Behandelter Abschnitt Est 3,1-6
Nachdem die Vorsehung Gottes auf so bemerkenswerte Weise gewirkt hatte, dass sie eine aus dem auserwählten Volk zur königlichen Gemahlin erhob und eine andere dazu benutzte, eine tödliche Verschwörung gegen den Monarchen aufzudecken und zu vereiteln, hören wir vom plötzlichen Aufstieg einer neuen Persönlichkeit, des Feindes der Juden. Das war keine zufällige Tatsache; es war ein Zug in dem großen Konflikt, der sich in dieser gefallenen Welt immer wieder abspielt.
So war es auch in Ägypten, als der Pharao sich erhob, um Gottes wachsendes Volk zu unterdrücken und zu vernichten. So sehen wir es am Anfang der Wüstenwanderung, als Amalek erschien, um sich Israel zu widersetzen; wie an ihrem Ende Balak und Bileam den Fluch für sie und ihren Ruin auf jede Weise suchten. So rebellierten auch Absalom und Adonija von innen heraus schamlos gegen den Plan des Herrn, als das Königreich aufgerichtet wurde. Und hier, in den Tagen der Gefangenschaft und der Zerstreuung, tauchen dieselben Züge wieder auf; der Erhebung des Juden in irgendeinem Maße während der Verfinsterung des Volkes begegnet das Gegenstück der alten und tödlichen Feindschaft auf ebenso unerwartete Weise.
Nach diesen Begebenheiten machte der König Ahasveros Haman, den Sohn Hammedatas, den Agagiter, groß, und er erhob ihn und setzte seinen Stuhl über alle Fürsten, die bei ihm waren. Und alle Knechte des Königs, die im Tor des Königs waren, beugten sich und warfen sich nieder vor Haman; denn so hatte der König seinetwegen geboten. Aber Mordokai beugte sich nicht und warf sich nicht nieder. Da sprachen die Knechte des Königs, die im Tor des Königs waren, zu Mordokai: Warum übertrittst du das Gebot des Königs? Und es geschah, als sie es Tag für Tag zu ihm sagten und er nicht auf sie hörte, berichteten sie es Haman, um zu sehen, ob die Worte Mordokais bestehen würden; denn er hatte ihnen kundgetan, dass er ein Jude wäre. Und als Haman sah, dass Mordokai sich nicht vor ihm beugte und niederwarf, da wurde Haman von Grimm erfüllt. Aber es war in seinen Augen verächtlich, die Hand an Mordokai allein zu legen; denn man hatte ihm das Volk Mordokais kundgetan. Und Haman suchte alle Juden, die im ganzen Königreich des Ahasveros waren, das Volk Mordokais, zu vertilgen (V. 1–6).
Was den Aufstieg Hamans in die höchste Stellung neben dem Thron so überraschend macht, ist die Tatsache, dass wir vorher nicht die geringste Spur von ihm kennenlernen. Geheime Räte und Kämmerer – viele wurden persönlich genannt. Aber nun tritt an dieser Stelle kein Meder oder Perser hervor, sondern ein Fremder aus den herrschenden Völkern, der einen Sitz über allen Fürsten einnimmt, die den Monarchen umgaben. Er wird, wie sein Vater, als der Agagiter bezeichnet, was anscheinend der königliche Nachkomme unter den Amalekitern war. Zweifellos hatte Saul sie vernichtet, und David in noch größerem Maß. Aber hier in der höchsten und einflussreichsten Stellung ist nicht nur ein Amalekiter, sondern der Agagiter, dem Mordokai die Ehrerbietung verweigerte. Der König hatte es in seinem Namen befohlen; doch Mordokai verneigte sich nicht. Hatte der Herr nicht aufschreiben lassen, dass er das Andenken Amaleks unter dem Himmel auslöschen würde (2Mo 17,14-16)? Er bleibt hartnäckig und zieht die Konsequenz, ungeachtet des Zorns Hamans und seines Vorsatzes, alle Juden im ganzen Reich zu vernichten.
Behandelter Abschnitt Est 3
In diesem Kapitel haben wir eine ganz andere Begebenheit: „Nach diesen Begebenheiten machte der König Ahasveros Haman, den Sohn Hammedatas, den Agagiter, groß, und er erhob ihn und setzte seinen Stuhl über alle Fürsten, die bei ihm waren“ (V. 1).
Es ist nur ein Vorbild, ein Schatten, und nicht das eigentliche Bild. Im Friedensreich wird es keinen Haman mehr geben. Bis dieser Tag kommt, mag das Bild des kommenden Segens noch so lebendig sein, es bleibt immer ein dunkler Schatten. Es gibt einen Feind; es gibt jemanden, der versucht, alle Pläne Gottes zu durchkreuzen: Und von allen Völkern der Erde gab es eins, das dem Volk Gottes in alter Zeit besonders feindlich gesinnt war ‒ die Amalekiter ‒, und zwar so sehr, dass der Herr seinem Volk schwor und es aufforderte, einen immerwährenden Krieg gegen dieses Volk zu führen (2Mo 17). Er würde sie unter dem Himmel ausrotten.
Die Amalekiter waren wegen ihres Hasses gegen sein Volk das besondere Ziel des gerechten Gerichts Gottes. Dieser Haman gehörte nicht nur zu Amalek, sondern sogar zur königlichen Familie Amaleks. Er war ein Nachkomme Hammedatas, des Agagiters, wie es heißt, und Ahasverus beförderte diesen Adligen in den höchsten Stand. Aber inmitten all seiner großen Ehrungen gab es einen Stachel! Mordokai verbeugte sich nicht vor ihm. Die Folge war, dass Mordokai mit Vorwürfen überhäuft wurde. Die Diener des Königs fragten ihn: „Warum übertrittst du das Gebot des Königs?“ (V. 3). Und nachdem dies eine Zeit lang so gegangen war, erfuhr Haman davon. „Denn er hatte ihnen kundgetan, dass er ein Jude wäre“ (V. 4).
Das war das Geheimnis. Gott erscheint nicht. Es gibt keine Andeutung in der Geschichte, dass Gott über Haman gesprochen hätte! Doch hier war der geheime Grund. Der einzige öffentliche Grund scheint der zu sein, dass Mordokai ein Jude war. „Und als Haman sah, dass Mordokai sich nicht vor ihm beugte und niederwarf, da wurde Haman von Grimm erfüllt. Aber es war in seinen Augen verächtlich, die Hand an Mordokai allein zu legen; denn man hatte ihm das Volk Mordokais kundgetan. Und Haman suchte alle Juden, die im ganzen Königreich des Ahasveros waren, das Volk Mordokais, zu vertilgen“ (V. 5.6); und Haman vollbringt es auf diese Weise.
Er, der der wichtigste Adlige in der Gunst ist berichtet dem König ist: „Da ist ein Volk, zerstreut und abgesondert unter den Völkern in allen Landschaften deines Königreichs; und ihre Gesetze sind von denen jedes anderen Volkes verschieden, und die Anordnungen des Königs tun sie nicht; und es ist für den König nicht geziemend, sie gewähren zu lassen. Wenn es der König für gut hält, so werde geschrieben, dass man sie umbringe; und ich will 10 000 Talente Silber in die Hände derer abwiegen, die die Geschäfte besorgen, damit sie es in die Schatzkammern des Königs bringen“ (V. 8.9).
Der König, so wie ich ihn bereits beschrieben habe, machte aus dieser ungeheuren Forderung Hamans nur eine kleine Schwierigkeit. Er zog seinen Siegelring von seiner Hand, gab ihn Haman und sagte ihm, er solle sein Silber behalten. Er schickte die Schreiber aus, um diese Bitte zu erfüllen, so dass die Veröffentlichungen in allen Provinzen des Königs bekannt wurden. Die Perser waren dafür bekannt, dass sie die ersten Begründer des Postwesens waren, das wir bis heute beibehalten haben. „Und die Briefe wurden durch die Eilboten in alle Landschaften des Königs gesandt, um alle Juden zu vertilgen, zu ermorden und umzubringen, vom Knaben bis zum Greis, kleine Kinder und Frauen, an einem Tag, am dreizehnten des zwölften Monats, das ist der Monat Adar, und um ihre Habe zu plündern“ (V. 13). Der König und sein Minister setzten sich hin, um zu trinken, aber die Stadt Susan war in Bestürzung.