Sie leugneten dies ganz und gar; sie sagten, der Herr würde weder Gutes noch Böses tun: Er sei ein Gott, der es sich bequem mache, wie sie es taten.
Ein Tag des Grimmes ist dieser Tag, ein Tag der Drangsal und der Bedrängnis, ein Tag des Verwüstens und der Verwüstung, ein Tag der Finsternis und der Dunkelheit, ein Tag des Gewölks und des Wolkendunkels (1,15).
Es ist von großer Bedeutung, dass wir „diesen Tag“ festhalten und bezeugen – nicht nur das Kommen des Herrn, sondern auch seinen Tag. Obwohl er zweifellos viel mehr den Zustand des Kommens des Herrn beschreibt, das uns als unsere himmlische Hoffnung lieb ist, kann es dennoch eine Abneigung geben, der ernsten Wahrheit des Tages des Herrn ins Auge zu sehen. Wo es hohe Wahrheit und niedrige Praxis gibt, kann der Tag des Herrn niemals ehrlich bezeugt werden. Er bekommt dann nicht den Platz in unserem praktischen Dienst, den er im Wort Gottes hat. Es wird das Herz nicht befriedigen, unsere eigentliche Hoffnung durch die zu ersetzen, die sich auf die Welt in der gerichtlichen Auslöschung des Bösen hier unten bezieht. Es wird niemals genügen, in der Welt oder von ihr zu leben, weil es nicht die geeignete Nahrung für den inneren Menschen ist. Dennoch ist es eine ernste und notwendige Wahrheit, die wir vor unseren eigenen Augen und denen aller anderen hochhalten müssen. Gäbe es Wahrhaftigkeit mit einem gnädig geübten Herzen, so gäbe es nicht nur ein freies und freudiges Warten auf Christus, sondern man könnte nichts zulassen, was wissentlich mit seinem Sinn unvereinbar wäre, um sein Gericht herbeizurufen. Zum Beispiel finden wir immer wieder diese Art von Selbstbetrug, wenn ein Christ in der Weltlichkeit lebt, was ihn dazu bringt, zu sagen, dass sein Herz auf jeden Fall nicht damit verbunden ist.
Nun ist es durchaus möglich, dass es Fälle gibt, in denen man durchaus verstehen kann, dass sanftmütiges Vertrauen das echte Empfinden ist, wie zum Beispiel, wenn man eine Frau oder ein Kind zum Gehorsam verpflichtet. Nehmen wir also solch ein Beispiel in der weltlichen Villa eines weltlichen Christen von Rang: Es steht einem Untergebenen natürlich nicht frei, einen Kreuzzug gegen die Pracht der Möbel, der Ausstattung oder des allgemeinen Lebensstils, der zu einem großen Haus gehört, zu führen. Nichtsdestoweniger sollte das christliche Kind, während es persönlich ein Nasiräer ist, zweifellos versuchen, sich von anstößigen Demonstrationen gegenüber seinen Eltern zu enthalten. Das würde es nicht daran hindern, entschieden an dem teilzunehmen, was verachtet und abgelehnt wurde, wann immer sich eine Gelegenheit bot. Der Glaube teilt heute wie eh und je die Nöte des Volkes Gottes und macht sich besonders mit dem eins, was durch die Absonderung von der Welt verachtet und gehasst wird. Aber am glücklichsten ist es, wenn man neben der Treue zum Herrn ein sanftmütiges und bescheidenes Gemüt sieht, das Vater und Mutter offensichtlich ehrt, wovon ich nicht zu sagen brauche, dass Christus in keiner Weise freispricht. Gleichzeitig sollte es die ständige Darstellung geben, dass das Herz bei dem ist, der der Schatz in den Himmeln ist. Wenn der Besitz kommt, wird ein solcher Mensch alles zu einem Zeugnis zu machen wissen, nicht von geheiligter Weltlichkeit, als ob das sein könnte, sondern von dem, der am Kreuz gelitten hat, wodurch Er der Welt gekreuzigt ist und die Welt ihm (Gal 6,14). Die Liebe zur Erscheinung Christi4 stärkt den Fremden auf seinem Weg, obwohl nur die Liebe zu Christus jemanden zu einem Fremden macht. Aber es ist böse, wenn man in dem verharrt, was den Herrn betrübt, unter dem Vorwand, dass Er an seinem Tag alles in Ordnung bringen wird.
Es ist auch nicht zu bezweifeln, dass es am Tag des Herrn so etwas wie ein Spiegelbild dessen geben wird, was der Weg hier war, Verlust bei Untreue und Lohn für den Dienst für seinen Namen. Aus dem Neuen Testament geht allerdings hervor, denke ich, dass dies für uns eher der Tag Christi ist, womit man Ihn vom Tag des Herrn unterscheidet. Sicherlich ist Christus der Herr, aber dennoch ist es ein ganz anderer Gedanke, wenn Er so bezeichnet wird, wie im Buch der Offenbarung. Und es ist bemerkenswert, dass wir Ihn in Zephanja – so äußerlich ist sein Gebrauch im Vergleich – überhaupt nicht als Christus erwähnt finden. Wir finden hier einfach den Herrn. Es geht hier also eher um Gericht. Wenn der Tag Christi auch als gerichtlicher Begriff aufgefasst werden kann, so bezieht er sich doch mehr auf das, was auf Christus beruhte und aus Ihm hervorging. Der Tag Christi ist der Aspekt des Tages des Herrn, an dem die, die in der Gnade gelebt, gewandelt und gelitten haben, ihren Anteil vom Meister zugewiesen bekommen werden. Deshalb sagt der Apostel Paulus im Brief an die Philipper viel über den Tag Christi. Dort haben wir die Ergebnisse des Dienstes und des Leidens, des gründlichen Einswerdens mit Christus in dieser Zeit.
In der gebräuchlichen Fassung des zweiten Briefes an die Thessalonicher (Kap. 2,2) ist es ein zweifacher Fehler, den Irrtum, der damals unter den Heiligen am Werk war, als „der Tag Christi ist nahe“ darzustellen.5 Hätten die Irrlehrer dies gesagt, wären sie nicht weit in die Irre gegangen. Aber sie beriefen sich auf die Autorität des Apostels und des Geistes für die Behauptung, dass der Tag des Herrn tatsächlich da wäre – nicht „nahe wäre“. So hören wir ähnlich in einem anderen Brief von solchen, dass sie behaupteten, die Auferstehung habe bereits stattgefunden. Also war „gegenwärtig“ das, was sie meinten. Sie hatten zweifellos eine Vorstellung von einem symbolischen Tag des Herrn, ganz ähnlich wie es heute in der Christenheit im Allgemeinen der Fall ist. Denn seltsamerweise vertreten nicht wenige Theologen die Ansicht, dass die Getauften an der ersten Auferstehung teilhaben und dass wir alle während der gesamten christlichen Zeit mit Christus regieren! So werden die tausend Jahre natürlich als ein unbestimmter Zeitraum in einem ähnlich vagen Sinn verstanden. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die Gläubigen in Thessalonich ein besseres Wissen hatten als die, die sich jetzt solchen Gedanken hingeben. Sie sahen, dass der Tag des Herrn ein Tag der Finsternis und der Trübsal war; und in der Gefahr, die Drangsal, die damals über sie hereinbrach, zu sehr zu spüren (vgl. 1Thes 3,3‒5), glaubten sie allzu bereitwillig, dass sie auf jeden Fall der Anfang dieses Tages sei. Angesichts der Verfolgung dachten sie, dass der Tag des Herrn zumindest gekommen sei. Aber gerade der Irrtum zeigt, dass sie so sehr von der Ankunft des Herrn erfüllt waren, dass sie aus Mangel an Einsicht für eine Täuschung von dieser Seite offen waren. Man beachte nur, dass es nicht durch aufgeregte Hoffnung, sondern durch Schrecken geschah. Als nämlich ihre Schwierigkeiten kamen, dachten sie, dass der Tag des Herrn tatsächlich über sie gekommen sei. Sie mussten an ihre Hoffnung und das Versammeltwerden der Heiligen zum Herrn erinnert werden, um mit Ihm an jenem Tag herabzukommen. Das ist die Korrektur des Apostels: nicht die Hoffnung aufgeben (wie es die meisten jetzt tun), sondern sie von dem Tag des Herrn unterscheiden, was nur wenige zu sehen scheinen. Denn dieser Tag kann nicht kommen, solange das Böse nicht reif ist, das dann erst niedergeschlagen werden muss.
4 „... fortan liegt mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, die der Herr, der gerechte Richter, mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tag; nicht allein aber mir, sondern auch allen, die seine Erscheinung liebe“ (Zufügung WM).↩︎
5 Die richtige Lesart ist „der Tag des Herrn“, nicht „des Christus“, und die richtige Wiedergabe ist „da wäre“, nicht „nahe wäre“.↩︎