Behandelter Abschnitt Dan 2,14-16
Nun, Daniel verstand dies. Obwohl er vergleichsweise jung war, war er mit den Gedanken Gottes gut vertraut. Und hier haben wir diese schöne Eigenschaft. Er bringt in seinem Ausbruch des Lobes die Gedanken Gottes zum Ausdruck; und das nicht so sehr in Verbindung mit seiner Macht – obwohl es wahr ist, dass „er die Zeiten und Zeitpunkte“ ändert; er „setzt Könige ab und setzt Könige ein“ und so weiter –, sondern worauf sein Herz besonders gerichtet ist, ist dies: „er gibt den Weisen Weisheit, und Verstand den Verständigen“ (V 21). Ich lenke die Aufmerksamkeit auf diese Worte. Es ist ganz richtig, dass der Herr mit Mitleid auf die Unwissenden schaut und seine Güte denen zeigt, die kein Verständnis haben. Aber Daniel spricht von seinen Wegen mit denen, deren Herzen Ihm zugewandt sind; und in ihrem Fall gilt der Grundsatz des Herrn: „denn jedem, der hat, wird gegeben werden, ... von dem aber, der nicht hat, von dem wird selbst das, was er hat, weggenommen werden“ (Mt 25,29). Nichts ist in den Dingen Gottes gefährlicher, als auf dem Weg, seine Wege zu lernen, stehen zu bleiben. Was die Menschen festhält, ist das Bewusstsein, dass die Wahrheit zu praktisch ist; und sie fürchten die Konsequenzen: Denn die Wahrheit Gottes ist nicht nur eine Sache, die man wissen, sondern auch leben muss; und die Seele schreckt instinktiv zurück wegen der ernsten gegenwärtigen Folgen, die sie mit sich bringt. In Daniels Fall war das Auge einfältig, und daher war der ganze Leib Licht (Mt 6,22). Dies ist das wahre Geheimnis des Vorwärtskommens. Lass das Verlangen nur auf Gott gerichtet sein, und das Vorwärtskommen ist sicher und beständig.
Dann geht Daniel zu Arioch und sagt:
Da erwiderte Daniel mit Verstand und Einsicht dem Arioch, dem Obersten der Leibwache des Königs, der ausgezogen war, um die Weisen von Babel zu töten; er antwortete und sprach zu Arioch, dem Oberbeamten des Königs: Warum der strenge Befehl vom König? Da teilte Arioch Daniel die Sache mit. Und Daniel ging hinein und erbat sich vom König, dass er ihm eine Frist gewähre, um dem König die Deutung anzuzeigen (2,14–16).
Arioch bringt ihn eilends vor den König. Der König fragt ihn, ob es wahr sei, dass er den Traum und die Deutung kundtun könne. Daniels Antwort ist wunderschön. Echtes, tiefes Erkennen der Wege Gottes ist immer von Demut begleitet. Es gibt keinen größeren Irrtum, auch keinen unbegründeten, als die Annahme, dass geistliche Erkenntnis aufbläht; Erkenntnis kann das – bloße Erkenntnis. Ich spreche aber von jenem geistlichen Verständnis im Wort, das aus dem Sinn der Liebe Gottes fließt und sich auszubreiten sucht, wenn ich so sagen darf, gerade weil Er göttliche Liebe ist. Daniel deutet an, wie unmöglich es für die Weisen, Beschwörer, Wahrsagepriester Sterndeuter und Magier war, dem König den Traum zu zeigen.