Bin ich nun zu kühn, wenn ich denke, dass dies dieselbe Begebenheit war, die wir bei Matthäus aufgezeichnet haben? Es ist unwahrscheinlich, dass unser Herr dieselben Dinge zu verschiedenen Zeiten wiederholen ließ; noch können wir uns vorstellen, dass zwei verschiedene Personen einander so genau kopierten. Aber beachten wir die Bedeutung, wenn dies so ist. Es fand sehr lange danach statt, und doch wird es hier von Matthäus eingefügt. Warum? Weil es veranschaulicht, dass es kein Herz in Israel Ihm gegenüber gab, während der Herr all diese Liebe in seinem Herzen gegenüber Israel ‒ trotz ihres Unglaubens ‒ hatte. Wie war sein Zustand jetzt? Er hatte nicht einmal einen Ort, wo Er sein Haupt hinlegen konnte. Was für eine Sache für den Messias Israels, dass Er sagen musste, als ein Mann sich anbot, Ihm zu folgen:
Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels haben Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege (8,20).
Das ist das erste Mal, dass Er den Ausdruck „Sohn des Menschen“ verwendet. Es ist nicht mehr „Sohn Davids“. „Sohn des Menschen“ ist der Titel des verworfenen oder verherrlichten Christus. Es ist keine Frage, welches von beiden er hier war. Sogar sein eigenes Volk will Ihn nicht haben. Und Er geht weg auf die andere Seite – Er muss sie verlassen. Er hat es bereits getan, wie wir wissen. Aber dieser Mann schlägt vor, Ihm zu folgen. Der Herr wusste alles, was in seinem Herzen war – ein bloßer fleischlicher Jude, der dachte, indem er Jesus nachfolgt, einen guten Platz beim Messias zu bekommen. Der Herr sagt ihm, dass Er ihm keinen Platz zu geben hatte. Es gab nicht einmal ein Nest für den Messias. Was gab es für das Fleisch zu finden, das sich anbot, Christus nachzufolgen? Der Herr entlarvt sein Herz, zeigt seine eigene Täuschung darin, etwas für sich selbst zu suchen, während Er selbst nicht einmal einen Ort hatte, den das gemeinste und boshafteste Geschöpf, das Er gemacht hatte, besitzen konnte. Hatten nicht die Füchse ihre Höhlen und die Vögel des Himmels ihre Nester? Aber der Sohn des Menschen hatte nicht einmal einen Ort, wo er sein Haupt hinlegen konnte. Wie konnte das Fleisch vorgeben, unserem Herrn zu folgen? Zu einem Jünger, der sagte: „Herr, erlaube mir, zuerst hinzugehen und meinen Vater zu begraben“, konnte der Herr nur sagen: „Folge mir nach und lass die Toten ihre Toten begraben“ (V. 21.22).
Beachte den Unterschied. Wo der Ruf Christi ergeht, mag es großen Widerwillen geben, eine empfundene Prüfung und ein Ringen von Seiten der Natur; dennoch lautet das Wort: „Folge mir nach.“ Wenn man einen durch und durch fleischlichen Menschen in die Gegenwart des Evangeliums bringt, gibt es nicht diese Rückständigkeit – keine dieser Prüfungen. Er findet das alles schön, aber es ergreift seine Seele nicht. Und sehr bald treten Umstände ein, die sein Herz zu anderen Dingen hinziehen, und schließlich sinkt der Mann wieder auf sein eigenes Niveau hinab. Aber wo der Herr sagt: „Folge mir nach“, wie oft sagt die Seele vorher oder zu der Zeit: „Herr, erlaube mir, zuvor hinzugehen und meinen Vater zu begraben.“ Die natürliche Beziehung hatte einen sehr ernsten Anspruch. Sein Vater lag tot da: Er muss hingehen und ihn begraben. Man könnte sagen: Ein Mann muss das Begräbnis seines Vaters so dringend machen, dass alles dafür weichen muss. Keineswegs, sagt der Herr, der Anspruch Christi muss noch stärker sein. Wenn der Ruf Christi gehört wird, auch wenn der Vater tot daliegt und auf die Beerdigung wartet, müssen wir sogar darauf verzichten. Die Welt mag sagen: Da ist ein Mann, der von Christus redet und doch seinen Vater nicht liebt. Aber wir müssen darauf vorbereitet sein: Und wenn wir es nicht sind, dann deshalb, weil wir den höchsten Wert unseres Christus noch nicht verstehen. Sie werden feststellen, dass die natürlichen Bindungen und Pflichten in der Welt immer dazu neigen, sich als Hindernis zwischen Christus und die Seele zu stellen. Die Ansprüche der Natur werden einem ständig aufgedrückt. Aber ganz gleich, ob es sich um Vater oder Mutter, Bruder oder Schwester oder Sohn oder Tochter handelt, wo der Ruf Christi klar ist, hüte dich, dass du nicht sagst: Lass mich zuerst dies und jenes tun. Das Wort Jesu ist: „Folge mir nach und lass die Toten ihre Toten begraben.“
Die Überfahrt
Dann geht der Herr. Wir sehen, wie Er in ein Schiff einsteigt und seine Jünger ihm folgen. Und darauf folgt die Geschichte des Sturms und des Wunders, das Jesus vollbrachte, indem Er die Winde und das Meer beruhigte. Wann hat das nun wirklich stattgefunden? Am Abend des Tages, an dem Er die sieben Gleichnisse aus Matthäus 13 sprach, vor der Verklärung, aber lange nach den anderen in diesem Kapitel erwähnten Ereignissen. Markus lässt uns das in dem Kapitel, das die Gleichnisse aufzeichnet (Kap. 4), positiv wissen – dieselben, die uns in Matthäus 13 gegeben werden, mit diesem Zusatz: „Und in vielen solchen Gleichnissen redete er zu ihnen das Wort, wie sie es zu hören vermochten. Ohne Gleichnis aber redete er nicht zu ihnen; seinen eigenen Jüngern aber erklärte er alles besonders. Und an jenem Tag, als es Abend geworden war, spricht er zu ihnen: Lasst uns übersetzen an das jenseitige Ufer“ (Mk 4,33‒35). Als sie allein waren, nachdem sie in das Haus eingetreten waren, wie es uns in Matthäus 13 berichtet, erklärte er seinen Jüngern alles.
Heilung der beiden Besessenen
Dann folgt die gleiche Geschichte, die wir hier in Matthäus 8 haben; und nachdem sie auf die andere Seite gekommen sind, ist da der Mann mit der Legion von Teufeln. Es steht außer Frage, dass es sich hier um dieselbe Szene handelt, die aber in einem ganz anderen Zusammenhang steht und erst einige Zeit nach ihrer Erwähnung hier in Matthäus stattfand.