Behandelter Abschnitt Ps 41
Auch dies ist „Dem Vorsänger. Ein Psalm von David“ (V. 1). So zeigt er uns auch einen Einzelnen, ja einen Überrest, der „arm und elend“ ist in seinem Maß, und „Glückselig ist, wer Acht hat auf den Armen!“ (V. 2). Der Herr wird ihn erlösen, bewahren, stärken und ihm gnädig sein, was auch immer die boshaften Feinde sagen mögen. Und das Ende wird zeigen, dass der Herr, der Gott Israels, gepriesen ist von Ewigkeit bis in Ewigkeit.
Dass dieser Psalm von Christus als von Judas verraten handelt, ist unbestritten. Er war in der Tat derjenige, der reich war und selbst arm wurde für die Seinen. Aber wenn Vers 10 auch zurecht auf Ihn angewandt wird, so zeigt Vers 5 jedoch, dass dort tatsächlich der gottesfürchtige Jude im Blick ist, und nicht der Herr überall. Die Sünde wird gebeichtet, aber das Herz öffnet sich vollständig dem Herrn. So werden die Gerechten bei der Vollendung des Zeitalters sein.
Das zweite Buch
Die zweite Sammlung der Psalmen beginnt hier und schließt mit Psalm 72. Sie zeichnet sich durch den häufigen Gebrauch von Elohim aus, wie die erste durch die des Herrn: natürlich nicht, dass Herr im zweiten Buch oder Elohim im ersten Buch fehle, denn beide kommen vor, wo sie in diesen Büchern gebraucht werden; aber die Überzahl jedes göttlichen Namens ist eine Tatsache. Ein Vergleich von Psalm 14 mit Psalm 53 veranschaulicht dies dem nüchternen Betrachter eindrucksvoll. Doch in Psalm 14 wird Gott dreimal an der erforderlichen Stelle verwendet; in Psalm 53 ist es einheitlich und nicht weniger zutreffend Gott und in keinem Fall der Herr.
Der Grund für diesen Unterschied liegt nicht in der oberflächlichen Annahme, es seien zwei unterschiedliche Autoren, was Psalm 14 als windiges Gerede entkräftet, sondern darin, dass das zweite Psalmbuch die Juden als aus Jerusalem vertrieben betrachtet, und das Haus Gottes dann im Besitz seiner Feinde ist, sowohl der heidnischen als auch der jüdischen. Diejenigen, deren Schrei zu Ihm in diesen Psalmen des zweiten Buches wiedergegeben wird, sind durch den Abfall der jüdischen wie durch die Unterdrückung der heidnischen Feinde nicht mehr im Genuss der gewöhnlichen Vorrechte des Bundes. Daher sind sie auf die unerschütterliche Treue, Barmherzigkeit und Güte Gottes angewiesen. Dadurch geht ein vertiefendes Werk in ihnen vor sich, indem sie mehr von dem lernen, was Gott im Innersten ist, wenn seine äußeren Segnungen abgeschnitten sind und das schlimmste Böse zu gedeihen scheint; und dies wird am schmerzlichsten für die unter den in Jerusalem befindlichen Beschnittenen sein, wenn unter dem Menschen der Sünde, der sich als Gott in den Tempel Gottes setzen wird, alles dort trotzige Gesetzlosigkeit ist.
Daher können wir feststellen, dass die Söhne Korahs zuerst in den Überschriften erscheinen, obwohl es viele von David gibt, dem fruchtbarsten der Sänger und mit der vielfältigsten Erfahrung, die in seinen Liedern zum Ausdruck kommt. Dennoch fehlt Asaph nicht, obwohl er im dritten Buch reichlich vorkommt, wo ein paar Psalmen der Söhne Korahs vor dem Ende auftauchen. Es genügt hier, an die schreckliche Krise in der Geschichte Israels zu erinnern, als die Söhne Korahs wie durch Feuer gerettet wurden (vgl. 4Mo 16 mit 4Mo 26,11). Die Barmherzigkeit rühmte sich an jenem Tag gegen das Gericht, so wie sie es auch in Zukunft tun wird, wenn die Macht des Bösen so überwältigend erscheint, dass das Gericht als einzig möglicher Ausweg erscheinen könnte. Wenn das Zeugnis für den Herrn für die Gegenwart versagt, kann Gott doch nicht aufhören, Gott und unendlich gut zu sein; und wer wäre besser geeignet zu singen als die geretteten Söhne des rebellischen Leviten? So war es in gewissem Maß zu Davids Zeiten, als es am trübsten war; und so wird es in zukünftigen Tagen sein, wenn alle Dinge sich endgültig und verhängnisvoll für die Menschen auf der Erde erfüllen, und für die jüdischen Abtrünnigen im Besonderen, bevor dann der Mann des Friedens über alle öffentlich in Macht regiert.
In Übereinstimmung mit dieser Besonderheit wird sogar der Messias in diesem Buch als Gott anerkannt und sein Thron als immer und ewig (Ps 45,7); dennoch zeigt derselbe Psalm sowohl vorher als auch nachher vollständig sein Menschsein und folglich sowohl Segen als auch Salbung durch Gott. Das mag für einen Ungläubigen eine Schwierigkeit sein; für das Herz jedes Christen ist es die wesentliche Wahrheit seiner Person. Aber insgesamt ist es eine klare Vorwegnahme seiner messianischen Siege und Herrschaft, dennoch passend zu dem Buch, von dem es einen Teil bildet. So kommt der Höchste in Psalm 46,5 vor; denn seine Vormachtstellung ist vor dem Herzen in jener furchterregenden Zeit, in der Gott die einzige Zuflucht ist, ganz gleich, wie die Verwüstungen sind, ganz gleich, wie die Völker wüten. Im folgenden Psalm wird Höchster nicht mit El, sondern mit Herr verbunden, und dies ist ein Aufruf an alle Völker, obwohl Gott immer noch der vorherrschende Begriff ist.
So ist es auch in dem ergreifenden Psalm über die Leiden des Messias (Ps 69): Er beginnt mit Gott und endet mit Gott, obwohl Herr wie üblich an den passenden Stellen vorkommt. Es ist sogar so im abschließenden Psalm „für Salomo“, der schönen Melodie für den Beginn des tausendjährigen Reiches, wenn die „Gebete Davids, des Sohnes Isais, zu Ende sind“ (V. 20). Die Schmerzen Christi sind in Psalm 69 beschrieben, nicht weniger als in Psalm 22, der der charakteristische Psalm seiner Leiden ist und zum ersten Psalmbuch passt. Als Christen haben wir das Recht, uns in beiden in seine Belehrungen hineinzuversetzen; aber es sollte keiner Begründung bedürfen, um zu beweisen, dass der letztere eine unmittelbarere Anwendung auf uns hat (besonders in den Versen 23–25); wohingegen Psalm 69 unseren gegenwärtigen Segen übergeht und das Gericht über seine Feinde vorwegnimmt, sowie Gottes Ausspruch über Zion und das Bauen der Städte Judas, wenn Himmel und Erde sowie die Meere und alles, was sich darin bewegt, den Herrn preisen. Der Tod und die Auferstehung Christi kommen in diesem Buch nicht vor; aber in Psalm 68 ist seine Erhöhung in die Höhe, damit Er selbst unter den „Widerspenstigen“ wohne: welche Gnade ihnen gegenüber, welche Herrlichkeit ist Ihm!