Behandelter Abschnitt Hes 36,6-15
Denn es wäre eine traurige und unwürdige Vorstellung von jenem Tag, wenn er nur als göttlicher Zorn angesehen würde, der seine Todesstöße auf die Bösen austeilt. Die Prophezeiung zeigt auch nicht eine solche eintönige Finsternis, sondern im Gegenteil die dunklen Wege der Ungerechtigkeit der Menschen, denen das Gericht des Herrn folgt und den Tag einläutet.
Darum weissage vom Land Israel und sprich zu den Bergen und zu den Hügeln, zu den Talgründen und zu den Tälern: So spricht der Herr, HERR: Siehe, in meinem Eifer und in meinem Grimm habe ich geredet, weil ihr die Schmach der Nationen getragen habt. Darum, so spricht der Herr, HERR: Ich habe meine Hand erhoben: Wenn nicht die Nationen, die rings um euch her sind, ihre eigene Schmach tragen sollen! Ihr aber, Berge Israels, ihr sollt meinem Volk Israel eure Zweige treiben und eure Frucht tragen, denn sie sind nahe daran zu kommen. Denn siehe, ich will zu euch kommen, und ich will mich zu euch wenden, und ihr sollt bebaut und besät werden. Und ich werde die Menschen auf euch vermehren, das ganze Haus Israel insgesamt; und die Städte sollen bewohnt und die Trümmer aufgebaut werden. Und ich werde Menschen und Vieh auf euch vermehren, und sie werden sich mehren und fruchtbar sein; und ich werde euch bewohnt machen, wie in euren Vorzeiten, und werde euch Gutes tun, mehr als in euren Anfängen. Und ihr werdet wissen, dass ich der HERR bin. Und ich werde Menschen, mein Volk Israel, auf euch wandeln lassen, und sie werden dich besitzen, und du wirst ihnen zum Erbteil sein; und du wirst sie fortan nicht mehr der Kinder berauben.
So spricht der Herr, HERR: Weil sie zu euch sprechen: Du verzehrst Menschen und hast deine Nation der Kinder beraubt, darum wirst du nicht mehr Menschen verzehren und wirst deine Nation nicht mehr straucheln machen, spricht der Herr, HERR. Und ich will dich nicht mehr die Schmähung der Nationen hören lassen, und den Hohn der Völker sollst du nicht mehr tragen; und du sollst deine Nation nicht mehr straucheln machen, spricht der Herr, HERR (36,6–15).
So schwört der Herr seinen Eid, eifersüchtig auf den Segen Israels bedacht und über die Schmach entrüstet, die noch nicht gekommen ist, die noch von den Nationen ausgeht. Vergeblich wenden die Menschen solche glühenden Worte auf die Rückkehr aus Babylon an, die nur ein Vorgeschmack auf das war, was für das ganze Volk kommen wird. Kann jemand, der die Schrift wertschätzt und die Tatsachen kennt, behaupten, der Herr habe die Menschen auf den Bergen Israels vermehrt, „das ganze Haus Israel insgesamt“ (V. 10)? Solche Worte scheinen ausdrücklich geschrieben zu sein, um die Menschen vor solchen dürftigen und irreführenden Ansichten zu bewahren. Hat der Herr den zurückgekehrten Überrest nach ihrem alten Stand angesiedelt und mehr Gutes getan als am Anfang (V. 11)? Ist das Land, sind die Berge Israels Erbteil geworden und werden sie nicht mehr beraubt (V. 12)? Wissen wir nicht, dass unter dem vierten Reich eine noch schlimmere Zerstörung kam und eine längere Zerstreuung, statt dass das Land nicht mehr verzehrt wurde, weder seine eigenen Völker noch die Beleidigung der Nationen mehr ertrug (V. 15)?
Nein! die Erfüllung der Weissagung steht noch aus, aber sie wird kommen, so gewiss, wie der Herr lebt und so durch seinen Propheten über das Land Israel geschworen hat. Anzunehmen, dass mit dieser Sprache das Evangelium oder die Versammlung gemeint sei, ist sehr weit entfernt von Einfalt oder Einsicht.