Gottes ausgegossen wird und die Erde von der Erkenntnis des Herrn erfüllt sein wird, wie das Wasser das Meer bedeckt. Aber bis diese Zeiten der Erquickung durch die Gegenwart des Herrn kommen, nennt die Schrift den dazwischen liegenden Raum das böse Zeitalter. So ist in Galater 1,4 nicht die materielle Welt gemeint, sondern der moralische Lauf der Dinge, also die „gegenwärtige böse Welt [Zeitalter].“ Das neue Zeitalter hingegen wird herrlich, heilig und gesegnet sein.
Gleich im nächsten Vers von Jesaja 11 wird die Wiederherstellung des alten Volkes Gottes vorausgesagt, die Sammlung von ganz Israel und auch von Juda. Bei der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft war das nicht der Fall. Ein kleiner Teil Judas und Benjamins kam zurück, und nur wenige Einzelne von Israel. Die zehn Stämme werden allgemein als die verlorenen Stämme bezeichnet. „Und es wird geschehen an jenem Tag, da wird der Herr noch ein zweites Mal seine Hand ausstrecken, um den Überrest seines Volkes, der übrig bleiben wird, loszukaufen aus Assyrien und aus Ägypten und aus Pathros und aus Äthiopien und aus Elam und aus Sinear und aus Hamat und von den Inseln des Meeres. Und er wird den Nationen ein Banner erheben und die Vertriebenen Israels zusammenbringen, und die Zerstreuten Judas wird er sammeln von den vier Enden der Erde. Und der Neid Ephraims wird weichen, und die Bedränger Judas werden ausgerottet werden; Ephraim wird Juda nicht beneiden, und Juda wird Ephraim nicht bedrängen. ... Und der Herr wird die Meereszunge Ägyptens zerstören“– etwas, das noch nie geschehen ist, noch etwas Vergleichbares. „und er wird seine Hand über den Stromschwingen mit der Glut seines Hauches und ihn in sieben Bäche zerschlagen und machen, dass man mit Schuhen hindurchgeht. Und so wird eine Straße sein von Assyrien her für den Überrest seines Volkes, der übrig bleiben wird, wie eine Straße für Israel war an dem Tag, als es aus dem Land Ägypten heraufzog“ (V. 11–13.15.16). Sowohl im ägyptischen Meer als auch im Nil wird es dieses große Werk Gottes geben, das das übertrifft, was Er tat, als Er das Volk das erste Mal durch Mose und Aaron herausführte.