Behandelter Abschnitt Hes 4,4-8
Ein noch bemerkenswerterer Befehl wird als nächstes gegeben.
Und du, lege dich auf deine linke Seite und lege darauf die Ungerechtigkeit des Hauses Israel: Nach der Zahl der Tage, die du darauf liegst, sollst du ihre Ungerechtigkeit tragen. Denn ich habe dir die Jahre ihrer Ungerechtigkeit zu einer Anzahl Tage gemacht: 390 Tage. Und du sollst die Ungerechtigkeit des Hauses Israel tragen. Und hast du diese erfüllt, so lege dich zum zweiten Mal auf deine rechte Seite und trage die Ungerechtigkeit des Hauses Juda 40 Tage; je einen Tag für ein Jahr habe ich dir auferlegt. – Und du sollst dein Angesicht und deinen entblößten Arm gegen die Belagerung Jerusalems hin richten, und du sollst gegen sie weissagen. Und siehe, ich lege dir Stricke an, dass du dich nicht von einer Seite auf die andere umdrehen kannst, bis du die Tage deiner Belagerung erfüllt hast (4,4–8).
Es ist bekannt, dass dies Anlass zu vielen Debatten und Meinungsverschiedenheiten gegeben hat. Erstens führte die Lesart der meisten Handschriften der Septuaginta die frühen Väter in die Irre, die die geläufigere griechische Version lasen, wie wir zum Beispiel bei Theodoret sehen; und derselbe Fehler erscheint in der Vulgata, obwohl Hieronymus sehr wohl wusste, dass es keinen Zweifel an der hebräischen Version gibt, gefolgt von Aquila, Symmachus und Theodotion. Als nächstes rechnet sogar Hieronymus vom Untergang des aufständischen Hauses Israel in der Regierungszeit Pekachs, als der König von Assyrien die zehn Stämme nach Osten verschleppte. Ich zweifle nicht daran, dass die Ansicht derer gesünder ist, die die 390 Jahre Israels von Jerobeam an zählen, den Ahija im Auftrag des Herrn aufforderte, sich zehn Stämme zu nehmen, die aus der Hand Salomos gerissen worden waren, und dass die vierzig Jahre Judas auf die Regierungszeit Salomos selbst hinweisen, die wirklich den Ruin sogar dieses begünstigten Teils des Volkes bestimmte, so wenig man unter dem Reichtum und der Weisheit des Königs die Ergebnisse des damals praktizierten Götzendienstes sehen konnte. „... weil sie mich verlassen“, lautete damals die Botschaft des Propheten, „und sich niedergebeugt haben vor Astoret, der Gottheit der Sidonier, vor Kamos, dem Gott der Moabiter, und vor Milkom, dem Gott der Kinder Ammon, und nicht auf meinen Wegen gewandelt sind, zu tun, was recht ist in meinen Augen, und meine Satzungen und meine Rechte zu halten, wie sein Vater David“ (1Kön 11,33). So sollten die Nachkommen Davids dafür heimgesucht werden, wie es auch geschehen ist, aber nicht für immer. Wenn aber ein hellerer Tag auf sie wartet, so ist vorher eine lange Nacht der Finsternis und die kälteste Stunde vor der Morgenröte; denn sie haben zu ihrem Götzendienst die noch schwerere Bosheit hinzugefügt, dass sie ihren Messias verworfen und sich dem Evangelium widersetzt haben, das zu den Nationen hinausgeht, so dass der Zorn bis zum Äußersten über sie gekommen ist. Es scheint kein wirkliches Hindernis zu sein, dass das Haus Israel als Unterscheidungsbezeichnung der zehn Stämme lange vor dem Ende der Zeitspanne abgetan wurde; denn es ist nach der gewohnten Weise Hesekiels, wie er auch hier wie anderswo unterscheiden mag, die ganze Nation unter diesem Namen zu umfassen. Juda nutzte die lange und friedliche und blühende Herrschaft dessen, der inmitten beispielloser Wohltaten sein Herz nach anderen Göttern abwandte, nicht zur Ehre Gottes; und das Urteil Lo-Ammis wurde erst vollstreckt, als jener Teil der auserwählten Nation, der dem Haus Davids anhing, und sogar der letzte König, der aus diesem Haus regierte, durch ihren Verrat am Herrn die rückfälligen Stämme rechtfertigte, die schon lange vorher aus dem Land weggefegt worden waren.