Behandelter Abschnitt Mt 2,22-23
Es ist schön, dass hier das Land Israelgenannt wird. Es war nicht nur das Land, wie Menschen es kennen, in dem arme Juden mit Erlaubnis ihrer heidnischen Herren lebten. Wie wenige sehen es jetzt als das Land Israel an! Aber Gottes Gedanken gelten seinem Volk in Verbindung mit der Herrlichkeit seines Sohnes. Wenn Jesus dort seine irdische Bindung hatte, wenn Emmanuel nun von der Jungfrau geboren wurde, warum sollte das Land nicht das Land Israel genannt werden? Es war die göttliche Absicht, den Fuß der Heiden, die es nun zertraten, vollständig zu vertreiben. Wenn das Volk sich nur beugen und Ihn aufnehmen würde, um seinen Platz als ihren König einzunehmen, wie würden sie gesegnet werden! Doch würde Israel Jahwe-Jesus aufnehmen, der jetzt aus Ägypten zurückkehrte? Nein, es war noch nicht für Ihn bereit. Der eine Herodes verschied, ein anderer folgte. Als nun das Kind daher in das Land Israel zurückkehrte und Joseph hörte, dass Archelaus über Judäa herrsche anstatt seines Vaters Herodes, fürchtete er sich, dorthin zu gehen; als er aber im Traum eine göttliche Weisung empfangen hatte, zog er hin in das Gebiet von Galiläa und kam und wohnte in einer Stadt, genannt Nazareth, damit erfüllt würde, was durch die Propheten geredet ist: „Er wird Nazaräer genannt werden“ (2,22.23).
Die Methode des Zitierens ist hier beachtenswert. Man beachte, dass es sich nicht um einen bestimmten Propheten handelt, sondern um die Propheten. Und daraus sollen wir schließen, dass nicht ein einziger inspirierter Schreiber diese Worte gesagt hat, sondern dass es der Geist der Propheten ist, die von Ihm sprechen. Wenn wir in einem Propheten lesen: „... mit dem Stab schlagen sie den Richter Israels auf die Wange“ (Mich 4,14) und in einem anderen: „Er war verachtet verlassen von den Menschen; ein Mann der Schmerzen und mit Leid vertraut“ (Jes 53,3), und wiederum, was sie Ihm zu essen und in seinem Durst zu trinkengeben würden, und wie Er bis zum Letzten verspottet werden würde, können wir diese Anwendung der Propheten verstehen.
Es war die wohlverstandene Sprache, die die Verachtung an jenem Tag ausdrückte: Er sollte, mit anderen Worten, ein Nazarener genannt werden. Nazareth war der am meisten verachtete aller Orte. Nicht nur die Menschen in Judäa schauten auf Nazareth herab, sondern auch die Galiläer selbst verachteten es, obwohl es zu ihrem eigenen Bezirk gehörte. Später lesen wir von einem Israeliten, in dem kein Trug war, der, als er hörte, dass Jesus dort war, ausrief: „Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen?“ (Joh 1,46). Wenn also ein Ort in Israel mehr als ein anderer abgelehnt wurde, wie auch Christus abgelehnt wurde, so war es Nazareth.
Kann es ein eindrucksvolles Bild von jemandem geben, der zwar der wahre König war, aber von seinem eigenen Volk abgelehnt wurde? Heiden mögen Ihm Ehre erweisen, doch sein eigenes Volk ist gleichgültig, ja, voll Verachtung. Wie wenig Frucht war da, um dem Ansehen zu entsprechen, das Gott Ihm geschenkt hatte! Aber hier war der, der gepriesen war und der seinen Weg des Gehorsams bis in den Tod ging, der seine Herrlichkeit nicht zeigen wollte, die seine Feinde zu Boden geworfen hätte, indem Er sich selbst schützte.
Sein Volk zog hinab nach Ägypten: Er zog ebenfalls dorthin hinab. Er musste aus Ägypten gerufen werden, um dem König zu entfliehen, der im Land war. Das war sein Teil. Er würde sich nicht von den Mühen seines Volkes zurückziehen. Er würde weiter mehr erdulden als sie alle.
Als Er wiederkommt, ist Israel noch nicht bereit, Ihn aufzunehmen. Seine Eltern kehren nach Nazareth zurück, nachdem Joseph im Traum erneut göttliche Weisung erhalten hatte. Dies ist seine letzte Erwähnung im Matthäusevangelium. Lukas nennt uns spätere Ereignisse; doch Joseph verschwindet gänzlich, bevor unser Herr seinen Dienst beginnt.
Als Er aus Ägypten zurückkommt, kann Er weder nach Jerusalem gehen noch nach Bethlehem. Er sollte verachtet und verworfen werden: Die Propheten hatten das angekündigt. Ihre Worte müssen sich erfüllen. Archelaus regierte in Judäa, ein unrechtmäßiger König war noch da. Joseph wendet sich auf die Warnung Gottes hin nach Nazareth. Dort wohnte Jesus bei ihnen, damit das Wort der Propheten erfüllt würde, indem unser Herr völlig bewies, was es heißt, der am meisten Verachtete aller Menschen zu sein. Er wusste es vor allem am Kreuz, doch es geschah während seines ganzen Lebens.
Dies ist die Art und Weise, wie Gott zu Israel über den Messias spricht. Er macht klar, was ihre Herzenshärte und ihr Unglaube zur Folge haben würden –sogar für den Messias selbst, der kam entsprechend all dem, was Gott angekündigt hatte, sowohl im Blick auf das Land als auch auf das Volk. Was für ein Bild vom Menschen, und besonders von Israel, wenn das sein Teil sein muss, das Teil Christi! Er kommt und ruft, aber Er bekommt keine Antwort (Jes 65,12). Der Unglaube des Menschen verhindert den Segen Gottes. Es war die Sünde Israels, die die frühe Geschichte des Königs so schwierig machte. Doch künftige Kapitel zeigen, dass Gott gerade den Unglauben Israels in ein Mittel des Segens für die verachteten Heiden verwandeln würde, und das, als die Juden den Ratschluss Gottes zu ihrem eigenen Verderben verwarfen, so dass die Heiden hören und höhere Segnungen in dem empfangen, der gepriesen ist.
So finden wir vom Anfang dieses wunderbaren Buches an die Keime all dessen, was das Ende entfalten wird. Wir finden Ihn, der wirklich der Messias ist, bereit, die Verheißungen zu erfüllen und den Thron zu besteigen, aber das Volk war in keiner Weise bereit, Ihn aufzunehmen. Israel war durchdrungen von Sünde; sie hatten kein Herz für Ihn, und kein Erstaunen. Sie waren voll von ihrem König, einem Edomiter. Sie waren voll von ihren eigenen Zeremonien und ihrem eigenen Licht, das Finsternis war. Alles war auf ihre Selbsterhöhung ausgerichtet. Deshalb wird Jesus von Anfang an abgelehnt. Dies ist die Geschichte des Menschen. Die folgenden Kapitel werden uns die herrlichen Folgen zeigen, die Gott in seiner Gnade sogar aus der Verwerfung seines eigenen Sohnes hervorkommen lässt. Bei diesem glücklicheren Thema werden wir bei späteren Gelegenheiten verweilen.