Behandelter Abschnitt Nah 1,3-5
Auch hier scheint es bemerkenswert zu sein, dass der Prophet, selbst wenn er das nahende Gericht Gottes verkündet, sich so sehr bemüht, nicht nur die Gewissheit seiner Rache an seinen Widersachern zu betonen, sondern auch sein Zögern zum Zorn. „Der Herr ist langsam zum Zorn und groß an Kraft, und er hält keineswegs für schuldlos den Schuldigen. Der Herr – im Sturmwind und im Gewitter ist sein Weg, und Gewölk ist der Staub seiner Füße“ (V. 3). Es ist klar, dass der Ausdruck „hält keineswegs für schuldlos“ nicht im Widerspruch dazu steht, dass Er den Gläubigen in Jesus bis zu diesem Zeitpunkt ohne Gott und gottlos rechtfertigte. Es war noch nicht die passende und bestimmte Gelegenheit, um die Gnade Gottes in der Rechtfertigung zu offenbaren; aber auch so gibt es keinen Freispruch für einen Gottlosen. Und es ist wichtig, dies deutlich festzustellen. Dass Er die Schuld nicht zurechnet, ist etwas ganz anderes als freisprechen. Er spricht niemals die Bösen als solche frei. Es gibt keine stärkere Verurteilung des Bösen, als wenn Er die Schuld nicht zurechnet, denn der Grund dafür, dass Er dem Gläubigen die Schuld nicht zurechnet, ist, dass Er sie nicht nur zurechnet, sondern dass Er sie entsprechend seinem eigenen Abscheu vor dem Bösen und seinem gerechten Urteil über alle im Kreuz Christi gebüßt hat. Das ist noch offensichtlicher, wenn es, wie hier, nicht um seine Gnade, sondern um seine gerechte Regierung auf der Erde geht. Es bleibt immer wahr, dass Gott die Bösen nicht als Unschuldige behandelt.
Nun soll der Gläubige den Charakter Gottes nachahmen; denn wir müssen uns daran erinnern, dass dies für uns als Christen wichtig ist. Alles andere führt zu Selbstgerechtigkeit. Aber es gibt nichts Wichtigeres, als dem Charakter Gottes treu zu sein, der unser Vater ist, dessen Natur wir jetzt haben, der sich in Christus vollkommen offenbart hat. Und das finden wir am schönsten bei seinem Diener Paulus, der die Geduld über alle anderen Zeichen eines Apostels stellt. Sie ist derart Christus ähnlich wie jede andere Eigenschaft des Menschen. Es gibt nichts, was gründlicher die Überlegenheit gegenüber allem zeigt, was Satan tun kann. Sie hatte natürlich auch einen anstrengenderen Charakter inmitten derer, die es besser hätten wissen müssen, wie zum Beispiel bei den Korinthern. Denn es waren Gläubige, die den Platz des Dienstes für den Herrn einnahmen und seinen Namen trugen; aber gerade zu ihnen sagt er, dass Er wahrhaftig die Zeichen eines Apostels in aller Geduld oder allem Ausharren zeigte. Anschließend schreibt er von „Zeichen und Wundern und mächtigen Taten“ (2Kor 12,12). Doch die Geduld hat den Vorrang, und zwar zurecht, weil sie das Böse und dieses in der Ausübung von Macht vermutet und sich dennoch als überlegen erweist. Wie kann man mit einem Menschen umgehen, den nichts umwerfen kann, und der, was man auch tun oder erleiden mag, nicht aus der Nachfolge Christi vertrieben werden kann?
Nun, ich denke, das ist genau das, was in Paulus so auffällig hervortrat. Zweifellos gab es durch das Wirken des Geistes höchst gesegnete und erfrischende Eigenschaften bei Petrus, Johannes, Barnabas und anderen, ob Apostel oder nicht. Ich glaube jedoch nicht, dass irgendjemand an Paulus heranreichte, was die Beanspruchung seiner Geduld unter Umständen betraf, die so beschaffen waren, dass sie ihn bis aufs Äußerste prüften und bis zum Äußersten reizten. Obwohl Paulus die gleichen Gemütsbewegungen wie die anderen hatte, gab es doch ein solches Streben für Christus, das ihn praktisch zu mehr als einem Überwinder machte.
Hier wird also der Herr in Bezug auf seine Regierung über den Menschen auf der Erde in bestimmten Eigenschaften offenbart; und das ist zu beachten, denn der Herr ist jene besondere Offenbarung Gottes, die für sein Volk als jemand, der es regiert, bestimmt war. Von Ihm lesen wir: „Der Herr ist langsam zum Zorn und groß an Kraft, und er hält keineswegs für schuldlos den schuldigen. Der Herr – im Sturmwind und im Gewitter ist sein Weg, und Gewölk ist der Staub seiner Füße. Er schilt das Meer und legt es trocken, und alle Flüsse lässt er versiegen; Basan und Karmel verwelken, und es verwelkt die Blüte des Libanon. Vor ihm erbeben die Berge und zerfließen die Hügel, und vor seinem Angesicht erhebt sich die Erde und der Erdkreis und alle, die darauf wohnen“ (V. 3‒5). Das Wort Berge ist hier natürlich ein Symbol für die großen Sitze der Macht auf der Erde. Aber das ist noch nicht alles: