Behandelter Abschnitt Dan 4,16-18
Er mag in heidnischem Stil zu ihm sprechen; die Weisheit des höchsten Gottes in ihm mag er seinen eigenen Göttern zuschreiben; aber dennoch erkennt er an, dass es etwas Besonderes und Eigenartiges in Daniel gibt. In demselben Stil spielt er auch auf die Vision an. Als Daniel den Traum hörte und seine Bedeutung erkannte, war er eine Zeit lang beunruhigt und erstaunt. Wir müssen dies auch nicht auf die Geschichte von Nebukadnezar beschränken. So wie wir in Kapitel 2 gesehen haben, dass vom König gesagt wurde, er sei das Haupt aus Gold, so ist er in diesem Kapitel der Baum. Aber in Kapitel 2 war es nicht der König persönlich, sondern seine Dynastie, die durch das Haupt aus Gold repräsentiert wurde. In gewissem Sinn würde das, was auf Nebukadnezar zutraf, das heidnische Reich bis zum Ende charakterisieren. So auch in dieser gegenwärtigen Szene. Daniel hatte den Schmerz und das Entsetzen zu sehen, was Nebukadnezar erwartete. Und dadurch wurde leider nur zu deutlich der Ausgang dieses neuen Systems vorausgeahnt, das der Gott des Himmels errichtet hatte.
Aber wenn wir einfach dem Kapitel folgen, haben wir Daniel vor uns, der die Vision erklärt.
Mein Herr, der Traum gelte deinen Hassern und seine Deutung deinen Feinden! Der Baum, den du gesehen hast, der groß und stark wurde und dessen Höhe an den Himmel reichte und der über die ganze Erde hin gesehen wurde ... Das bist du, o König, der du groß und stark geworden bist“ (4,16–18).
Jeder muss mit der Art und Weise vertraut sein, in der sowohl die Psalmen als auch die Propheten das Bild des Baumes verwenden, um die Stellung zu beschreiben, die Gott Israel und anderen Menschen zugewiesen hat. So ist der Weinstock in Psalm 80 eindeutig das, was Israel nach Plan Gottes sein sollte. Aber es gab ein totales Versagen. Und so sehen wir in Jeremia 2, Hesekiel 15 und so weiter, dass Gottes Absicht zerbrochen zu sein schien. Aber Er gibt sie nie auf. Er mag die Schöpfung bereuen. Aber wo das ist, was nicht bloß das Werk seiner Hand ist, sondern die Frucht des Wirkens seines Herzens, – und das ist sein Vorsatz, – da gibt Gott nie auf. Wo Er nur das ins Leben ruft, was vorher nicht da war, mag eine Veränderung eintreten. Aber es gibt keine Veränderung, wo Gott seine Liebe auf einen Menschen richtet und bestimmte geeignete Gaben gibt. „Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar“ (Röm 11,29). Das ist eine sehr wichtige Sache, die mit individuellen Menschen verbunden ist. Wenn wir in irgendeiner Hinsicht an der Treue Gottes zweifeln, schwächen wir sie in Bezug auf alles andere. Wenn Gott sein Volk Israel berufen und es danach völlig aufgeben würde, wie könnte ich dann sicher sein, dass Gott mich immer als sein Kind behalten würde? Denn wenn jemals ein Volk schwer geprüft wurde, dann war es Israel. Wenn ich an die Treue Gottes mir selbst gegenüber glaube, warum sollte ich dann an der Treue gegenüber Israel zweifeln? Die Frage ist immer: Ist Gott treu? Ist Er von seinem Vorhaben abgewichen oder hat Er seine Gaben zurückgezogen? Wenn nicht, wird Gott, was auch immer der Schein für eine Zeit sagen mag, am Ende seine Wahrheit und Barmherzigkeit rechtfertigen.
Aber um zurückzukehren: Das Bild des Zedernbaums in Hesekiel 31,3 kann noch mehr helfen, das zu illustrieren, was wir in Daniel haben. „Siehe, Assur war eine Zeder auf dem Libanon, mit schönen Zweigen, ein Schatten spendender Wald und von hohem Wuchs; und sein Wipfel war zwischen den Wolken.“ Später heißt es dann: „Die Zedern im Garten Gottes verdunkelten ihn nicht, Zypressen kamen seinen Zweigen nicht gleich, und Platanen waren nicht wie seine Äste; kein Baum im Garten Gottes kam ihm an Schönheit gleich“ (Hes 31,8). Das waren die anderen Mächte in der Welt. „Die Zypressen kamen seinen Zweigen nicht gleich“, und so weiter. Und weiter finden wir, dass es eine Anspielung auf Pharao, den König von Ägypten, ist (V. 18) Aber ich will mich nicht weiter damit aufhalten. Mein Bestreben ist es, anhand dieser verschiedenen Stellen zu beweisen, dass es in der Schrift üblich ist, den Baum entweder als Symbol für das Tragen von Früchten oder für einen Ort hoher Würde und Bedeutung zu verwenden. Im Neuen Testament wird das Bild auf das ausgedehnt, was eine Zeit lang an die Stelle von Israel tritt. Matthäus 13 zeigt uns, dass die Haushaltung des Reiches der Himmel in einer ihrer Phasen mit einem Baum verglichen wird, der aus kleinen Anfängen emporsprosst. Der Herr entfaltet die Geschichte der bekennenden Christenheit. In Matthäus 12 hatte Er sein Urteil über Israel gesprochen. Der letzte Zustand sollte schlimmer sein als der erste. So wird der Zustand des bösen Geschlechts Israels sein, das den Herrn Jesus getötet hat, bevor Gott es richtet. Dann wendet sich der Herr der Christenheit zu und zeigt zunächst sein eigenes Werk auf der Erde. Er sät die Saat aus. Im nächsten Gleichnis erscheint ein Feind auf der Bildfläche, dringt in das Feld ein und streu schlechte Saat aus. Es ist das Eindringen des Bösen in das Feld des christlichen Bekenntnisses. Das folgende Gleichnis offenbart, dass das, was am Anfang klein war, zu einem riesigen Baum auf der Erde heranwächst. Das kleine Senfkorn wird zu einem großen Baum.