Behandelter Abschnitt Jes 30,12-14
Was wir dann zu suchen haben, ist, zu Gott aufzuschauen; und genau deshalb steht hier das erste Wort: „Umkehr und Ruhe“ (V. 15). Aber da war noch mehr. Im vorigen Kapitel ging es um das Wort Gottes, das das Fleisch wie ein versiegeltes Buch behandelte; aber auf Gott muss man ebenso warten wie auf sein Wort. Er hat nie beabsichtigt, die Schrift getrennt von sich selbst zu gebrauchen; über der Bibel steht Gott selbst. Nicht, dass Gott jemals gegen sein Wort sein kann, aber Er ist die einzige Kraft, die dasselbe anwenden kann. Die Bibel ist nicht nur dazu da, dass ich in sie hineinschaue: Ich muss zu Gott aufschauen. Ich soll sie nicht nur als ein Buch wahrer Geschichten oder guter Predigten lesen, noch weniger als ein Buch von Rätseln, die durch Scharfsinn oder Gelehrsamkeit zu lösen sind, sondern sie ist die Stimme des lebendigen Gottes an mich. Wenn man es in wahrer Unterwerfung unter Ihn liest, wird die Beziehung und die Haltung eines Menschen völlig verändert; man wird von der Gefahr befreit, das Wort Gottes dem eigenen Verstand und Willen zu beugen. Wenn dagegen das Wort dich im Gebet zu Gott führt, dann ist es weder das Wort ohne Gebet, noch das Gebet ohne das Wort; beide Gewohnheiten sind äußerst gefährlich, die eine führt zum Rationalismus, die andere zum Fanatismus. Daher sagt der Apostel: „Nun befehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade an“ (Apg 20,32). Wir müssen auf Gott warten, damit wir aus seinem Wort Gewinn ziehen, und uns immer auf seine Gnade stützen, damit wir sie mit Einfalt und Treue im Geist ausführen.
Hier hatte Israel versagt, wie wir in Kapitel 29 gesehen haben. Deshalb fliehen sie nun in Kapitel 30 zum nächsten Nachbarn, der durch menschliche Klugheit helfen sollte und vernachlässigen dabei Gottes Weisheit und die Gnade, die sie berechtigte, sich dafür an Ihn zu wenden. Waren sie nicht ein Volk, das in der Fremde wohnen und nicht zu den Völkern gerechnet werden sollte?
Darum, so spricht der Heilige Israels: Weil ihr dieses Wort verwerft und auf Bedrückung und Verdrehung vertraut und euch darauf stützt, darum wird euch diese Ungerechtigkeit wie ein sturzdrohender Riss sein, wie eine Ausbauchung an einer hochragenden Mauer, deren Einsturz in einem Augenblick, plötzlich, kommt. Und er wird sie zerbrechen, wie man einen Töpferkrug zerbricht, der ohne Schonung zertrümmert wird, und von dem, wenn er zertrümmert ist, nicht eine Tonscherbe gefunden wird, um damit Feuer vom Herd zu holen oder Wasser aus einer Zisterne zu schöpfen (30,12–14).