Die Stelle spricht von der Strafe des Herrn als einem zu ertragenden Unglück, und so ist es auch, eine furchtbare Geißel, die über eine Stadt hereinbricht. Es ist also der Herr, der das tut. Andere mögen auf die sekundären Werkzeuge schauen; aber ohne Ihn geschieht nichts. Nach der höchsten Autorität, dem Herrn Jesus selbst, fällt kein Sperling zur Erde ohne unseren Vater (Mt 10,29); wie viel weniger kann ein Gericht, das eine Stadt trifft, ohne Ihn stattfinden? Gewiss, da Er alles tut, weiß Er auch alles; und da Er es weiß, teilt Er denen, die seinen Mund hören, seine Gedanken mit, was Er bei jedem Gericht für richtig hält. „Denn der Herr, Herr, tut nichts, es sei denn, dass er sein Geheimnis seinen Knechten, den Propheten, offenbart habe“ (V. 7).
Auf dieser wunderbaren Grundlage steht nun der Christ, insofern er nicht nur eine priesterliche, sondern auch eine prophetische Stellung hat. Mit Letzterem meine ich nicht die Macht, Vorhersagen zu machen, sondern dass er gnädig in das Geheimnis dessen eingeweiht wird, was Gott zu tun gedenkt. Das ist das erklärte Vorrecht des Jüngers (Joh 15,15), und die Apostel beziehen es auf die Christen im Allgemeinen (1Kor 2,10.16; 2Pet 3,17). Sollten wir also Zweifel und Unsicherheit haben? Ich will damit nicht sagen, dass wir nicht in den Einzelheiten des Alltags oder in den Anforderungen der Pflicht und besonders im Dienst des Herrn geübt werden sollten. Aber die Prüfung des Glaubens ist eine Sache; das unsichere Abdriften des Unglaubens eine andere. Der Christ sollte zuallererst ein gesundes Urteil über sich selbst haben – ein gründliches Urteil über sich selbst in der Vergangenheit wie in der Gegenwart, ohne eine Wolke im Blick auf die Zukunft; eine klare und einfache Einsicht sowohl über die Kinder Gottes mit ihren Hoffnungen als auch über den Lauf der Dinge in der Welt.
Einige mögen zweifellos von oben befähigt werden, in dieser Hinsicht kraftvoller zu handeln; aber es ist das Vorrecht des Christen, mit einem bescheidenen, aber sicheren Vertrauen auf Gott für sich selbst im Voraus zu wissen, was geschieht. Das ist es, was ich mit dem Besitz einer prophetischen Stellung meine. Es ist etwas anderes als eine Anmaßung neuer Offenbarungen; es ist wirklich der Ort eines Menschen, der an Gottes Offenbarung glaubt, der sein geschriebenes Wort als das empfängt, an das er sich halten muss, und der es gern als die einzige Quelle der göttlichen Wahrheit und den einzigen Maßstab dafür bekennt. Sicherlich ist das sehr wichtig, denn in unserer priesterlichen Stellung nahen wir Gott, und in unserer prophetischen Stellung sind wir dazu bestimmt, Zeugen der Wahrheit zu sein, bevor die Zeit kommt, in der auch die Welt sie erkennen muss.
Die Welt wird in Kürze gezwungen sein, in bitterem Leid zu lernen, wie wahr das Wort Gottes ist, das sie verachtet hat; sie wird seine Kraft spüren durch das Gericht, das Er vollstrecken wird, durch das Unglück, das Er dann nicht nur in einer Stadt, sondern in der ganzen Welt in verschiedenen, aber gerechten Maßnahmen ausübt. Der Christ sollte mit alledem vorher vertraut sein. „Da nun dies alles aufgelöst wird“, sagt der Apostel, „welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit!“ (2Pet 3,11). Es ist eine völlig falsche Lebensregel, dass der Christ warten muss, bis die vorhergesagten Dinge eingetreten sind, bevor er sie glaubt.
Das eigentliche Wesen seines Glaubens, was dies betrifft, ist, sie vorher zu glauben. Wenn die Welt selbst nicht anders kann, als sich vor ihrer Wahrheit zu beugen, wenn es nicht mehr darum geht, dass die Menschen sie glauben, sondern dass sie für ihren früheren Unglauben zerbrochen und bestraft werden, wenn die Gerichte Gottes auf der Erde sind und die Bewohner der Welt Gerechtigkeit lernen, dann wird es zu spät sein für die, die mit dem Namen Christi und den Vorrechten der Christenheit gespielt haben. Es wird zu spät sein, wenn das lange aufgeschobene Urteil über die Schuldigen fällt. Die Kraft, der Friede, der Trost liegt darin, die Wahrheit zu empfangen, bevor die Dinge dem Menschen erscheinen; es liegt ein großer Segen für den Gläubigen darin, als Ehre, die Gott dadurch gebracht wird.