Behandelter Abschnitt Jes 66,15-21
Es wird der Tag des Herrn sein, an dem sich die traurige Geschichte der Menschen und Israels umkehren wird; und die, die Jerusalem liebten und um es trauerten, werden sich für es freuen und an den reichen Ergebnissen seiner Glückseligkeit teilhaben. Dennoch ist es in keiner Weise der Charakter der Freude des Evangeliums, der den inneren Trost durch die Kraft des Geistes mit der Schande und der Not und der Verwerfung in der Welt vermischt. Hier im Gegenteil: „Und ihr werdet es sehen, und euer Herz wird sich freuen; und eure Gebeine werden sprossen wie das junge Gras. Und die Hand des Herrn wird sich kundgeben an seinen Knechten, und gegen seine Feinde wird er ergrimmen“ (V. 14). Es ist der zukünftige Tag, nicht nur der Gnade und des Heils, wie es heute der Fall ist, sondern auch der Rache, wenn der Herr nicht abbrechen wird, wie Er es einst auf der Erde tat (Lk 4,20). Damals verkündete Er das Jahr der Gnade des Herrn, und nur dieses. Nach und nach wird Er sowohl dieses Jahr als auch den Tag der Rache verkünden und vollenden. Denn dies ist in seinem Herzen, und das Jahr seiner Erlösten ist gekommen. Beides wird sich dann ohne Aufschub oder Verzögerung erfüllen. Es wird die Einleitung seines Tages und der tausendjährigen Herrschaft sein.
Denn siehe, der Herr wird kommen im Feuer, und seine Wagen sind wie der Sturmwind, um seinen Zorn zu vergelten in Glut und sein Schelten in Feuerflammen. Denn durch Feuer und durch sein Schwert wird der Herr Gericht üben an allem Fleisch, und die Erschlagenen des Herrn werden zahlreich sein. Die sich weihen und sich reinigen für die Gärten, hinter einem her in der Mitte; die Schweinefleisch essen und Gräuel und Mäuse: allesamt werden sie ein Ende nehmen, spricht der Herr.
Und ich – ihre Werke und ihre Gedanken sind vor mir. Es kommt die Zeit alle Nationen und Sprachen zu versammeln; und sie werden kommen und meine Herrlichkeit sehen. Und ich werde ein Wunderzeichen an ihnen tun und von ihnen Entronnene zu den Nationen senden, nach Tarsis, Pul und Lud, die den Bogen spannen, nach Tubal und Jawan, zu den fernen Inseln, die von mir nicht gehört und meine Herrlichkeit gesehen haben; und sie werden meine Herrlichkeit unter den Nationen verkündigen. Und sie werden alle eure Brüder aus allen Nationen dem Herrn als Opfergabe bringen, auf Pferden und auf Wagen und auf Sänften und auf Maultieren und auf Dromedaren, zu meinem heiligen Berg, nach Jerusalem, spricht der Herr, so wie die Kinder Israel das Speisopfer in einem reinen Gefäß zum Haus des Herrn bringen. Und auch aus ihnen werde ich zu Priestern und zu Leviten nehmen, spricht der Herr (66,15–21).
Die Bemühungen alter und moderner Ausleger, diese Stelle wie die übrigen Stellen auf die Zeit des Evangeliums zu deuten, sind verzweifelt, aber vergeblich. Wie eindeutig handelt es sich um einen Tag des Gerichts, nicht um die frohe Botschaft der Errettung durch seine Gnade, sondern um seine Offenbarung vom Himmel in flammendem Feuer, die sich an denen rächt, die Gott nicht kennen, und an denen, die dem Evangelium nicht gehorchen! Offensichtlich werden die Juden an jenem Tag nicht nur ihr Ritual wieder aufstellen, sondern heidnischen Gräueln verfallen. Der Tag der göttlichen Vergeltung wird stattfinden, wenn alte Übel wieder aufleben und sich mit neuen Ungerechtigkeiten vermischen, so dass alle vor dem Herrn im Gericht erscheinen und ein neues Zeitalter sowohl für Juden als auch für Heiden über der nun gereinigten Erde anbricht. Es wird dann nicht darauf ankommen, an die Gnade Gottes zu glauben, sondern die Herrlichkeit des Herrn zu sehen, die offenbart werden soll. Die jüdische Anbetung mit ihren Priestern und Leviten wird an jenem Tag wiederhergestellt.
Vitringas Argument zu Vers 19, dass hier keine zukünftige Berufung von Nationen gemeint sein kann, weil die Genannten den Gott Israels schon längst kennen, scheint nicht wirklich stichhaltig zu sein. Denn auch die Christenheit wird dann im Zustand des Abfalls sein (2Thes 2); und außerdem bezieht sich das Hören des Ruhmes des Herrn und das Sehen seiner Herrlichkeit auf die Offenbarung seiner selbst, die dann hier auf der Erde stattfinden wird. Wie wenig wird die Zukunft nach dem Wort Gottes erwartet!
So wird ein schonungsloses Gericht Gottes an allen versammelten Nationen vollzogen werden, wenn die Juden wegen ihrer Verunreinigungen gerichtet werden; und die, die „aus ihnen entkommen“, werden von Gott zu den fernen Nationen gesandt werden, die nicht wissen, was Er getan hat, und die Nationen werden alle Juden zurückbringen, die außerhalb des Heiligen Landes geblieben sind. Es scheint die Ausführlichkeit der Vorhersage in Kapitel 18,7 zu sein. Aus allen Völkern wird diese Opfergabe für den Herrn gebracht werden, und zwar mit allen Transportmitteln. Vorher werden es nur die Juden und nicht ganz Israel gewesen sein.
All dies ist offensichtlich nicht dasselbe wie das Evangelium oder seine Wirkungen, sondern steht im sichersten und deutlichsten Gegensatz dazu. Die Opfergabe ist nun bezeichnenderweise von den Nationen, wie wir in Römer 15,16 sehen und wie die Erfahrung uns zeigt. Juden bekehren sich zweifellos nach wie vor, aber sie sind vergleichsweise selten. Der Prophet denkt an den Tag, an dem „ganz Israel errettet werden wird“, nachdem die Abtrünnigen vom göttlichen Gericht überrascht worden sind.
Und jede vermeintliche Schwierigkeit, Jerusalem, das zum Zentrum für alle Nationen wird, mit Johannes 4,21 in Einklang zu bringen, ist eingebildet oder entsteht vielmehr aus der Verwechslung von der Stunde, die jetzt ist, mit dem Tag, der sein wird. Unser Herr dachte an die Zeit seiner Verwerfung und seiner bevorstehenden Abwesenheit im Himmel; der Prophet hatte den Tag seiner Herrlichkeit für die Erde im Blick, der noch bevorsteht. Unterscheide die Zeiten, und der Einwand verschwindet. Jerusalem hat keinen Platz im christlichen System; am kommenden Tag des Herrn wird es einen größeren und heiligeren Platz einnehmen, als es jemals in der Vergangenheit hatte; und kein Wunder bei dem Namen Jahwe-Schamma!